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Nach Chandrayaan-Erfolg: Diese Mondmissionen sind als nächstes geplant

Orion und der Mond am 5. Dezember 2022.
https://de.wikipedia.org/wiki/Artemis_1#/media/Datei:Moon_by_Artemis_1.jpg
Die Raumkapsel Orion aus dem Artemis-Programm der NASA im Dezember 2022 vor dem Mond. Bild: Wikimedia

Neuer Wettlauf zum Mond – diese Missionen sind als nächstes geplant

24.08.2023, 14:4824.08.2023, 15:31
Daniel Huber
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Selten lagen Misserfolg und Erfolg so nahe beieinander: Gerade erst zerschellte die russische Raumsonde Luna-25 auf der Mondoberfläche, nun feiert Indien die erfolgreiche Landung seiner Sonde Chandrayaan-3 auf dem Trabanten. Das indische Raumfahrzeug war am 14. Juli ins All geschossen worden und landete am 23. August sanft am Südpol des Mondes.

Mit dem Desaster am Wochenende endete die erste russische Mondmission seit 1976 vorzeitig. Der Rückschlag bedeutet indes nicht das Ende der russischen Ambitionen – laut Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos sind nach wie vor weitere unbemannte Mondmissionen in der Pipeline. Bis 2027 soll Luna-26 auf dem Mond landen, bis 2028 Luna-27 und bis 2030 Luna-28.

Und die Russen sind nicht allein. Bereits am 26. August startet die nächste Mission: Der SLIM – das Akronym steht für Smart Lander for Investigating Moon – der japanischen Weltraumbehörde JAXA soll eine neuartige Landetechnologie testen und den vorgesehenen Landepunkt auf 100 Meter genau erreichen.

Der Wettlauf zum Mond ist in vollem Gang. Bis 2030 sind mehr als 30 Einzelmissionen – einige davon sind Teil grösserer Projekte – von sieben verschiedenen Nationen sowie der Europäischen Weltraumorganisation ESA geplant. Mehr als die Hälfte davon entfallen auf die USA, die auch mit dem Artemis-Programm der NASA als einzige eine bemannte Mondlandung planen; allerdings in internationaler Zusammenarbeit mit unter anderem der europäischen, der japanischen und der kanadischen Raumfahrtagentur. Eine Übersicht über die wichtigsten Projekte.

Artemis-Programm

Seit Eugene Cernan am 14. Dezember 1972 als letzter Astronaut die Mondoberfläche verliess, ist kein Mensch mehr auf dem Mond gewesen – Apollo 17 war die letzte Mission des Apollo-Programms, das mit Apollo 11 im Juli 1969 zum ersten Mal Menschen auf einen anderen Himmelskörper brachte. Mit diesem Sieg gegen die Sowjetunion im Wettlauf zum Mond erlahmte das Interesse an unserem Trabanten zusehends und der Fokus richtete sich mehr auf den Bau bemannter Raumstationen und andere Projekte, etwa die Erkundung des Mars.

Doch mittlerweile steht der Mond erneut im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das neue Artemis-Programm der NASA – der Name verweist auf die griechische Göttin Artemis, Zwillingsschwester von Apollon und Mondgöttin – wurde 2019 vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump auch im Hinblick auf künftige Mars-Missionen initiiert. Ziel des Programms, das aus fünf Haupt-Etappen und mehreren unterstützenden Missionen besteht, ist die Landung von Astronauten in der strategisch wichtigen Südpol-Region des Mondes, wo es Wassereis gibt.

epa10791084 The NASA's Orion spacecraft, part of the Artemis 4 mission, is being assembled inside the Neil Armstrong Operations at the Kennedy Space Center in Titusville, Florida, USA, 08 August  ...
Die Raumkapsel Orion des Artemis-Programms.Bild: keystone

Artemis 1 startete am 16. November 2022 und landete am 11. Dezember. Die erfolgreiche Mission bestand darin, das unbemannte Raumschiff Orion in einen Mondorbit und zurück zur Erde zu bringen. Als Trägerrakete diente das Space Launch System (SLS). 2024 soll dann Artemis 2 folgen – diese Mission besteht von einem bemannten Testflug zum Mond, der von der bemannten Orion-Kapsel umrundet werden soll.

