Verträge mit der EU: Die Mitte ringt um die Frage des Ständemehrs
Die FDP hat sich früh festgelegt mit ihrer Position zum Vertragspaket mit der Europäischen Union. Was tut nun die Mitte? Gibt sie ebenfalls eine Empfehlung für das Abkommen ab?
Bisher vermied Mitte-Präsident Matthias Bregy eine klare Stellungnahme. In acht Tagen soll sich das ändern. Die Fraktionspräsidentin der Partei, Yvonne Bürgin, erklärt auf Anfrage: «Die Mitte wird am 29. Oktober detailliert informieren.»
Positive Beurteilung des Vertragspakets zeichnet sich ab
Ende Monat läuft die Vernehmlassung zu den EU-Verträgen ab, die der Bundesrat im vergangenen Juni gestartet hat. Die Mitte-Mitglieder der aussenpolitischen Komissionen von National- und Ständerat schrieben eine Einschätzung zum Vertragspaket. Dieser Bericht ist dem Präsidium der Mitte zugestellt worden.
Gestützt auf dieses Papier gibt die Parteileitung in der kommenden Woche eine Stellungnahme zu den Abkommen ab. Es ist zu erwarten, dass das Präsidium die Verträge positiv beurteilt. Alles andere wäre eine Überraschung.
Umstritten in der Partei ist die Frage, ob in der Volksabstimmung über die Abkommen das Ständemehr gelten soll. Das würde die Hürde für eine Annahme erhöhen.
Die Ständeräte Marianne Binder und Pirmin Bischof gehören dem Mitte-Präsidium an. Binder sprach sich vor Monaten in der «Arena» des Schweizer Fernsehens dagegen aus, dass das doppelte Mehr zur Anwendung kommt. Binder verwies auf die Bundesverfassung. In ihr sei klar festgehalten, dass es im vorliegenden Fall kein Ständemehr brauche.
Pirmin Bischof hingegen findet, dass das Vertragspaket tief ins Schweizer Rechtssystem eingreife. Darum sei es angezeigt, dass das Bundesparlament die Abstimmung dem zweifach Mehr unterstelle.
Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter meint, dass sich das Präsidium der Partei in dieser Frage noch nicht festlegen sollte. Erstens liege erst eine definitive Vorlage vor, wenn sie im Parlament beraten worden sei. Zweitens habe die Konferenz der Kantonsregierungen noch nicht erklärt, ob sie das Ständemehr für nötig erachte oder nicht.
Die Konferenz wird sich bald zu dieser Frage äussern. Auf den kommenden Freitag ist eine ausserordentliche Plenarversammlung anberaumt worden. Ein Positionsbezug der Konferenz an den Bundesrat kommt zustande, wenn 18 der 26 Kantone die gleiche Meinung vertreten.
Delegierte der Mitte kommen erst am Schluss zum Zug
Wie positioniert sich das Präsidium der Mitte? Tritt es für das Ständemehr ein, lehnt es dieses ab – oder zieht es vor, noch abzuwarten? Mehrere Parlamentarier sagen, dass sich eine Tendenz zugunsten des doppelten Mehrs abzeichne.
Einerseits wolle die Parteispitze damit ein versöhnliches Zeichen an die Mitglieder senden, welche die EU-Verträge ablehnen. Den gleichen Plan verfolgte die neue Co-Leitung der FDP – doch die freisinnigen Delegierten sprachen sich am vergangenen Samstag relativ knapp dagegen aus.
Zweitens weisen Mitte-Parlamentarier darauf hin, dass die Partei in kleinen Kantonen der Zentral- und Ostschweiz stark sei. Würde sie sich gegen das Ständemehr positionieren, könnte das dazu führen, dass traditionelle Mitte-Wähler zur SVP abwandern.
Anders als bei der FDP werden die Delegierten der Mitte erst über das EU-Vertragspaket befinden, wenn das Parlament die Vorlage beraten und entsprechende Anpassungen an Schweizer Gesetzen vorgenommen hat. Es ist damit zu rechnen, dass die Delegierten der Haltung der Parteileitung folgen werden. (aargauerzeitung.ch)