In den letzten Jahren hat sich die gesellschaftliche Haltung zu Familienmodellen und Geschlechterrollen in der Schweiz erheblich verändert. Insbesondere ist ein deutlicher Trend hin zu mehr Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren als Eltern zu beobachten.
Eine aktuelle Erhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt, dass immer mehr Menschen in der Schweiz der Meinung sind, dass Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren genauso glücklich aufwachsen können wie bei heterosexuellen Paaren.
Im Jahr 2023 befürworteten fast zwei Drittel der befragten Schweizerinnen und Schweizer (64 Prozent) diese Ansicht, was einen Anstieg von 25 Prozentpunkten im Vergleich zu 2013 darstellt.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Akzeptanz über die Jahre hinweg in allen Altersgruppen zugenommen hat, wobei die Jüngeren immer noch am stärksten zustimmen. Bei den 15- bis 24-Jährigen waren es im Jahr 2023 über 70 Prozent, die sich positiv gegenüber gleichgeschlechtlichen Eltern aussprachen, während die Zustimmung bei den älteren Generationen, insbesondere den 65- bis 80-Jährigen, am geringsten war. Diese Entwicklung zeigt eine wachsende gesellschaftliche Toleranz und ein Umdenken in Bezug auf traditionelle Familienbilder.
Ein weiterer Aspekt, der sich verändert hat, ist die Haltung zu den traditionellen Geschlechterrollen. Während früher häufig die Vorstellung vorherrschte, dass der Mann für den finanziellen Unterhalt der Familie verantwortlich sei und die Frau sich um die Kinder kümmern sollte, hat sich auch hier ein deutlicher Wandel vollzogen.
2013 hielten noch 39 Prozent der Befragten die Ansicht für richtig, dass der Mann das Geld nach Hause bringen sollte. Bis 2023 sank dieser Wert auf nur noch 24 Prozent. Diese Veränderung ist nicht nur ein Indiz für die zunehmende Akzeptanz von gleichberechtigten Rollen innerhalb von Familien, sondern auch für die stärkere Inklusion von Frauen in die Erwerbswelt.
Und wie verhält es sich bei der Ansicht, dass Frauen sich besser um kleine Kinder kümmern können? Rund ein Drittel der Bevölkerung denkt, dass Frauen dies besser können. Vor zehn Jahren waren es noch knapp mehr als die Hälfte.
Personen ohne Tertiärausbildung denken vermehrt, dass Frauen sich besser um kleine Kinder kümmern können. Die tiefste Zustimmung weisen Personen mit einem hohen Teilzeitpensum auf, wobei auch hier jene mit Tertiärausbildung weniger zustimmen als jene mit einem tieferen Bildungsabschluss (21 bzw. 30 Prozent).
2023 gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie das Modell bevorzugen würden, bei dem beide Elternteile Teilzeit arbeiten. Ebenfalls relativ oft genannt werden die Modelle «Mutter Teilzeit und Vater Vollzeit erwerbstätig» (31 Prozent) sowie «Mutter nicht erwerbstätig und Vater Vollzeit erwerbstätig» (19 Prozent).
Kaum als bevorzugte Lösung angesehen wird das Modell «beide Eltern Vollzeit erwerbstätig» (6 Prozent) sowie die Situation, bei der «jemand der beiden Elternteile nicht oder Teilzeit erwerbstätig und der andere Elternteil Vollzeit erwerbstätig ist» (7 Prozent).
Die bevorzugte Aufteilung der Erwerbsarbeit variiert je nach Region und Bildungsniveau. In städtischen Gebieten, vor allem in Grossstädten, ist das Modell «beide Eltern Teilzeit erwerbstätig» besonders beliebt, mit einer Zustimmung von 66 Pozent. In ländlicheren Gebieten oder in der italienischen Schweiz hingegen wird häufiger das Modell bevorzugt, bei dem der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet.
Diese Unterschiede spiegeln sich auch in den Sprachregionen wider. In der deutschen Schweiz finden sich deutlich mehr Haushalte, in denen beide Elternteile Teilzeit arbeiten, während in der französischen Schweiz häufiger das Modell «Vater Vollzeit, Mutter Teilzeit» anzutreffen ist.
Trotz des beobachtbaren Wandels in den Einstellungen gibt es nach wie vor Unterschiede in der tatsächlichen Umsetzung. Viele Paare, insbesondere solche mit jungen Kindern, bevorzugen nach wie vor ein Modell, bei dem die Mutter Teilzeit arbeitet und der Vater Vollzeit beschäftigt ist. Diese Diskrepanz zeigt, dass die praktischen Herausforderungen, ein egalitäres Erwerbsmodell zu implementieren, nach wie vor bestehen.
Die schweizerische Realität (Gesetze / Gesellschaft / Arbeitgeber) und die Wünsche vieler junger Eltern stehen dabei oft diametral gegenüber.