Die Ambitionen waren gross: «Bis Ende 2012 ist die elektronische Übermittlung von medizinischen Daten unter den Teilnehmern im Gesundheitssystem strukturiert, medienbruchfrei und verlustfrei etabliert», heisst es im bundesrätlichen Bericht vom 3. Dezember 2010 zur Umsetzung der E-Health-Strategie.
Und weiter: «Bis Ende 2015 können alle Menschen in der Schweiz unabhängig von Ort und Zeit den Leistungserbringern ihrer Wahl den elektronischen Zugriff auf behandlungsrelevante Informationen ermöglichen.»
Papier, auch solches aus Amtsstuben, ist bekanntlich geduldig. Umgesetzt jedenfalls wurde davon so gut wie nichts, das Gesetz zum elektronischen Patientendossier ist zwar seit 2015 in Kraft, aber es ist derart zahnlos und kompliziert, dass es kaum Folgen zeigte. Und so reicht die Gesundheitspolitikerin und Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel, auf deren Postulat der besagte Bericht zurückgeht, auch mehr als zehn Jahre später noch immer Vorstösse zum gleichen Thema ein – etwa zu einem «verbindlichen Zeitplan für die digitale Transformation im Gesundheitswesen».
Der Bundesrat will jedoch nichts davon wissen: Er lehnt alle Vorstösse ab und streicht etwa in einer seiner Antworten vom Februar 2021 die Fortschritte beim elektronischen Impfbüchlein «Meine Impfungen» hervor, das dann drei Monate später definitiv eingestellt werden musste wegen gravierender Sicherheitsmängel.
Noch im April will der Bundesrat nun einen «Grundsatzentscheid» zum elektronischen Patientendossier (EPD) fällen, dabei dürften die Ärztinnen und Ärzte nachträglich doch noch zur elektronischen Erfassung der Daten gezwungen werden. So jedenfalls wollen es beide Kammern des Parlaments, die eine entsprechende Motion verabschiedet haben. Ob die Regierung es dabei belässt oder weitere Reformen und einen Neustart wagt, ist unklar.
Dies wäre dringend notwendig, hält FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt fest. Die sogenannte «doppelte Freiwilligkeit», wonach nebst den Patientinnen und Patienten auch die Ärzteschaft keinen EPD-Zwang kennt, müsse jetzt aufgehoben werden. Zudem brauche es ein einheitliches System mit einer zentralen Datenstelle.
Denn: «Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet enorm schnell voran, digitale Instrumente gewinnen an Bedeutung in der Prävention, der Diagnose und der Therapie.» Dazu brauche es die passende Infrastruktur, aber das alleine reiche nicht, sagt Silberschmidt. Die Menschen im Gesundheitswesen müssten entsprechend ausgebildet werden.
Deshalb fordert Silberschmidt nun per Motion die Revision verschiedener Rechtsgrundlagen im Bildungsbereich: Sämtliche Gesundheitsfachpersonen sollten bei der «Aus-, Weiter- und Fortbildung jene digitalen Kompetenzen erlernen, die es in der Berufspraxis braucht – und immer stärker brauchen wird», wie der FDP-Nationalrat betont.
Nur wer wisse, wie man die digitalen Tools sachgerecht verwende, setze sie dann auch richtig ein. Und es geht laut Silberschmidt um weit mehr als um ein paar rudimentäre Angaben im elektronischen Patientendossier. Im Fokus stünden der Einsatz digitaler Instrumente für die interprofessionelle Zusammenarbeit, der Umgang mit Big Data sowie künstlicher Intelligenz, der Einsatz digitaler Entscheidungshilfen in der Behandlungskette sowie der Datenschutz.
Bei all diesen Themen habe das Schweizer Gesundheitswesen einen grossen Rückstand im Vergleich zum Ausland, sagt Silberschmidt. Roche-Chef Severin Schwan formulierte es im vergangenen Jahr so:
Und auch Novartis-Präsident Jörg Reinhardt erachtet die mangelnde Digitalisierung der Patientendaten in der Schweiz als «Problem», wie er jüngst, anlässlich der Einweihung des neuen, konzerneigenen Pavillons in Basel, sagte.
Das Parlament, das noch vor ein paar Jahren Alain Bersets EPD-Gesetz alle Zähne gezogen hatte, macht nun kräftig Druck. So hat nach dem Ständerat in der Frühjahrssession auch der Nationalrat einer Motion von Mitte-Ständerat Erich Ettlin zugestimmt, in der er gar die Bildung einer Taskforce verlangt, um endlich den Rückstand bei der digitalen Transformation im Gesundheitswesen aufzuholen – und zwar einstimmig. Und gegen den Willen von Gesundheitsminister Berset.
Auch Andri Silberschmidts Vorstoss findet breiten Zuspruch, Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiker aller Parteien haben ihn unterschrieben, auch Mitte-Nationalrätin Humbel. (aargauerzeitung.ch)
Habe eine genetische progressive Krankheit und kann selber Zeitnah darauf reagieren. Da leben einige Ärzte noch in der Steinzeit.
Jada jada Sicherheit, mir egal, werde wahrscheinlich nicht so alt und (bin 30 Prognosen 50-60) wenns jemand leaked, so what? Man lebt nur einmal.
Schös tägli.