Markus Somm klingt desillusioniert, wenn er auf sein aktuelles publizistisches Projekt zu sprechen kommt. 4500 Abonnenten zähle der «Nebelspalter», den Somm vom Satiremagazin zum rechtsbürgerlichen Newsportal umgebaut hat. «Das ist zu wenig, was die Einnahmen betrifft, zu wenig aber auch vom journalistischen Impact her», sagte Somm vor wenigen Tagen gegenüber «Inside Paradeplatz».
Neu ist diese Zahl nicht, Ähnliches war schon vor etwas mehr als einem halben Jahr auf dem Branchenportal «Persönlich» zu lesen. Damals aber sagte Somm, man habe «das Ziel erreicht». Jetzt wirkt es, als sässen Somm die rund achtzig Investoren im Nacken. Diese hätten hohe Erwartungen gehabt. Als Unternehmer, sagt Somm, esse er «hartes Brot». Kein Wunder: Als Fünfjahresziel hatte er einst 12'000 zahlende Abonnenten und ein Plus von 740'000 Franken vorgesehen. Solche Vorsätze scheinen zur Rennhälfte ziemlich weit entfernt.
2020 war Markus Somm angetreten mit grossen Plänen. Rund siebzig Financiers wie Ex-Banker Konrad Hummler oder Auto-Importeur Walter Frey hatten ihm den Kauf des «Nebelspalters» ermöglicht, des ältesten Satire-Magazins der Welt. «Immer hart gegen links und hart gegen rechts» wollte Somm fortan austeilen, mit einer Mischung aus Satire und Recherche. Vorbild waren «Le Canard enchaîné» aus Frankreich oder «Private Eye» in Grossbritannien. Daraus wurde wenig.
Von der Satire zumindest blieb nach Somms Relaunch der Website im März 2021 kaum etwas übrig, mal abgesehen von einem kurzen Gastspiel von Kabarettist Marco Rima in Form einer Videokolumne. Stattdessen setzte Somm hauptsächlich auf Recherchen zum Schweizer Politbetrieb, immer aus klar rechtsliberaler Warte.
Publizistisch war bald klar: Die Nische für eine solch klare Positionierung ist klein. Zwischen der «NZZ», «Weltwoche» und «Schweizer Monat» ist es nicht einfach, ein zum Zahlen bereitwilliges Publikum zu finden. Zumal der Nebelspalter von Beginn weg auf eine Bezahlschranke für eigene Inhalte setzte. Schwierig, damit schnell an Reichweite zu gewinnen.
Dies hatte auch einen Einfluss auf die Redaktion. Wer das Impressum des etwas mehr als zweijährigen Projekts verfolgt, merkt schnell: Selbst für ein Start-up ist die Personalfluktuation sehr hoch. Von der elfköpfigen Startformation arbeiten gemäss aktuellem Impressum nur noch fünf Leute beim Nebelspalter, mehrere sind dazwischen gekommen und bereits nach wenigen Monaten wieder gegangen. Oder mussten gehen: Bereits vor einem Jahr räumte Somm Personalreduktionen aus Kostengründen ein.
Nicht anders sieht es in der erweiterten Redaktion aus: Zwischenzeitlich zählte die Rubrik «ständige Mitarbeiter und Kolumnisten» sechzehn Personen. Mittlerweile sind es noch neun. Ganz auf dem neuesten Stand ist aber auch die Website nicht mehr: Informationen von CH Media zufolge hat etwa Somms Assistentin gekündigt, mit einem Redaktor befindet man sich in Trennung.
Gerne hätte CH Media diese und weitere Fragen mit den Verantwortlichen selbst angesprochen, doch Somm weilt derzeit in den Ferien, und Geschäftsleiter Christian Keller wollte keine Stellung nehmen.
Wer sich unter aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden umhört, erhält den Eindruck eines unsteten Betriebs. Das ist für ein Medien-Start-up nicht weiter überraschend. In den ersten Monaten sei viel diskutiert worden über die Ausrichtung der Plattform, Konzepte seien hin und her diskutiert worden. Vielleicht bezeichnend: Bereits nach einem Jahr beim «Nebelspalter» und wenigen Monaten in der Funktion als Redaktionsleiter kündigte ein Redaktor und kehrte zurück zur «Basler Zeitung».
Publizistisch in Erscheinung trat der Nebelspalter vor allem dann, wenn Markus Somm als Zugpferd auftrat: Seine Standpunkte verbreitet er in einem Newsletter («Somms Memo») und in einem Podcast (Bern einfach), der eigenen Angaben zufolge mehr als 150'000 Abonnenten zähle - was gut einem Drittel der Reichweite des «Echo der Zeit» entspricht. Auch diese Zahl hat Somm bereits im November 2022 genannt. Somm spielt dabei seine Stärke aus: pointierte Meinungsbeiträge. Diese lassen sich aber nicht so einfach zu Geld machen. Die grosse Reichweite liegt denn unter anderem auch daran, dass Somms persönliche Inhalte gratis zugänglich sind - was ebenfalls in der Redaktion mitunter für Verstimmung sorgen soll.
Nun könnte eine erneute Umstrukturierung Abhilfe schaffen. Ab August will der «Nebelspalter» online in neuem Kleid erscheinen - mit einer aufgeweichten Paywall. So sollen Interessierte künftig Artikel freischalten können, wenn sie vorher ein Werbevideo schauen.
Somm selber sei zuletzt eher selten auf der Redaktion anzutreffen gewesen, hört man. Vielleicht liegt dies auch an seinem Wunsch, sich stärker direkt in der Politik zu engagieren. Seit kurzem wirkt er im Vorstand der FDP Wädenswil und kümmert sich dort um das Dossier Öffentlichkeitsarbeit. (aargauerzeitung.ch)
Bei der SVP hätte er sicher gute Chancen, gewählt zu werden, bei der FDP hat er hoffentlich keine Chance.