Der Zoll-Streit zwischen der Schweiz und den USA wirft ein Schlaglicht auf eine Branche, die in der Schweiz eher ein Nischendasein fristet: den Goldhandel. Die Nähe zum Verarbeitungsstandort Italien, die lange Bankentradition und die politische Stabilität machten die Schweiz zu einer der wichtigsten Drehscheiben im internationalen Goldmarkt. Doch damit soll jetzt Schluss sein, fordert Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone: «Die Branche muss in der Krisenbewältigung helfen.»
Vier grosse Raffinerien stehen in der Schweiz. Eine in der Romandie, drei im Tessin. Seit vergangenem Dezember liefen der Schmelzöfen im Hochbetrieb. Der Grund ist ausgerechnet die Wahl vom Donald Trump zum neuen US-Präsidenten: Amerikanische Anleger reagierten auf die damit verbundene wirtschaftliche Unsicherheit mit einer grossen Nachfrage nach Gold.
Dieses wird häufig in London gelagert. Für seinen Weg über den Atlantik wird es von 400-Unzen-Barren in kleinere umgeschmolzen – eine Aufgabe, auf die sich die Schweizer Raffinerien verstehen. Der Gold-Boom erstreckte sich bis in den Frühling. Und wurde zur Hypothek in der Schweizer Handelsbilanz.
Inklusive Gold weist die Schweiz im laufenden Jahr im Handel mit den USA einen Überschuss von 48 Milliarden Franken aus. Ohne Edelmetall wäre es rund die Hälfte. Dieser Überschuss ist der Grund für Trumps Strafzölle.
Deshalb schlägt Mazzone nun einen Ausfuhrzoll von fünf Prozent auf Schweizer Edelmetalle vor. Bei einer jährlichen Ausfuhr von Gold im Wert von rund 100 Milliarden Franken wären dies 5 Milliarden. «Dieses Geld soll der Bund nützen, um abfedernde Massnahmen für die Wirtschaft zu finanzieren», verlangt Mazzone. Unter anderem die Kurzarbeitsentschädigung soll der Bund damit bezahlen.
Das ist aber nicht alles: Schon mehrfach verlangten die Grünen die bessere Nachverfolgbarkeit von Gold. «Es braucht schärfere Transparenzrichtlinien entlang der ganzen Lieferkette und Kontrollen», sagt Mazzone. Zudem sei Gold jeglicher Art dem Geldwäschereigesetz zu unterstellen. «Diese Branche ist ein weltweiter Treiber von Konflikten, Korruption und Menschenrechtsverletzungen. Sie bringt der Schweiz wenig ausser einem hohen Reputationsrisiko. Und jetzt hohe Zölle.»
Mazzone ist mit ihrer Kritik nicht alleine. Bis in die FDP reicht das Misstrauen gegenüber diesem eigentümlichen Industriezweig. Der Zürcher Nationalrat und Bankmanager Hans-Peter Portmann forderte jüngst in der «SonntagsZeitung» Massnahmen gegen die Goldexporte: «Es darf nicht sein, dass wegen einer Branche die ganze Schweizer Wirtschaft leidet.» Höhere Steuern für Goldraffinerien, Exportzölle oder gar Exportverbote hält Portmann für prüfenswerte Wege aus der schweiz-amerikanischen Handelskrise.
Christoph Wild ist Präsident der Vereinigung der Edelmetallfabrikanten und -händler. Befragt zu den Plänen der Politik sagt er: «Das ist völliger Unsinn. Mit solchen Zöllen könnte man den Schweizer Goldhandel gleich ganz verbieten.» Stattdessen brauche es jetzt innovative Lösungen. «Man müsste daran arbeiten, dass der physische Goldexport vielleicht nicht oder nicht vollumfänglich in der Güterhandlesbilanz erscheint, sondern zum Beispiel als Kapitalstrom, oder dass lediglich der Mehrwert der Dienstleistung Eingang in die Handelsbilanz findet.»
Ganz grundsätzlich hält Wild die Bedeutung des Goldes aber für überbewertet. «Der Boom prägte vor allem das Frühjahr. Das ist bereits vorbei.» Tatsächlich: Gemäss den neuesten Statistiken importierte die Schweiz seit April sogar leicht mehr Gold aus den USA als umgekehrt.
Für Wild ist das keine Überraschung. «Das ganze war ein Hype, basierend auf einer bestehenden Marktineffizienz sondergleichen.» Jetzt nachhaltig der Schweizer Goldindustrie an die Kandare zu nehmen, sei verfehlt.
Mehr Gehör finden bei Wild hingegen Forderungen nach mehr Transparenz. «Da rennt die Politik bei uns offene Türen ein», sagt er. Bereits seit vielen Jahren verlange die Industrie, dass nicht nur der gewerbsmässige Handel mit Bankedelmetallen dem Geldwäschereigesetz unterstellt ist. Mit der Einsetzung der Edelmetallkontrolle (EMK) als Aufsichtsorgan per 2023 seien grosse Schritte in die richtige Richtung getan.
Zudem verlange das revidierte Edelmetallkontrollgesetz, das 2025 vom Parlament verabschiedet wurde, strengere Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Edelmetallen entlang der Lieferkette – verbunden mit erweiterten Kompetenzen und stärkeren Sanktionsmöglichkeiten für die Kontrollbehörde. Wild weist in diesem Zusammenhang auch auf ein von der Branche initialisiertes Projekt hin, der bereits ab Ende Jahr für mehr Transparenz entlang der ganzen Lieferkette sorgen soll. (aargauerzeitung.ch)
Aber gleich eine ganze Industrie kaputt machen, kann wohl kaum die einfachste Lösung sein!