Schweizer Atommüll-Endlager soll «Terradura» heissen – Kritiker sprechen von Verharmlosung
Das geplante Atommüll-Endlager im Haberstal bei Stadel ZH hat einen Namen: «Terradura» soll das Grossprojekt künftig heissen. «Terradura» ist das Ergebnis eines Votings, bei dem die Bevölkerung mitmachen konnte. Insgesamt seien über 3000 Ideen eingegangen.
Eine Jury aus Wissenschaft und Verwaltung wählte daraus fünf Vorschläge. Fast 40 Prozent der eingegangenen rund 3500 Stimmen wählten schliesslich «Terradura», wie die Verantwortlichen für die Namenssuche am Donnerstag mitteilten. Weitere Vorschläge waren «Atlasuisse», «Soluterra», «Peradina» und «Stadelnova».
Nun werden erneut kritische Stimmen laut, die sich seit Jahren mit dem Vorhaben beschäftigen.
Wo ist das Problem?
Der Zürcher Unterländer Verein LoTi, in dem sich regionale Gegnerinnen und Gegner des Tiefenlager-Projekts organisieren, findet kritische Worte:
Noch immer sei dieses wichtige Thema in der breiten Bevölkerung der betroffenen Region nicht angekommen, gibt LoTi-Co-Präsidentin Karin Joss zu bedenken.
Wichtig sei gewesen, dass der Name für das Tiefenlager in allen Landessprachen verständlich und prägnant gewesen sei, argumentieren die Verantwortlichen der Nagra, also jener Organisation, die vom Bund mit der Entsorgung des Schweizer Atommülls betraut ist. «Terradura» werde in den nächsten Wochen und Monaten eingeführt, jeweils mit dem Zusatz «Geologisches Tiefenlager Schweiz», kündigt die Organisation an.
Die Tiefenlager-Gegner halten davon wenig:
Weltweit sei noch kein Atommüll-Endlager in Betrieb, rufen die Nagra-Kritiker in Erinnerung.
Wie geht es weiter?
Während der Namensprozess damit abgeschlossen ist, wird der Planungsprozess für das Schweizer Atommüll-Tiefenlager noch Jahre im Gang sein.
Derzeit prüft der Bund die Gesuchsunterlagen der Nagra, der nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle. Sie hat die Gemeinde Stadel ZH als Standort für das Tiefenlager vorgeschlagen, wobei die geplanten Stollen-Bohrungen auch die Nachbargemeinde Glattfelden unterirdisch betreffen.
Die Nagra legte dem Bund 13 Gesuchsunterlagen vor, die auf gut 200 wissenschaftlichen Berichten basieren. Diese umfassen zusammen rund 30'000 Seiten. Die Überprüfungen sollen bis 2027 dauern.
Als Nächstes sind die Fachstellen des Bundes, die Kantone und die betroffenen Regionen an der Reihe. Sie alle werden eine Stellungnahme zum Nagra-Vorschlag abgeben. Auch Deutschland wird sich äussern.
Gegen Ende des Jahrzehnts soll das Endlager dann zum Geschäft für Bundesrat und Parlament werden. Schon jetzt ist aber so gut wie sicher, dass das Thema auch noch als Abstimmung vors Volk kommt.
Seit 2022 ist bekannt, dass die Nagra das Endlager im Zürcher Unterland erstellen will. Die Verpackungsanlage für die alten, hoch radioaktiven AKW-Brennstäbe soll in Würenlingen AG erstellt werden.
Quellen
- Nachrichtenagentur Keystone-SDA
- loti2010.ch: Namensgebung geologisches Tiefenlager (Medienmitteilung, 26. Nov.)
(dsc)
