Direkt am Zürcher Limmatufer bezog Google 2004 den ersten Entwicklungsstandort in Europa. Das Wort «googeln» fand in diesem Jahr Eintrag in den Duden. Google Maps oder YouTube existierten noch nicht und Smartphones oder Cloud Computing waren den Menschen weitgehend unbekannt.
Ein paar Dutzend, vielleicht ein paar Hundert Mitarbeiter könnten es werden, glaubten die ersten Googler in Zürich. Doch Google wuchs explosionsartig und heute zählt die Schweizer Niederlassung knapp 5000 Mitarbeitende aus 85 Nationen. Von Google Maps bis YouTube und von der Suchmaschine bis zum neuen KI-Chatbot Gemini werden hier zentrale Produkte mitentwickelt.
Auf eine Zahl ist man bei Google Schweiz besonders stolz: 115 Unternehmen seien in den letzten 20 Jahren von ehemaligen Google-Schweiz-Mitarbeitenden gegründet worden, und diese hätten über 1700 Arbeitsplätze geschaffen. Allerdings bekam die Erfolgsstory zuletzt Risse: 12'000 Jobs hat Google letztes Jahr weltweit gestrichen, davon rund 500 in Zürich. Plötzlich standen Google-Gebäude leer. «Ausgerechnet zum 20-Jahre-Jubiläum der Zürcher Dépendance machen die Amerikaner Schlagzeilen mit ihren Geisterbüros», schrieb die NZZ im März.
Am Medienevent am Montag war dies freilich kein Thema. Wenn es nach Google geht, legt das Tech-Wunder nur eine kurze Pause ein. Das nächste grosse Ding sei KI – und dabei soll der Schweizer Standort wieder eine führende Rolle einnehmen, sprich weiter wachsen.
Die Tür zum Serverraum mussten die ersten Zoogler, wie sich die Zürcher Google-Angestellten selbst nennen, offen lassen, damit die Server nicht überhitzten; entsprechend laut war es im Büro, erinnert sich das Schweizer Google-Urgestein Urs Hölzle. Der Liestaler kam 1999 als erster Vice President of Engineering zu Google und leitete bis 2023 die Teams, welche die Infrastruktur für die Google-Dienste und Google Cloud aufbauen und betreiben. Der Informatik-Professor stiess als achter Mitarbeiter zu Google und überzeugte den damaligen Google-Chef Eric Schmidt, in Zürich das europäische Entwicklungszentrum zu eröffnen.
In der ersten Woche sei man bereits auf die ETH-Jobmesse gegangen, um Talente anzuheuern, erinnert sich Hölzle. Ein Jahr später waren es bereits 70 Angestellte.
2006: Google übernimmt das Luzerner Geodaten-Unternehmen Endoxon. Die Übernahme ist die Grundlage für zahlreiche Innovationen bei Google Maps.
Anfang 2007 hatte Google Schweiz rund 100 Angestellte, Ende 2007 waren es über 300. Pro Woche nahmen durchschnittlich fünf neue Mitarbeitende in Zürich ihre Arbeit auf. Google fand alsbald einen neuen Hauptsitz im geräumigen Hürlimann Areal.
2016: Das erste KI-Forschungsteam von Google in Europa startet in Zürich. Die Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung «Google Research Europe» mit Fokus auf maschinellem Lernen nimmt ihre Arbeit auf dem Hürlimann Areal auf. Die erarbeiteten Grundlagen fliessen in Dienste wie Google Assistant bzw. Googles KI Gemini, Google Photos oder Google Translate ein. Mit maschinellem Lernen können Algorithmen etwa Sprachen in Echtzeit übersetzen oder erkennen, was sich auf Fotos befindet.
Mehrere Gebäude an der Europaallee werden von Google bezogen und somit zum neuen Google-Campus direkt beim Hauptbahnhof. Der frühere Standort beim Hürlimann Areal bleibt erhalten und die Amerikaner planen eine weitere Expansion am General-Guisan-Quai und an der Bärengasse. Insgesamt wären dies sechs Standorte über Zürich verteilt.
Google in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte, auch dank der Zusammenarbeit mit der ETH, wie beide Seiten betonen. Ganz ungetrübt ist die Beziehung zwischen dem Tech-Riesen und der Zwingli-Stadt aber nicht: «Google wirbt die besten Schweizer Fachkräfte ab», sagte SP-Nationalrätin und IT-Unternehmerin Jacqueline Badran im Interview mit der «NZZ am Sonntag». «So verhindert die Firma, dass unsere guten Leute eigene Ideen entwickeln und zur Marktreife bringen. Google schadet also der Innovationskraft.»
Nebst Google unterhalten auch Apple, Microsoft, Nvidia und weitere US-Tech-Grössen Büros in Zürich. Mit ihrer Strahlkraft (und entsprechenden Löhnen) saugen sie Talente ab. Badran kritisiert zudem, dass die Ansiedlung solcher Firmen zu einer erhöhten Nachfrage nach Wohnraum führe, was die Mietpreise in die Höhe treibe und zur Gentrifizierung beitrage.
Anders sieht dies der erste Schweizer Zoogler Tom Hanan: Google sei «das beste Aushängeschild für den Standort. Dass ein Unternehmen wie Google sich hier niedergelassen hat, macht die Stadt attraktiv. Würde man solche Firmen vergraulen, wäre das sehr schade für Zürich und die Schweiz», sagte er Blick.ch. Es läge vielmehr an der Politik, Rahmenbedingungen für genügend Wohnraum zu schaffen.
Vielleicht nicht gerade eine Shisha-Bar, aber eigenes Fitness und gutes kostenloses Kantineessen wären schön wünschenswerte Goodies von AGs für welche ich auch bereit wäre, etwas mehr als 8.4 Stunden am Tag zu arbeiten.
Leider ist nichts wirklich davon eingetroffen. Fachkräftemangel hier und da, aber ausser vielleicht einmal "Ihr könnt bei uns eine 5 Ferienwoche KAUFEN" (!), sehe ich seitens Arbeitgeber kein wirkliches Umdenken.
Da spricht wohl eher die IT-Unternehmerin als die SP-Politikerin oder Nationalrätin.
Zudem, letztes Jahr gab es doch auch bei Google in Zürich zahlreiche Entlassungen - wie viele der freigesetzten Arbeitnehmer arbeiten denn nun bei Frau Badran? Das hätte doch die Gelegenheit sein müssen, auf die ihre Branche gewartet hat?