Schweiz
Energie

Das Atom-Endlager in Stadel ZH heisst «Terradura»

Schweizer Atommüll-Endlager soll «Terradura» heissen – Kritiker sprechen von Verharmlosung

Die Nagra hat das Ergebnis ihres Namens-Wettbewerbs für das Tiefenlager kommuniziert, in dem hochradioaktive AKW-Abfälle hunderttausende Jahre vergraben werden sollen. Die Reaktion folgt prompt.
27.11.2025, 07:3827.11.2025, 08:53

Das geplante Atommüll-Endlager im Haberstal bei Stadel ZH hat einen Namen: «Terradura» soll das Grossprojekt künftig heissen. «Terradura» ist das Ergebnis eines Votings, bei dem die Bevölkerung mitmachen konnte. Insgesamt seien über 3000 Ideen eingegangen.

Eine Jury aus Wissenschaft und Verwaltung wählte daraus fünf Vorschläge. Fast 40 Prozent der eingegangenen rund 3500 Stimmen wählten schliesslich «Terradura», wie die Verantwortlichen für die Namenssuche am Donnerstag mitteilten. Weitere Vorschläge waren «Atlasuisse», «Soluterra», «Peradina» und «Stadelnova».

Nun werden erneut kritische Stimmen laut, die sich seit Jahren mit dem Vorhaben beschäftigen.

Wo ist das Problem?

Seraina Kauer, Hydrogeologin und Fachspezialistin Raumplanung und Umwelt bei der Nagra, macht eine Messung des Wasserspiegels des Grundwassers an einer Grundwassermessstelle im Haberstal, aufgenommen  ...
Eine Nagra-Hydrogeologin misst im Haberstal den Spiegel des Grundwassers. Hier soll die Oberflächenanlage des Tiefenlagers hinkommen.Bild: keystone

Der Zürcher Unterländer Verein LoTi, in dem sich regionale Gegnerinnen und Gegner des Tiefenlager-Projekts organisieren, findet kritische Worte:

«Wir wehren uns dagegen, dass die geplante Deponie für radioaktiven Abfall mit seltsamen Wortschöpfungen benannt und entsprechend verharmlost werden soll. Denn nichts anderes wird es sein: Eine Deponie mit giftigen radioaktiven Abfällen.»

Noch immer sei dieses wichtige Thema in der breiten Bevölkerung der betroffenen Region nicht angekommen, gibt LoTi-Co-Präsidentin Karin Joss zu bedenken.

«Die meisten Menschen wissen nicht, was für ein politisch-ökologisch-ökonomisch brisantes und gigantisches Pilot-Bauprojekt in ihrer Wohnregion geplant ist. Gerade viele Menschen aus der junge Generation haben nach wie vor wenig Ahnung.»
quelle: loti2010.ch

Wichtig sei gewesen, dass der Name für das Tiefenlager in allen Landessprachen verständlich und prägnant gewesen sei, argumentieren die Verantwortlichen der Nagra, also jener Organisation, die vom Bund mit der Entsorgung des Schweizer Atommülls betraut ist. «Terradura» werde in den nächsten Wochen und Monaten eingeführt, jeweils mit dem Zusatz «Geologisches Tiefenlager Schweiz», kündigt die Organisation an.

Die Tiefenlager-Gegner halten davon wenig:

«Wir plädieren für einen Namen für das Atommüll-Endlager, der keine Interpretationshilfe benötigt und den alle verstehen, auch in ferner Zukunft. Deponie für radioaktive Abfälle – eine Deponie, die uns, unsere Umwelt und diejenige unserer vielen Nachfahren vor radioaktiver Verseuchung schützen muss und die eine Million Jahre halten soll.»

Weltweit sei noch kein Atommüll-Endlager in Betrieb, rufen die Nagra-Kritiker in Erinnerung.

Wie geht es weiter?

Während der Namensprozess damit abgeschlossen ist, wird der Planungsprozess für das Schweizer Atommüll-Tiefenlager noch Jahre im Gang sein.

Derzeit prüft der Bund die Gesuchsunterlagen der Nagra, der nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle. Sie hat die Gemeinde Stadel ZH als Standort für das Tiefenlager vorgeschlagen, wobei die geplanten Stollen-Bohrungen auch die Nachbargemeinde Glattfelden unterirdisch betreffen.

Die Nagra legte dem Bund 13 Gesuchsunterlagen vor, die auf gut 200 wissenschaftlichen Berichten basieren. Diese umfassen zusammen rund 30'000 Seiten. Die Überprüfungen sollen bis 2027 dauern.

Als Nächstes sind die Fachstellen des Bundes, die Kantone und die betroffenen Regionen an der Reihe. Sie alle werden eine Stellungnahme zum Nagra-Vorschlag abgeben. Auch Deutschland wird sich äussern.

Gegen Ende des Jahrzehnts soll das Endlager dann zum Geschäft für Bundesrat und Parlament werden. Schon jetzt ist aber so gut wie sicher, dass das Thema auch noch als Abstimmung vors Volk kommt.

Seit 2022 ist bekannt, dass die Nagra das Endlager im Zürcher Unterland erstellen will. Die Verpackungsanlage für die alten, hoch radioaktiven AKW-Brennstäbe soll in Würenlingen AG erstellt werden.

Quellen

1 / 40
Die endlose Geschichte des Schweizer Atommülls

Die Schweiz hat ein Entsorgungsproblem, das auch hunderte, ja tausende Generationen nach uns betrifft und gefährden wird. Es ist der hochgiftige, stark strahlende Atommüll...

quelle: shutterstock
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(dsc)

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quelle: globalsecurity.org
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Die beliebtesten Kommentare
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Beluga
27.11.2025 08:44registriert Mai 2018
Der Name erinnert an ein Naturschutzreservat. Dümmer kann man einen Namen nicht wählen!
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it‘s-a-me
27.11.2025 08:45registriert Oktober 2020
"Terratoxic"
So wird man auch in vielen Jahren später immerhin hoffentlich vermuten, dass man das nicht ausgraben oder öffnen sollte.
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Macca_the_Alpacca
27.11.2025 08:45registriert Oktober 2021
Die älteste Bauwerke der Menschheit, die noch da sind, dürften die Pyramiden sein 4000 Jahre alt. . Die ältesten Schmierereien von Menschen auf Höhlenwänden vielleicht 30'000 Jahre alt. Da dürfte es schon eine Herausforderung sein etwas zu finden, das im Jahr 102'025 noch existiert.

Würde mich auch mal interessieren, was die Ukrainer so für Pläne haben in Tschernobyl. Der Reaktor ist eine geschmolzene Masse unter dem Kraftwerk, im Prinzip offen für Wind und Wetter. Der alte Sarkophag ist kaputt und der neue mittlerweile auch. Verbrannt.... 8000 Röntgen sind kein Klacks, Freunde....
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