Am 2. Juni veröffentlicht das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den aktuellen Referenzzinssatz. Was verbirgt sich dahinter und welche Auswirkungen sind für Mieterinnen und Mieter zu erwarten? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Das aktuelle System ist seit September 2008 in Kraft. Seither gilt für Mietzinsanpassungen infolge von Änderungen des Hypothekarzinssatzes für die ganze Schweiz ein einheitlicher Referenzzinssatz. Er ersetzte den in den Kantonen früher massgebenden Zinssatz für variable Hypotheken. Mit dem Referenzzinssatz ist das System in der ganzen Schweiz vereinheitlicht worden.
Dies macht die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO). Alle Banken, deren auf Schweizer Franken lautenden inländischen Hypothekarforderungen den Gesamtbetrag von 300 Millionen Franken übersteigen, sind zur vierteljährlichen Meldung der Daten verpflichtet. Der Referenzzinssatz ergibt sich aus dem Durchschnitt aller ausstehenden Hypotheken dieser Meldungen.
Nach einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte können Mieterinnen und Mieter eine Reduktion des Mietzinses um 2,91 Prozent verlangen. Voraussetzung dafür ist bei langjährigen Mietverhältnissen aber, dass auch die früheren Erhöhungen weitergegeben wurden. Es kann sich also lohnen, die Mietzinsbasis im aktuellen Mietvertrag zu kontrollieren.
Das Bundesgericht hat dies so entschieden. Die Überlegung war, dass ein Mietzins, der zum Beispiel 1000 Franken beträgt und um 3 Prozent erhöht wird, 1030 Franken beträgt. Wenn der Hypothekarzins wieder um 0,25 Prozentpunkte sinkt und der Mieter eine Mietzinssenkung einfordert, dann sollte der Mietzins wieder 1000 Franken betragen. Und um von 1030 wieder auf 1000 zu kommen, braucht es eben nur 2,91 Prozent.
Die Mietzinsreduktion kann zum nächstmöglichen Kündigungstermin eingefordert werden, also in der Regel in drei Monaten.
Es dürfen 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung weitergegeben werden. Für die genaue Berechnung muss ein Blick in die Statistik geworfen werden, konkret auf den Landesindex der Konsumentenpreise. Die für die Miete relevante Teuerung wird auf Basis der Veränderung dieses Indexes seit der letzten Mietzinsanpassung berechnet. Wichtig ist dabei, dass die richtigen Monate und die Tabellen mit der richtigen Indexbasis verwendet werden.
Hier wird es definitiv kompliziert. Gemäss Bundesgericht müsste der Vermieter diese Kostensteigerung beweisen. Um die Berechnung zu vereinfachen, wenden viele Schlichtungsbehörden laut Auskunft des BWO aber einen Pauschalsatz an. Diese Pauschalen sind aber verschieden, teilweise auch je nach Alter der Liegenschaft abgestuft. Gemäss Auskunft des Hauseigentümerverbands sind in der Praxis weit verbreitet Pauschalen von 0,5 bis 1 Prozent pro Jahr. Im Streitfall verlangt die Gerichtspraxis, dass die Steigerung dieser Kosten durch einen konkreten Nachweis erbracht werden muss.
Bei der letzten Senkung des Referenzzinssatzes hat der Mieterinnen- und Mieterverband darauf hingewiesen, dass sich der Antrag für eine Mietzinsreduktion nicht in jedem Fall lohnt. Da die Vermieter die zuletzt vergleichsweise hohe Teuerung und «allgemeine Kostensteigerungen» mit der Mietzinsanpassung teilweise an die Mieter weitergeben können, kann es in einigen Fällen zu nur einer marginal tieferen oder sogar zu einer höheren Miete führen. Ein Senkungsbegehren sollte laut dem Mieterverband genau geprüft werden, bevor der eingeschriebene Brief verschickt wird. Dafür gebe es Onlinetools.
In der Regel wenden Genossenschaften die Kostenmiete an, welche den tatsächlichen Hypothekarzinssatz zu berücksichtigen hat und nicht den Referenzzinssatz. Teilweise stützen sie sich jedoch trotzdem auf ihn. Kein Thema ist bei den Genossenschaften eine pauschale Weitergabe der Teuerung, weil bei der Kostenmiete nur tatsächliche Kostensteigerungen, etwa für den Unterhalt, weitergegeben werden dürfen.
Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche halten es für etabliert, von allen Seiten anerkannt und nachvollziehbar. Es gibt aber auch Kritik: Zum Teil wünschen sich Akteure ein einfacheres System. Hingewiesen wird etwa auf die heutige Praxis bei Gewerbemietverträgen, bei welchen der Mietzins jährlich an den Landesindex der Konsumentenpreise angepasst wird. In den vergangenen 25 Jahren wurden zahlreiche Versuche unternommen, das Mietrecht zu revidieren, und verschiedene Modelle wurden diskutiert. Geändert hat sich aber nichts.
Von aktuell 1,50 Prozent dürfte der Referenzzinssatz nur noch einmal auf 1,25 Prozent fallen, sind sich Ökonomen einig. Laut Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile wäre ein Zins darunter nur «unter sehr extremen Szenarien denkbar». Dafür müssten die Leitzinsen deutlich ins Minus gehen. Auch in der recht langen Phase der Negativzinsen vor einigen Jahren war der Referenzzinssatz nie unter die Schwelle von 1,25 Prozent gefallen.
Alle Marktbeobachter halten einen erneuten Anstieg des Referenzzinses auf 1,75 Prozent derzeit für ausgeschlossen. Durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump seien die Wirtschaftsaussichten getrübt und auch die Inflation werde voraussichtlich tief bleiben, schreibt dazu UBS in einer am Donnerstag publizierten Studie. (rbu/sda/awp)