Weil sich die Zahl der Neuansteckungen mit dem Coronavirus auf einem hohen Niveau stabilisiert hat, verzichtete der Bundesrat am Mittwoch vorerst darauf, die Covid-Zertifikatspflicht auszuweiten.
Die Regierung wartet ab. Das, obwohl sich viele Kantone und Branchen in der vorgängigen Konsultation für eine Ausweitung ausgesprochen haben.
Erbitterte Gegner der Covid-Zertifikatspflicht sind insbesondere der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter Verband und Gastrosuisse. Sie fürchten sich vor enormen Umsatzeinbussen und wütenden Gästen.
Anders sieht es in der Bar- und Clubszene aus. Dort wird das Covid-Zertifikat an vielen Orten bereits seit Ende Juni eingesetzt. Mit nachhaltigem Erfolg, wie diverse Stimmen watson gegenüber bestätigen.
Nebst den Clubs, für die die Überprüfung des Zertifikats sozusagen Pflicht ist (sonst darf nicht getanzt werden), springen vermehrt auch Bars auf den Zug auf. «Das Covid-Zertifikat bietet die Möglichkeit, Barkultur wieder zu erleben. Denn auch in einer Bar wollen die Leute im Stehen etwas trinken, sich austauschen oder tanzen», so Alexander Bücheli von der Zürcher Bar- und Clubkommission (BCK).
Die Kontrolle des Zertifikats sei zwar mit personellem Aufwand verbunden, aber die Akzeptanz beim Zürcher Partypublikum sei gross. «Die Mehrheit der Gäste ist bereits geimpft.» Die Ungeimpften, die einen Test benötigen, würden im Schnitt 10 bis 20 Prozent ausmachen. «Das sehen wir auch daran, dass die Auslastung der Testzentren, mit denen die Bars und Clubs zusammenarbeiten, abnimmt.»
Ähnlich klingt es auch aus St.Gallen. Zwar ist dort die Impfquote rund 10 Prozent tiefer als in Zürich (55,6% sind vollständig geimpft), das Covid-Zertifikat in den Clubs aber nicht weniger akzeptiert. Anders als in Zürich seien die Ostschweizer Barbetreibenden noch etwas zurückhaltender, heisst es von Marc Frischknecht, Vorstandsmitglied von Nachtgallen. «Viele Bars denken aber darüber nach, das Covid-Zertifikat freiwillig am Eingang zu überprüfen.» So würden im Innenbereich die Schutzvorkehrungen wegfallen und die Gäste könnten entspannter ihr Bier geniessen, sagt Frischknecht. «Das ist aber immer auch eine Personalkostenfrage.»
In Basel sei man auf das Covid-Zertifikat ebenfalls gut eingespielt, so Jean-Marc Lüthy vom Verein Kultur & Gastronomie . «Für die Nachtschwärmer ist es eine Erleichterung, wenn die restlichen Schutzvorkehrungen wegfallen», sagt Lüthy.
Trotz der positiven Erfahrungen mit dem Zertifikat blickt man dem 1. Oktober mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn ab dann muss zahlen, wer sich per Test ein Covid-Zertifikat besorgen will. «Die kostenpflichtigen Tests sind die grosse Unbekannte», sagt Bücheli. Frischknecht aus St.Gallen ergänzt: «Es ist eine wirtschaftliche Frage. Verlieren wir Gäste durch die kostenpflichtigen Tests, könnte es schwierig werden. Denn unsere Branche ist nicht auf Rosen gebettet.»
Laut Bücheli sei die Kostenfrage entscheidend: «Wenn ein einzelner Test 50 Franken kostet, macht das niemand mit.» Aktuell versuche man deshalb herauszufinden, ob mit einer Konzentration auf ein bis zwei grösseren Testzentren Kosten gesenkt werden könnten. Dass die Tests durch die Musikclubs mitgetragen werden, sei aufgrund der jetzt schon infolge der Pandemie prekären finanziellen Situation ausgeschlossen, sagt Bücheli.
Trotz des Mehraufwands und der grossen Unbekannten im Herbst spricht sich die Clubszene für die Zertifikatslösung aus. «Sie ist sinnvoll, funktioniert und kurbelt hoffentlich die Impfbereitschaft an. Denn Impfen ist nicht nur Selbstschutz, sondern auch ein Zeichen der Liebe zur Nacht», sagt Bücheli aus Zürich.
lieber die die kommen wollen und dürfen, als niemand. ✌🏼
So kann ich als Geimpfter entscheiden wo ich NICHT hinein will.