Sag das doch deinen Freunden!
Rudolf Strahm rüttelt auf: «Wir stossen an Grenzen bei der Integrationskapazität», sagt er im Zusammenhang mit dem momentanen Flüchtlingszustrom. Der hohe Anteil von Flüchtlingen in der Sozialhilfe sei «eine tickende Zeitbombe.» Sein Lösungsansatz: Arbeit statt Sozialhilfe. Wer sich weigert, dem werden die Leistungen gekürzt. Strahm fordert Jobprogramme für Asylsuchende und zwar möglichst früh im Asylprozess.
Gegenüber watson präzisiert er: «Ich spreche explizit nicht von der Privatwirtschaft.» Die Bauern zum Beispiel könne man ja gesetzlich nicht zwingen, Flüchtlingen Arbeit zu geben, wie die Vergangenheit bewiesen habe. «Ich spreche von Jobs bei den Gemeinden für die ersten ein, zwei Jahre des Aufenthalts.» Strahm stellt sich Jobs in den Werkhöfen vor oder in Wäldern, die gesäubert werden müssen.
Stefan Frey von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe gefällt Strahms Idee. Integration beginne am ersten Tag, sagt er. Und dazu gehöre auch die Arbeit. «Ganz am Anfang sind die Flüchtlinge dafür am motiviertesten.»
Es sei wichtig, diesen Menschen die erste Zeit in der Schweiz mit Arbeit zu verkürzen. Und: «Arbeiten sie von Anfang an, können sie rascher in den hiesigen Arbeitsmarkt integriert werden». Das koste zu Beginn zwar etwas mehr, auf längere Zeit werde es aber günstiger. «Weil die Flüchtlinge so nicht über Jahre Gelder von der Sozialhilfe beziehen.»
Tiefere Kosten, das müssten eigentlich alle begrüssen.
Ausgerechnet die SVP winkt ab, für sie kommt Strahms Vorschlag nicht in Frage. Heinz Brand, Migrationsexperte der Partei, ist wie Strahm der Meinung, dass die aktuelle Zuwanderung grosse Kosten verursache – aber: «Seine Rezepte halte ich für verfehlt und nicht zielführend.»
Das Konzept «fördern und fordern» funktioniere bestenfalls, und wenn überhaupt, für anerkannte Flüchtlinge. «Für Asylsuchende erachte ich es aber als unrealistisch und praxisfremd». Zum einen sei gar nicht so viel Arbeit für unqualifizierte Personen vorhanden, zum anderen dürfte die praktische Umsetzung mangels Begleitpersonal gar nicht möglich sein. «Ausserdem ist es mehr als fraglich, ob die Beteiligten hierzu auch Hand bieten», sagt Brand.
SVP-Sekretärin Silvia Bär ergänzt: «Durch die Idee von Rudolf Strahm würde ein riesiger Betreuungs- und Schulungsaufwand in den Gemeinden, den Kantonen und den RAV's entstehen.» Eine solche Aufstockung von staatlichen Stellen führe zu einem enormen Kostenschub.
Die FDP will Flüchtlinge rasch in den Arbeitsmarkt integrieren um die Sozialhilfe zu entlasten; allerdings erst wenn die Flüchtlinge anerkannt sind. Sprecherin Aurélie Haenni findet Rudolf Strahms Forderung indes unnötig.
«Die Kantone und Gemeinden haben mit geltendem Recht schon jetzt die Möglichkeit, die Sozialhilfe einzuschränken, wenn der Bezüger eine ihm zugewiesene Arbeit nicht annimmt.» Zudem gebe es bereits Beschäftigungsprogramme für Asylsuchende.
Eine ähnliche Haltung hat die CVP. Sie schreibt in einem Positionspapier zur Migration, dass Flüchtlinge während ihres Aufenthalts in den Bundeszentren nicht arbeiten sollen. Die CVP spricht sich während dieser Zeit gar für ein Arbeitsverbot aus. Danach sollen die Asylsuchenden «eine Lehre absolvieren oder nach ihren beruflichen Fähigkeiten im Arbeitsmarkt eingesetzt werden.»
Bei der SP rennt Strahm hingegen offene Türen ein. Die Partei fordert seit Jahren die Abschaffung des Arbeitsverbots für Asylsuchende. «Integration funktioniert am besten über die Arbeit, darum ist es widersinnig, Menschen, die arbeiten möchten und können, per Gesetz davon abzuhalten», sagt Sprecher Michael Sorg. Die Integrations-Massnahmen müssten so schnell wie möglich beginnen.
Auch für die BDP geht Strahms Idee genau in die «richtige Richtung». Der ehemalige Präsident Hans Grunder hat letzten Frühling einen entsprechenden Vorstoss eingereicht.
Balthasar Glättli von den Grünen schliesslich findet Arbeitsprogramme sinnvoll, ein Zwang sei allerdings nicht nötig. Es brauche einfachere kantonale Bewilligungsverfahren für die Einstellung von Flüchtlingen, damit die Schweiz das inländische Arbeitspotenzial von Flüchtlingen nutzen könne. «Und dann stehen die Unternehmen in der Pflicht, auch Flüchtlinge einzustellen», so Glättli.