Seitdem Bundesrat Didier Burkhalter seinen Rücktritt bekanntgegeben hat, wird er als möglicher Nachfolger gehandelt: Christian Lüscher, 53, FDP-Vize und Genfer Anwalt.
Am 29. Juni hat der «Tages-Anzeiger» Lüscher ein Porträt mit Titel «Der Gordon Gekko der Wandelhalle nimmt Anlauf» gewidmet. Das darin skizzierte Bild des Politikers ist nicht besonders schmeichelhaft. «Freundliches Lächeln. Eiskalter Blick», so der Einstieg des Textes.
Zur Sprache kommt im Artikel unter anderem Lüschers Verwicklung in einen umstrittenen Deal mit Potentatengeldern des nigerianischen Abacha-Clans. Auch mit der Kasachstan-Affäre wird er in Verbindung gebracht.
Wie der «Tages-Anzeiger» am Tag nach der Publikation publik machte, reagierte Lüscher mit einem «Wutausbruch» auf den Text. Er habe den Journalisten in einem Mail in trumpesker Manier beschimpft. watson liegt der ganze Mailverlauf vor.
In den E-Mails feindet Lüscher den Redaktor an: «Sie sind dem Journalismus, was Marcel Ospel dem Bankwesen war: eine Schande.» Er müsse ein «vie horrible» haben, ein schreckliches Leben. «Sie wachen mit einem Hass auf jene auf, die es geschafft haben.»
Er sei zudem ein «lâche», ein Feigling, der sich hinter anonymen Quellen verstecke, die wahrscheinlich nicht existierten, schreibt der Politiker weiter. Auch die Grussformel des E-Mails lässt aufhorchen. Lüscher schreibt: «Je vous salue avec la considération que vous méritez.» Zu Deutsch etwa: «Mit den Grüssen, die Sie verdienen.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Lüscher und der besagte Journalist aneinander geraten. Bereits in einem E-Mail aus dem Jahr 2015 teilte Lüscher gegen den Redaktor, der damals beim «Blick» tätig war, aus. Lüscher: «Ich gehe davon aus, dass Sie weiterhin totalen Unsinn schreiben werden (...).»
Lüscher steht zu dem, was er geschrieben hat. Er kritisiert besonders, dass der Journalist ihn nie um eine Stellungnahme gebeten habe. Lüscher: «Ich bereue keine meiner Aussagen und ziehe auch nichts zurück.»
Der «Tages-Anzeiger» hingegen bilanziert in der Samstags-Ausgabe vom 1. Juli spitz: «So stellt man sich einen künftigen Bundesrat vor: ausgewogen, reflektiert, besonnen.»