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Der Kanton Genf zieht seiner E-Voting-Plattform den Stecker

Du materiel de vote electronique et les bulletins pour l'election au Conseil national et au Conseil des Etats du canton de Geneve, photographie avant les elections federales 2015 ce vendredi 9 oc ...
Vor knapp einem Monat wurde das Genfer E-Voting-System von einem Schweizer Hacker überlistet.Bild: KEYSTONE

Paukenschlag beim E-Voting: Genf zieht seiner Online-Wahlplattform den Stecker, aber ...

Der Kanton Genf betreibt seit Jahren eine eigene elektronische Abstimmungsplattform. Diese soll ab Ende Februar 2020 nicht mehr genutzt werden. Auf E-Voting verzichten wollen die Genfer aber nicht.
28.11.2018, 10:4528.11.2018, 15:11
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Der Kanton Genf verzichtet künftig auf seine elektronische Abstimmungsplattform, berichtet RTS. Der Stadtkanton wolle nicht mehr weiter in das System investieren, das in Genf seit Jahren für das Abstimmen übers Internet genutzt wird. Die Entscheidung, der E-Voting-Plattform den Stecker zu ziehen, sei aus finanziellen Gründen getroffen worden und nicht wegen eines Sicherheitsproblems, das Schweizer Hacker Anfang November publik gemacht hatten.

Der Kanton Aargau, der wie andere Kantone das Genfer System mitbenutzt, sei vom Genfer Staatsrat von der Einstellung des Systems informiert worden, teilte der Aargauer Regierungsrat am Mittwoch mit.

Hacker finden Schwachstelle im E-Voting-System

Das SRF berichtete vor knapp einem Monat, dass es einem Hacker des Chaos Computer Club gelungen ist, die Genfer Wahlplattform indirekt zu manipulieren. Der Hacker zeigte, dass es beim E-Voting möglich war, Wähler auf eine gefälschte Website umzuleiten. Diese Sicherheitslücke hätte inzwischen behoben werden können, schreibt RTS. Um das elektronische Wahlsystem zu erneuern und sicherer zu machen, wären aber Investitionen von über zwei Millionen Franken nötig gewesen.

Hacker finden Schwachstelle im E-Voting-System

Video: srf

Die Genfer E-Voting-Plattform werde 2019 noch weiter genutzt, insbesondere für die Eidgenössischen Wahlen. Künftig soll aber ein anderes E-Voting-System zum Zug kommen, um etwa Auslandschweizern und Menschen, die beispielsweise wegen einer Behinderung wenig mobil sind, das Abstimmen zu erleichtern. E-Voting ist bei Auslandschweizern beliebt, in der Schweiz hat die elektronische Stimmabgabe die Wahlbeteiligung indes nicht signifikant erhöht.

Wird die Post zum E-Voting-Monopolisten?

Die Alternative zum Genfer-System werde vermutlich das E-Voting-System der Post sein, schreibt RTS. Die elektronische Abstimmungsplattform der Post soll Anfang 2019 von Hackern einem Sicherheitstest unterzogen werden. Für viele IT-Sicherheitsexperten sind solche Tests indes kein Beweis für die Sicherheit eines Online-Wahlsystems, da etwa ausländische Geheimdienste weit mehr Ressourcen für Online-Angriffe hätten als einzelne Hacker. Wahlmanipulationen könnten beim E-Voting im schlimmsten Fall während Jahren unentdeckt bleiben, was das Vertrauen der Bürger in die Demokratie untergrabe, sagen die E-Voting-Gegner.

So oder so: Die Post dürfte bald ein E-Voting-Monopol in der Schweiz haben. Für SP-Politiker Jean-Christophe Schwaab wird dies «die Debatte über die elektronische Stimmabgabe verändern: Wir werden weniger über Sicherheit und Zuverlässigkeit sprechen, dafür mehr über die Privatisierung der Stimmenauszählung», sagte er gegenüber RTS.

Die Stimmenauszählung einer Firma zu überlassen, «bedeutet, die Schlüssel zur Demokratie einem privaten Unternehmen anzuvertrauen», kritisiert Schwaab. Bleibt anzumerken, dass die Post zwar eine Aktiengesellschaft ist, aber ein staatliches Unternehmen bleibt.

(oli)

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El Vals del Obrero
28.11.2018 10:53registriert Mai 2016
Ich verstehe echt nicht, warum man nur wegen Digitalisierungshype und reflexartiger Stift-Papier-Phobie ohne Not das Vertrauen in unsere Demokratie auf's Spiel setzen will.

Das sehe ich als viel grössere Gefahr als internationale Verträge.

(Selbst wenn es absolut sicher wäre, nützt das nichts, wenn das nicht alle nachvollziehen können, also auch jene ohne Informatikstudium und sie nur noch auf die Experten vertrauen können. Gerade in der heutigen Verschwörungstheorien- und Expertenmisstrauen-Zeit.

Und die Post dafür zuständig sein soll ... warum nicht gleich Apple oder so?)
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walsi
28.11.2018 12:57registriert Februar 2016
Nicht bei allem was digitalisiert werden kann ist auch sinnvoll wenn es digitalisiert wird. Abstimmungen sind so ein Fall.
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G. Nötzli
28.11.2018 14:19registriert Juni 2015
Mir wird es schlecht wenn ich daran denken muss, dass die Post-IT für eine Abstimmung verantwortlich wird...

Ihre Tochter PostFinance ist ja nicht mal in der Lage ein E-Banking störungsfrei zu betreiben...

Viel Spass beim Abstimmen!
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