Chemie erzeugt irgendwann Leben. Davon ist der Schweizer Astrophysiker und Nobelpreisträger Didier Queloz überzeugt. Er spricht über die Erschaffung und Zerstörung von Leben.
22.12.2023, 15:2322.12.2023, 15:31
Noch in diesem Jahrhundert wird nach Ansicht des Schweizer Nobelpreisträgers Didier Queloz Leben im Labor geschaffen werden können. «Meiner Ansicht nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis uns das gelingen wird», sagte der Physiker gegenüber Tamedia-Titeln.
«Wir werden also eine Art göttliche Macht erlangen», so Queloz im Tamedia-Interview vom Freitag weiter.
«Die Macht der Zerstörung besitzen wir, seit wir Atomwaffen haben. In diesem Jahrhundert werden wir die göttliche Macht der Schöpfung erlangen, indem wir künstliches Leben von Grund auf erschaffen.»
Die Entstehung von Leben sei letztlich ein chemischer Prozess, so Queloz. «Wenn die Bedingungen stimmen, wird Leben entstehen. Ich sehe keine Notwendigkeit für ein anfängliches Anschubsen durch einen Schöpfergott», gab sich der Nobelpreisträger überzeugt.

Didier Queloz (links) mit seinem Doktorvater Michel Mayor, 2005 an der Universität Genf.Bild: KEYSTONE
Zur Person
Der 57-jährige Astrophysiker Didier Queloz hat an der Universität Genf Physik studiert. 1995 gelang ihm mit seinem Doktorvater Michel Mayor die Entdeckung des ersten Planeten, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist – einen sogenannten Exoplaneten.
Eine Entdeckung, für die er 2019 gemeinsam mit Mayor mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Mittlerweile sind über 5000 solcher Exoplaneten bekannt.
Seit 2021 baut er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich ein Zentrum auf, das die Entstehung des Lebens erforscht. Dazu gehört laut Queloz sowohl die Erforschung des Sonnensystems und die Analyse von Exoplaneten, als auch der Versuch, die Entstehung von Leben in Laborexperimenten zu simulieren.
Atomwaffen bedrohen die Menschheit
Das Leben könne aber auch ziemlich schnell wieder von der Bildfläche verschwinden, wenn man sich beispielsweise bezüglich Klimawandel und Kriegen weiterhin so dumm anstelle, kritisiert Queloz. Er erläutert:
«Die ersten Studien zum Treibhauseffekt stammen aus dem 19. Jahrhundert. Heute hat die Wissenschaft die Erderwärmung im Detail erforscht. Und doch nehmen wir dieses existenzielle Problem nicht ernst genug.»
Zudem müsse die Menschheit die Atomwaffen loswerden, wenn sie überleben wollen, so Queloz weiter.
«Sie verleihen unserer Spezies eine Macht, die wir nicht kontrollieren können.»

Didier Queloz, spricht bei der Verleihung der Medaille «Geneve reconnaissante» an die Nobelpreisträger für Physik 2019 und an die Universität Genf.Bild: KEYSTONE
Ausserirdisches Leben nicht ausgeschlossen
Was andere Spezies betrifft, gibt sich Queloz vorsichtig. Um wirklich abschätzen zu können, wie viele und ob es noch andere Zivilisationen gebe, brauche es noch mehr Fakten. Er schliesst allerdings nicht aus, dass es bereits ausserirdisches Leben gegeben haben könnte. So hofft er etwa, auf anderen Planeten Spuren von Leben finden zu können. Für die Erforschung von Exoplaneten – Planeten, die andere Sonnen umkreisen – brauche es noch grössere Teleskope. Bei der ETH läuft bereits das Projekt «Life». Kurz für Large Interferometer for Exoplanets. Eine Verknüpfung mehrerer Teleskope mittels Laserstrahlen im Weltraum.

Eine Visualisierung des Large Interferometer for Exoplanets (LIFE), von der ETH Zürich.Bild: ETH Zürich
Nobelpreis hat das Leben verändert
Queloz ist überzeugt, dass erst sein Nobelpreis die Entstehung des Forschungszentrums an der ETH möglich gemacht hat. Viele Kollegen aus der Physik würden die Suche nach dem Ursprung des Lebens für keine echte Wissenschaft halten, sagte Queloz. Die Chemiker kümmerten sich nicht um das Thema, denn für sie sei es offensichtlich attraktiver, in der Pharmabranche zu arbeiten. «Mit dem Nobelpreis im Rücken hörten mir die Leute aber plötzlich zu, und ich begann, ihnen die Sache zu erklären», sagte Queloz weiter.
Auch sonst habe der Nobelpreis sein Leben verändert, meinte der Physiker. Auch Leute ausserhalb der Astrophysik hätten ihm plötzlich zugehört, so der Astrophysiker, er sei zu einer Art Wissenschaftsdiplomat geworden.
Zudem erhalte er fast jeden Tag «Unsinn per E-Mail», sagte Queloz:
«Einer hat die Geschichte des Universums neu erfunden, ein Zweiter meint, die Lösung aller Probleme der Menschheit zu kennen, ein Dritter behauptet, er könne die Existenz Gottes beweisen.»
Solche E-Mails seien Teil des Loses eines Nobelpreisträgers.
(sda/saw)
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Da nützt die Erschaffung von neuen künstlichen Leben nicht viel wenn wir die Voraussetzungen um leben zu können zerstören.