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Gender

Die 6 Lieblings-Argumente der «Lohnpolizei»-Gegner

Frauen fordern Lohngleichheit am 1. Mai-Umzug in Basel am 1. Mai 2011. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Das Durchsetzen der Lohngleichheit hat auch heute noch einen schweren Stand. Bild: Unia-Frauen demonstrieren im Juni 2011 für Lohngleichheit.Bild: KEYSTONE

Gleichberechtigung? Besser nicht! Die 6 Lieblings-Argumente der «Lohnpolizei»-Gegner

Eigentlich hat ja niemand etwas gegen gleiche Löhne für Mann und Frau. Eigentlich. Dennoch stösst selbst die sanfteste gesetzliche Massnahme zur Herstellung von Lohngleichheit auf Widerstand. Das sind die sechs häufigsten Argumente gegen Lohnkontrollen.
28.10.2016, 09:0028.10.2016, 18:52
Daria Wild
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Der Bundesrat will Unternehmen mit mindestens 50 Angestellten per Gesetz dazu verpflichten, alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchzuführen und intern über die Ergebnisse zu informieren – ohne Meldepflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Damit soll die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen bekämpft werden.

Übrigens: In diesen Branchen ist die Lohnungleichheit am grössten 👇

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In diesen Branchen ist der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau am grössten
Jetzt fordert Simonetta Sommaruga Transparenz und will in Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern für fairere Löhne zwischen Mann und Frau sorgen. Die folgenden sieben Branchen haben die ungerechteste Lohnverteilung in der Schweiz.
quelle: keystone / lukas lehmann
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Obwohl dieses Kontrollinstrument weit sanfter ist als die ursprünglich von Bundesrätin Simonetta Sommaruga geforderten Massnahmen zur Herstellung von Lohngleichheit, stösst die Regierung damit weiterhin auf Widerstand.

Was bemängeln die Gegner von Lohn-Kontrollmassnahmen? Und was gibt es dagegen zu sagen? Die wichtigsten fünf Argumente und Gegenargumente.

Ungleichheit ≠ Diskriminierung

Es sei nicht erwiesen, ob und in welchem Ausmass Frauen bei den Löhnen diskriminiert werden, schreibt der Arbeitgeberverband in einem Positionspapier vom Donnerstag, mit dem er auf den bundesrätlichen Beschluss reagiert. Der Arbeitgeberverband stützt sich damit unter anderem auf das Argument, Ungleichheit sei nicht gleich Diskriminierung.

Valentin Vogt, president de l'Union Patronale Suisse, parle lors d'une conference de presse de l'UPS, Union Patronale Suisse, sur le theme, "Besoin de reforme et volonte d'act ...
Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes.Bild: KEYSTONE

Gegenargument: Es stimmt, dass zwischen Lohnungleichheit und -diskriminierung unterschieden wird. Ungleichheit lässt sich teilweise durch strukturelle Faktoren erklären (Unterschiede im Bildungsstand, Anzahl Dienstjahre, ausgeübte Kaderfunktion), dort wo die Lohnunterschiede nicht erklärbar sind, handelt es sich aber um Diskriminierung.

Anders als vom Arbeitgeberverband kolportiert kann eine Aussage darüber gemacht werden, in welchem Ausmass Frauen diskriminiert sind. Dieser Anteil betrug 2012 gemäss Bundesamt für Statistik (BfS) – heruntergerechnet auf einen Monatslohn in der Privatwirtschaft – 687 Franken.

Die Unternehmen in der Schweiz schulden den Frauen damit rund acht Milliarden Franken im Jahr, weil sie ihnen für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn bezahlen wie ihren Kollegen. Frauen verdienen bei gleicher Arbeit 15 Prozent weniger.

Grafik des «Tages-Anzeigers» zum Global Gender Gap Report 2016.
Grafik des «Tages-Anzeigers» zum Global Gender Gap Report 2016.bild: tages-anzeiger.ch

Staatliche Einmischung

«Wir wollen keine staatliche Einmischung in die Lohnpolitik», sagte der ehemalige CVP-Parteipräsident Christophe Darbellay 2013 gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Er ist damit nicht allein. Bürgerliche kritisieren in erster Linie, dass eine «Lohnpolizei» dem Arbeitgeber ungerechtfertigt die Kontrolle über die Löhne entzieht. Noch weiter gehen jene, die behaupten, der Bund würde damit an einer Planwirtschaft werkeln.