Ende 2025 soll dann mit Artemis 3 die erste Mondlandung seit 1972 stattfinden. Von der vierköpfigen Crew sollen mindestens zwei Astronauten in einer speziellen Version des SpaceX-Raumschiffs Starship als Mondlandefähre auf der Oberfläche des Trabanten landen und eine Woche dort bleiben. Ziel ist dabei, die mögliche Ressourcen, insbesondere Wasser, für spätere Missionen zu erkunden. Dieses Mal soll eine Frau als erste aussteigen; zudem soll eine nicht-weisse Person Teil der Crew sein.

Orion am 28. November 2022, bei maximaler Distanz von der Erde. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Artemis_1#/media/Datei:Artemis_1_at_maximum_distance_from_Earth.jpg
Am 28. November 2022 erreichte Orion im Rahmen der Artemis-1-Mission die maximale Distanz von der Erde.Bild: NASA

Für 2028 ist dann Artemis 4 geplant, die dritte bemannte Mission des Programms und die zweite Mondlandung. Erstmals soll dann auch ein bemannter Besuch der Mond-Raumstation Lunar Orbital Platform-Gateway (LOP-G) stattfinden. Das erste Modul dieser Raumstation soll bereits 2025 ins All gebracht werden. Die Artemis-4-Mission wird dort ein grösseres Wohnmodul ankoppeln. Den Abschluss des Artemis-Programms bildet dann 2029 Artemis 5, das ebenfalls mit einer Mondlandung verbunden ist. Diesmal soll eine Blue Moon-Mondlandefähre zum Einsatz kommen; eine unbemannte Testlandung der Fähre ist für 2028 geplant. Artemis 5 wird zudem ein weiteres Modul zur Mond-Raumstation transportieren.

Chandrayaan und LUPEX

Indien schickte 1975 seinen ersten Satelliten ins All, damals noch mit einer sowjetischen Trägerrakete. Seither hat das Schwellenland grosse Fortschritte gemacht, und mit dem Raumfahrt-Programm Chandrayaan (von Hindi Chandra für Mond, yaan für Wagen) reihte sich Indien in den exklusiven Klub jener Nationen ein, die Missionen zum Mond unternehmen. Der Orbiter Chandrayaan-1 erreichte 2008 die Umlaufbahn um den Mond; Chandrayaan-2 brachte 2019 einen weiteren Orbiter zum Mond; der Vikram-Lander, der den Rover Pragyan auf die Mondoberfläche transportieren sollte, stürzte jedoch wegen eines Softwarefehlers ab.

Chandrayaan-3, dessen Landung am 23. August gelang, besteht lediglich aus einem Lander und einem Rover – ein weiterer Orbiter, der den Mond umkreist, wird derzeit noch nicht benötigt, da jener der Vorgängermission noch aktiv ist. Weder der Lander noch der mitgeführte Rover sind mit einer Heizung ausgestattet. Ihre maximale Einsatzdauer auf dem Mond beträgt daher lediglich 14 Tage.

epa10746169 A handout photo made available by the Indian Space Research Organisation (ISRO) of its Chandrayaan-3 (Moon Vehicle-3) lifting off from the Launch Vehicle Mark-III Mission 4 (LVM3 M4), at t ...
Start von Chandrayaan-3 am 14. Juli auf einer Trägerrakete vom Satish Dhawan Space Centre in Sriharikota. Bild: keystone

Chandrayaan-3 ist eigentlich eine Wiederholungsmission nach dem Absturz des Vikram-Landers, die der Erprobung der Landetechnik dient. Ursprünglich hätte die nächste indische Mondmission in Kooperation mit Japan in die Südpolregion des Mondes führen sollen. Falls Chandrayaan-3 sich als erfolgreich erweist, soll diese indisch-japanische Mission – unter der Bezeichnung Lunar Polar Exploration Mission (LUPEX) – nun 2026 stattfinden.

LUPEX ist ein Gemeinschaftsprojekt der Raumfahrtbehörden Indiens (ISRO) und Japans (JAXA), wobei Indien die Landefähre beisteuern wird, während Japan die noch in der Entwicklung befindliche H3-Trägerrakete und den Rover bereitstellen wird. LUPEX ist deutlich anspruchsvoller als Chandrayaan; die Mission soll sechs Monate lang die Südpolregion des Mondes erkunden und dort unter anderem bis zu 1,5 Meter tief nach Wassereis bohren.

