Schweiz
Gender

Eklat in Basel – Ratspräsident wirft Grossrätin wegen Baby aus dem Saal

Dürfen Parlamentarierinnen ihre Babys in den Grossen Rat mitnehmen? Die Frage sorgte in Basel für Diskussionen. (Bild: Jubiläumsfeier 50 Jahre Grossrätinnen für Basel-Stadt im Mai 2018)
Dürfen Parlamentarierinnen ihre Babys in den Grossen Rat mitnehmen? Die Frage sorgte in Basel für Diskussionen. (Bild: Jubiläumsfeier 50 Jahre Grossrätinnen für Basel-Stadt im Mai 2018)bild: kenneth nars

Tumultartige Szenen in Basel – Ratspräsident wirft Grossrätin wegen Baby aus dem Saal

Ein Baby sorgte für Tumult im Basler Grossen Rat. Ratspräsident Remo Gallacchi verwies Grossrätin Lea Steinle aus dem Saal, weil sie ihr zwei Monate altes Baby dabei hatte. Gallacchi liess sie nach einer kurzen emotionalen Debatte aber wieder herein.
21.11.2018, 18:1121.11.2018, 20:49
Daniel Ballmer / ch media
Mehr «Schweiz»

Ratspräsident Remo Gallacchi musste sich einiges anhören: «Schämen Sie sich!» «Unerhört! Das ist Diskriminierung!» Wütende Zwischenrufe ertönten am Mittwochnachmittag im Basler Grossen Rat. Der Grund: Gallacchi hatte zuvor die grüne Grossrätin Lea Steinle aus dem Saal verwiesen, weil sie ihr zweieinhalb Monate altes Kind bei sich hatte.

Grossratspräsident Remo Gallacchi (links)
Grossratspräsident Remo Gallacchi (links)screenshot: grosserrat.bs.ch

«Wir Parlamentarier sind hier im Saal grundsätzlich unter uns», argumentierte Gallacchi, nachdem die aufgebrachte SP-Parlamentarierin Danielle Kaufmann einen Ordnungsantrag gestellt hatte. «Es kann nicht sein, dass ein gewähltes Mitglied aus dem Saal verwiesen wird, weil sie ein Kind dabei hat, das noch gestillt werden muss.» «Wo ziehen wir die Grenze? Dafür gibt es keine Regelung», erklärte Gallacchi, notabene Vertreter der selbsternannten Familienpartei CVP.

Im Grossen Rat sorgte das für tumultartige Szenen. Während rund fünf Minuten wurde die Sitzung unterbrochen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Letztlich hatte Ratspräsident Gallacchi ein Einsehen: «Ich komme auf meinen Entscheid zurück.» Steinle dürfe mit ihrem Kind wieder in den Saal, und das Ratsbüro werde die rechtliche Grundlage abklären.

Sollten Väter und Mütter ihre Babys ins Parlament mitnehmen dürfen?

Für Grossrätin und Mutter Lea Steinle ist das Thema damit noch nicht erledigt: «Ich bin vom Volk gewählt worden», betont sie gegenüber der bz, «dennoch ist mir das Recht verwehrt worden, im Saal abzustimmen.» Das sei diskriminierend. Alle müssten die Möglichkeit haben, im Parlament Einsitz zu nehmen. «Das gilt auch für junge Mütter.»

Andere Länder gehen weit liberaler mit jungen Müttern im Parlamentssaal um. Im vergangenen Sommer sorgte Larissa Waters für Schlagzeilen, die als erste Frau Australiens ihr Neugeborenes im Parlamentsgebäude stillte. 

Vor knapp drei Monaten kam es im Thüringer Landtag zu einem ähnlichen Eklat, als Madeleine Henfling von den Grünen wegen ihres Kindes aus dem Plenarsaal verwiesen wurde. 

Leila Straumann, Leiterin der Abteilung Gleichstellung von Frauen und Männer, sagt: «Ich kenne den Sachverhalt nicht, werde aber – aufgrund Ihrer Anfrage – mit Grossratspräsident Remo Gallachi und Grossrätin Lea Steinle Kontakt aufnehmen. Interessant ist sicher auch, was die Geschäftsordnung des Grossen Rats dazu regelt.»

Dies hat der Riehener CVP-Einwohnerrat Patrick Huber auf Twitter bereits getan. Er schreibt:

Auf nationaler Ebene wird weit liberaler mit jungen Müttern im Parlamentssaal umgegangen. Die Aargauer Grünen-Nationalrätin Irène Kälin kann ihren Sohn mit in den Nationalratssaal nehmen.

Bedauern des Ratspräsidenten
Drei Stunden später war die Aufregung verraucht, und der Ratspräsident streute via Twitter Asche über sein Haupt: «Der Entscheid war ungeschickt. Bis zur nächsten Grossratssitzung wird das Ratsbüro eine pragmatische Lösung erarbeiten.» (sda)

(bzbasel.ch)

Du willst irgendwann Kinder? Dann schau dir diese Bilder NICHT an!

1 / 21
Du willst irgendwann Kinder? Dann schau dir diese Bilder NICHT an!
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Neuseelands Premierministerin nach Babypause zurück im Amt

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
99 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Rethinking
21.11.2018 18:26registriert Oktober 2018
Dafür gibt es den Mutterschaftsurlaub. Niemandem würde es in den Sinn kommen sein Baby ins Büro, auf die Baustelle oder an die Kasse mit zu nehmen...
58
Melden
Zum Kommentar
avatar
Birdie
21.11.2018 18:50registriert November 2016
Bis vorgestern hätte ich das auch daneben gefunden.

Nun durfte ich gerade eben diesen Montag die Erfahrung einer jungen Mutter mit Kleinkind in einer Vorlesung an der Uni machen. Das Kind hat immer wieder geschrien und es hat mich, sowie alle Anderen, extrem abgelenkt.

War ich vorher noch dafür, finde ich nach eigener Erfahrung, dass Babies an solchen Orten nichts zu suchen haben - tut mir Leid. Ich verstehe es aus der Sicht der Mutter, wenn man damit aber den Rest ablenkt ist aber etwas egoistisch.
71
Melden
Zum Kommentar
avatar
Spiessvogel
21.11.2018 20:29registriert März 2017
Wie gehabt, da muss wieder eine gesetzliche Regelung her. Eigentlich genügt ein klitzeklein wenig Verstand. Wenn das Baby ruhig schläft, was bekanntlich oft der Fall ist, kann es mit der Mutter im Saal bleiben. Wenn es schreit, was auch vorkommen soll, verlässt eine vernünftige Mutter unaufgefordert mit ihm den Ratsaal.
Alles ohne aufwändige Grossratsdebatte, mit einer klitzekleinen Aktivierung der grauen Masse unter der Schädeldecke.
30
Melden
Zum Kommentar
99
Zürcher Gericht verurteilt Online-Stalker von Jolanda Spiess-Hegglin
Das Bezirksgericht Pfäffikon hat zwei Online-Stalker der ehemaligen Zuger Kantonsrätin verurteilt. Sie erhalten bedingte Geldstrafen.

Das Bezirksgericht Pfäffikon hat beide Beschuldigte der Pornografie schuldig gesprochen. Dies geht aus den schriftlichen Urteilen hervor, die der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegen. Mit den Urteilen folgte das Bezirksgericht weitgehend den Anträgen der Staatsanwältin.

Zur Story