ZU DEN EIDGENOESSISCHEN WAHLEN VOM 18. OKTOBER 2015 STELLEN WIR IHNEN ZU DEN RUECKTRITTEN VON NATIONAL- UND STAENDERAETEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - WEITERE BILDER FINDEN SIE AUF UNSERER  ...
Die CVP ist in der Lohngleichheits-Frage gespalten: Männer warnen vor Zwang, Frauen befürworten. Bild: KEYSTONE

Gegenargument: Abgesehen davon, dass die freiwillige Lohnüberprüfung gescheitert sei, sei Lohndiskriminierung ein strukturelles Problem, weshalb es auch staatliche Interventionen brauche. So lautet das Gegenargument der Gewerkschaft Unia. Zudem gibt es in allen anderen Bereichen der Arbeitswelt Kontrollmechanismen: Mindestlöhne, Kündigungsschutz, geregelte Arbeitszeiten, Versicherungspflicht. Nur bei den Frauenlöhnen nicht.

Nicht zuletzt scheinen die Unternehmer, im Gegensatz zu den Politikern, gar nichts dagegen zu haben: Laut einer Studie des Bundes befürworten zwei Drittel der Unternehmen, die die Lohnanalyse bereits durchgeführt haben, staatliche Massnahmen. 

Frauen sind selber verantwortlich

Damit sorgte Roland Müller für Furore: Der Direktor des Arbeitgeberverbandes sagte 2014, die «innere Einstellung» der Frauen zur Berufsausübung sei für die Lohndifferenz verantwortlich. Für gewisse Stellen müsse man bereit sein, höhere Anstrengungen auf sich zu nehmen. In die gleiche Kategorie gehört das Argument, Frauen könnten sich bereits jetzt vor Arbeitsgericht wehren, wenn sie betreffend Lohn diskriminiert werden. 

Roland Müller arbeitgeber.ch Arbeitgeberverband
Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbandes.bild: arbeitgeber.ch

Gegenargument: Gemäss der Lohnstrukturerhebung 2012 sind die Differenzen umso grösser, je mehr Verantwortung Frauen übernehmen. Das zeigt unter anderem auch die Erhebung des Thinktanks Avenir Suisse aus dem Jahr 2015.

Im obersten, oberen und mittleren Kader betragen die Lohnunterschiede 23 Prozent, im unteren Kader 15 Prozent, im untersten Kader und ohne Kaderfunktion elf Prozent.
Im obersten, oberen und mittleren Kader betragen die Lohnunterschiede 23 Prozent, im unteren Kader 15 Prozent, im untersten Kader und ohne Kaderfunktion elf Prozent.quelle: Avenir suisse

Dass Frauen der Gang vor Arbeitsgericht offen steht, stimmt. Allerdings riskieren Frauen eine Entlassung, in dem sie sich exponieren. Vor Rache-Kündigungen sind sie nur während sechs Monaten geschützt. 

Unnötig und teuer

Gegner der Kontrollmassnahmen halten das Instrument für unnötig und teuer. Es sei lediglich ein ressourcenfressender Bürokratieapparat, der Mehrkosten verursache – beim Bund und bei den Unternehmen. Das brachte beispielsweise Markus Somm, Chefredaktor der «Basler Zeitung» in einem gepfefferten Kommentar gegen Regulierungsmassnahmen zum Ausdruck: «Die Kontrollen dürften viel kosten und wenig bewirken.»

BaZ-Chefredaktor Markus Somm, rechts, spricht mit Bundesrat Ueli Maurer, links, an der 28. Albisguetli-Tagung der Zuercher SVP in Zuerich am Freitag, 15. Januar 2016. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Markus Somm, Chefredaktor der BaZ (rechts) mit SVP-Bundesrat Ueli Maurer.Bild: KEYSTONE

Gegenargument: Dass die Kontrollmassnahmen etwas kosten werden, ist unbestritten. Gemäss einer Regulierungsfolgeabschätzung, die der Bundesrat vor einem Jahr veröffentlichte, würde der Aufwand für mittlere Unternehmen zwei Tage betragen. Doch eine Untersuchung zeigte bereits, dass die Lohnanalyse wirkt: Von jenen Unternehmen, die bereits eine solche durchgeführt haben, hat die Hälfte Korrekturmassnahmen vorgenommen – in erster Linie wurden die Löhne der Frauen angepasst. 

