Funda Yilmaz ist 25-jährig, Türkin und möchte gerne Schweizerin werden. Doch: Sie darf nicht. Obwohl sie in der Schweiz geboren ist, immer hier lebte und perfekt Schweizerdeutsch spricht. Der Fall aus dem Kanton Aargau sorgte in den letzten Wochen für Furore und vor allem: viel Unverständnis.
Würde Funda Yilmaz in einem anderen Kanton wohnen, hätte sie den Schweizerpass möglicherweise bereits. Denn wenn es um die Bürgerrechte geht, ist er besonders aktiv, der Kantönligeist. Der Vergleich.
Das Bundesgesetz schreibt vor: Wer Schweizer werden will, muss mindestens zwölf Jahre hier gelebt haben. Wobei die Jahre zwischen dem vollendeten zehnten und 20. Lebensjahr jeweils doppelt zählen. So streng wie die Schweiz ist sonst kein Land in Europa.
Doch nicht nur die Jahre, die jemand insgesamt in der Schweiz verbracht hat, zählen. Jeder Kanton kennt zusätzlich eigene Wartefristen.
Am strengsten ist der Kanton St.Gallen. Acht Jahre muss ein Ausländer im Kanton wohnen, vier davon ununterbrochen in derselben Gemeinde. Wer umzieht, hat Pech gehabt: Dann geht das Zählen nochmals von vorne los. In den Kantonen Bern und Genf genügen hingegen zwei Jahre.
Auf Anfang Jahr muss der Kanton St.Gallen jedoch die Anforderungen nach unten korrigieren. Gezwungenermassen. Mit dem neuen Bürgerrechtsgesetz ist noch maximal eine kantonale Mindestwohnsitzdauer von fünf Jahren erlaubt.
Somit müssen auch die Kantone Glarus, Graubünden, Nidwalden, Solothurn, Thurgau und Uri auf Anfang Jahr ihre Wohnsitzfristen nach unten korrigieren. In allen muss der Ausländer derzeit sechs Jahre wohnen, bevor er überhaupt an den Schweizerpass denken kann.
Auch auf Bundesebene wird die Wohnsitzfrist entschärft. Ab 2018 reichen noch zehn statt zwölf Jahre. Dafür reicht die B-Bewilligung zukünftig nicht mehr, um den Schweizerpass zu beantragen. Dafür braucht es eine C-Bewilligung.
Zwischen 2013 und 2016 wurden in der Schweiz 148'514 Ausländer eingebürgert. Oder anders ausgedrückt. Pro Jahr werden zwei von 100 Personen, die die nötige B- oder C-Bewilligung haben, Schweizer Bürger.
Auch hier gibt es unter den Kantonen starke Unterschiede. Dies zeigt der Blick auf die standardisierte Einbürgerungsquote, welche die Fachstelle für Statistik des Kantons St.Gallen berechnet hat. Die standardisierte Einbürgerungsquote widerspiegelt die Anzahl Einbürgerungen pro 100 Ausländern im Jahr, wenn die ausländische Wohnbevölkerung bezüglich Aufenthaltsdauer konstant über die Kantone verteilt wäre.
Am wenigsten Schweizerpässe werden im Kanton Glarus verteilt. Weniger als einer von 100 Ausländern wird hier pro Jahr eingebürgert. Auch geizig im Verteilen von Schweizerpässen sind die Kantone Thurgau, Basel-Landschaft, Nidwalden und Schwyz. Die fleissigsten Schweizermacher sind die Kantone Zürich, Genf, Waadt und Wallis.
Es gibt jeweils zwei mögliche Gründe, warum einige Kantone im Verhältnis viel weniger Schweizer machen als andere. Entweder die Wohnbevölkerung und deren Entscheidungsträger sind besonders zurückhaltend, was Einbürgerungen betrifft. Oder: Die Motivation sich einzubürgern, ist bei den Ausländern in diesen Kantonen viel tiefer.
Für die Einbürgerung dürfen Bund, Kantone und Gemeinden nur so hohe Gebühren verlangen, wie tatsächlich an Verfahrenskosten angefallen sind – so das Gesetz.
Dennoch: Die Gebühren unterscheiden sich von Kanton zu Kanton massiv. Die Karte zeigt die maximalen Gebühren, die ein Kanton für die ordentliche Einbürgerung einer Einzelperson verlangt, die über 25 Jahre alt ist.
Schweizer zu werden, kann vor allem in den Kantonen Solothurn, St.Gallen, Glarus , Zug und Basel-Landschaft teuer werden. Hier können die kantonalen Behörden 2000 Franken oder mehr für die Einbürgerung verlangen. Wobei im Kanton Glarus in diesem Betrag auch gleich die kommunalen Gebühren inbegriffen sind und es im Kanton Zug grosse Unterschiede geben kann. Die Gebühren variieren zwischen 400 und 2400 Franken.
Viel günstiger sind da Luzern, Waadt und Wallis. Diese Kantone stellen weniger als 400 Franken in Rechnung.
Liebe Ausländer, ihr wollt gerne Schweizer werden? Dann nehmt euch die obigen Analysen zu Herzen und zieht nicht in den ...
Sowohl bei der Wohnungsfrist als auch bei der Gebührenhöhe und der Zahl vorgenommener Einbürgerungen zählt Glarus zu den strengsten fünf Kantonen.
Dass die Glarner hinsichtlich Einbürgerung eher einen restriktiven Kurs fahren, zeigte sich dieses Jahr auch an der Urne. 50,4 Prozent der Glarner Stimmberechtigten sprachen sich gegen die erleichterte Einbürgerung der dritten Generation aus, die in den meisten Kantonen deutlich angenommen wurde. Auch streng sind die Kantone Basel-Landschaft und Thurgau.
Wenn du meinst, du hast jetzt den Durchblick, dann sei gewarnt – es ist alles noch viel komplizierter. Denn nicht nur die Kantone haben alle unterschiedliche Regelungen, sondern auch die Gemeinden innerhalb eines Kantons haben meist verschiedene Wohnsitzfristen und abweichende Gebühren und stellen unterschiedliche Anforderungen an die Bewerber. Die Schweiz – ein Einbürgerungsdschungel.