Chang'e

China drängt mit Macht in den Weltraum. Die chinesische Raumfahrtbehörde CNSA betreibt nicht nur eine Raumstation im erdnahen Orbit, sondern hat auch erfolgreich einen Rover auf den Mars gebracht. Und China verfolgt auch ein ambitioniertes Mondprogramm, das seit 2007 bereits diverse Erfolge vorzuweisen hat – zuletzt 2020 mit der Mission Chang'e 5 (Chang'e ist die chinesische Mondgöttin). Chang'e 5 gelang es, eine Bodenprobe vom Mond auf die Erde zu holen – und nebenbei ein Bild unseres Trabanten in der bisher grössten Auflösung zu schiessen.

Die nächste Mission, Chang'e 6, soll dieses Kunststück 2024 wiederholen. Die acht Tonnen schwere Sonde soll am Rand des Südpol-Aitken-Beckens auf der erdabgewandten Seite des Mondes landen. Danach will China die Reihe der unbemannten Erkundungen der Südpolregion mit den Missionen Chang'e 7 (voraussichtlich Ende 2026) und 8 (voraussichtlich 2027) weiter fortsetzen.

Landefuss der chinesischen Raumsonde Chang'e 5, Dezember 2020. (Ausschnitt)
Extrem scharfe Aufnahme: Landefuss der chinesischen Raumsonde Chang'e 5 auf dem Mond. Bild: CNSA

Der Lander von Chang’e 7 wird neben einem Rover zusätzlich eine kleine, flugfähige Untersonde mitführen, die Wassereis aufspüren soll. Chang’e 7 soll zudem das Landegebiet daraufhin untersuchen, ob es sich für die Errichtung der geplanten Internationalen Mondforschungsstation eignet. Falls dies nicht der Fall ist, wird Chang'e 8 einen weiteren möglichen Ort erkunden. Auch diese Sonde wird neben einem Rover eine kleine Flugsonde mitführen. Diesmal soll aber die mögliche Extraktion von Edelgasen aus dem Monduntergrund geprüft werden.

Beresheet

Auch das kleine Israel mischt kräftig beim Wettlauf zum Mond mit, wobei es sich freilich um eine private Raumfahrtmission handelt. Der erste Versuch, eine Sonde weich auf der Mondoberfläche abzusetzen, misslang jedoch 2019 – die Landefähre zerschellte im Landeanflug. Eine weiche Mondlandung ist bisher nur der Sowjetunion, den USA, China und neu Indien gelungen.

This March 3, 2019 photo made available by SpaceIL and Israel Aerospace Industries on March 5 shows the Beresheet spacecraft with the Earth in the background. The spacecraft is shooting for a moon lan ...
Blick zurück von Beresheet auf die Erde. Bild: AP/SpaceIL, Israel Aerospace Industries

Der Misserfolg von Beresheet (hebräisch für Genesis) soll durch die Nachfolgemission Beresheet 2 wettgemacht werden, deren Start für 2025 geplant ist. Wenn das Raumschiff den Mondorbit erreicht, wird der Orbiter den Mond weiter umkreisen, während zwei Lander an verschiedenen Stellen des Trabanten ausgesetzt werden. Dies ist ein Novum: Bisher gab es noch keine Mission, bei der gleich zwei Lander eingesetzt wurden. Sollte die Mission erfolgreich sein, werden es denn auch die kleinsten Lander sein, die jemals auf dem Mond zum Einsatz kamen.

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63 Kommentare
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Freidenker56
24.08.2023 17:18registriert Juli 2023
Ich meine, der Wettlauf zum Mond ist seit Juli 1969 zugunsten der USA bereits entschieden. Nachahmer haben es da leichter. Damals war die Mondlandung für mich als 13- jähriger die Sensation des Jahrhunderts. Heute halte ich bemannte Raumfahrt für überflüssige Geldverschwendung. Staaten, wo in einigen Gegenden mit Hühnern bezahlt wird, sollten andere Prioritäten haben, als Monderforschung.
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