Nicht strukturell bedingt, also nicht klärbar 

Gegner von Kontrollmassnahmen berufen sich darauf, dass ein Grossteil der Lohnungleichheit nicht durch strukturelle Mechanismen zu erklären sei. So könne bei Vergleichsinstrumenten die effektive Leistung eines Arbeitnehmenden nicht, beziehungsweise nur indirekt berücksichtigt werden. Die Aussagekraft sei deshalb nicht gegeben.

Ruth Derrer, Schweizerischer Arbeitgeberverband, warnt vor einem «absurden Kontrollapparat für Fälle, die am Schluss nur sehr schwierig zu klären» seien.
Ruth Derrer, Schweizerischer Arbeitgeberverband, warnt vor einem «absurden Kontrollapparat für Fälle, die am Schluss nur sehr schwierig zu klären» seien.bild: screenshot youtube

Gegenargument: «Das stimmt nicht», entgegnet Unia-Sprecherin Leena Schmitter. Tatsächlich gibt es einfache Methoden, um den Anteil der Diskriminierung der Löhne ausweisen zu können – zum Beispiel mit dem Selbsttest-Tool «Logib» des EBG. Dieses berücksichtigt persönliche Qualifikationsmerkmale, bei der ausschliesslich individuelle Merkmale wie Ausbildung, Berufserfahrung und Dienstjahre berücksichtigt werden sowie arbeitsplatzbezogene Faktoren (Anforderungsniveau und berufliche Stellung. Die Methode ist international anerkannt, gilt als verlässlich und aussagekräftig.

Standortvorteil in Gefahr

«Eine staatliche Lohnpolizei, die die Löhne von Männern und Frauen kontrollieren soll, bremst diese Frauen aus, anstatt sie zu unterstützen», schreibt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands und FDP-Nationalrat, in einer Mitteilung.

Mit Vorschlägen wie jenem des Bundesrates opfere die Regierung zudem den liberalen Arbeitsmarkt «auf dem Altar der staatlichen Überregulierung». Die liberalen Rahmenbedingungen seien einer der wichtigsten Standortvorteile der Schweiz.

Hans-Ulrich Bigler (FDP/BE) aeussert sich zum Innosuissegesetz am Montag, 7. Maerz 2016 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler.Bild: KEYSTONE

Gegenargument: Von Überregulierung kann beim bundesrätlichen Beschluss nicht die Rede sein. Mit der Abkehr von der Meldepflicht gegenüber der Öffentlichkeit setzt der Bundesrat auf die Selbstverantwortung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Die Regierung sei überzeugt, sagte Sommaruga am Mittwoch, dass durch die geplante schlanke Gesetzesregelung eine positive Dynamik entstehe.

Auch die Unia hält Gegensteuer: Lohngleichheit sei eine Motivation für die Mitarbeitenden, für das Unternehmen zu arbeiten, sagt Gewerkschaftssprecherin Schmitter. Studien zeigen: Mitarbeitende in Unternehmen, in denen Lohngleichheit herrscht, sind zufriedener. Auch das ist ein Standortvorteil.

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Die beliebtesten Kommentare
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Mate
28.10.2016 10:26registriert April 2015
Gegenargument zu Punkt 1: "...dort wo die Lohnunterschiede nicht erklärbar sind, handelt es sich aber um Diskriminierung."
Woher nehmt ihr den diese Information, das es Diskriminierung ist? Es ist ein UNBEKANNTER Rest in der Lohndifferenz. Bis ihr den Beweis bringt, dass es Diskriminierung ist, bleibt doch bitte faktisch korrekt.
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walsi
28.10.2016 10:15registriert Februar 2016
Warum soll ich als Unternehmer Männer einstellen, wenn ich die Frauen, die ja den gleichen Job mit der gleichen Leistung für weniger Geld machen, kriege? Natürlich ist diese Aussage polemisch. Aber sie bringt es auf den Punkt. Die Unternehmen, die den Männern mehr bezahlen, wenn es denn so ist, gehen davon aus, dass sie auch mehr bekommen für dieses Geld. Ende Jahr will ein Unternehmer mit seinen Mitarbeiter Geld verdient haben. Wenn er eine Frau mit den gleichen Leistungen wie ein Mann für, sagen wir 10% weniger, kriegt, könnte er seinen Gewinn und Lohn dem entsprechend steigern.
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Thinktank
28.10.2016 11:28registriert Oktober 2016
Die Schweizer Arbeitgeber scheinen die dümmsten der Welt zu sein oder wir sollten den Lehrplan der HSG überdenken.
Sie könnten problemlos 20% Lohnkosten sparen, wenn sie nur noch Frauen beschäftigen.
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