Ende letzten Monats gab Greenpeace bekannt, dass «Millionen» Italiener krebserregenden Stoffen ausgesetzt seien, die im Trinkwasser in grossen Mengen vorkommen. Dabei handelt es sich um PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) – Chemikalien, die seit Ende der 1950er Jahre im grossen Stil eingesetzt werden.
Diese Stoffe sind schwer abbaubar und erweisen sich als äusserst persistent, wenn sie in die Umwelt oder in unseren Körper gelangen. Aus diesem Grund werden sie auch «ewige Schadstoffe» genannt. «Im Gegensatz zu anderen Stoffen, die ausgeschieden werden, sobald wir ihnen nicht mehr ausgesetzt sind, reichern sich PFAS an und verbleiben im Körper», erklärt Nathalie Chèvre, Toxikologin an der Universität Lausanne.
«Ausserdem sind wir dem ständig ausgesetzt. PFAS sind buchstäblich überall», fügt sie hinzu.
Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Erhebung zählte über 17'000 kontaminierte Standorte in Europa, davon rund 300 in der Schweiz. «Wir verwenden diese Stoffe schon so lange und in so vielen verschiedenen Bereichen, dass eine solche Verschmutzung nicht überraschend ist», sagt die Forscherin.
Einige Standorte seien stärker verschmutzt als andere, erklärt sie. Dies ist insbesondere auf Übungsplätzen für Feuerwehrleute der Fall, da einige Feuerlöschschäume PFAS enthalten. Auch Ski- und Bergsportgebiete können betroffen sein, da diese Stoffe in wasserdichter Kleidung für den Berggebrauch sowie in Skiwachsen enthalten sind. Zu den grössten Verschmutzungsquellen zählen auch Schiessstände und Industrieanlagen.
Vor allem aber sind PFAS in zahllosen Alltagsgegenständen enthalten: von der Teflonpfanne bis zur Kleidung, von Textilien bis zu Kunststoffen. «Jedes Mal, wenn Sie duschen, setzt das Wasser ein wenig PFAS frei, mit denen Ihr Duschvorhang beschichtet ist», veranschaulicht Nathalie Chèvre.
«Viele PFAS gelangen auch in die Luft, vor allem in Wohnungen, wo wir sie besonders oft finden», so die Toxikologin weiter. Einige lösen Kunststoffe und Beschichtungen ab und gelangen als Staub in die Luft. Andere sind in bestimmten Produkten enthalten, beispielsweise in Schuhimprägnierspray.
Sobald diese Stoffe in die Umwelt gelangen, werden sie von den Meeres- und Luftströmungen mitgerissen und sind so stark in Bewegung.
Aufgrund dieser Mobilität der Stoffe sind Menschen, die weit entfernt von Emissionszonen leben, häufig am stärksten gefährdet.
Die gesundheitlichen Folgen sind gravierend. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur können diese Stoffe Probleme wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit, Fruchtbarkeitsprobleme und Krebs verursachen. Für bestimmte PFAS seien mehrere gesundheitsschädigende Wirkungen nachgewiesen, ergänzt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), allerdings seien die Kenntnisse in diesem Bereich noch unvollständig.
Nathalie Chèvre weist darauf hin, dass es sich bei PFAS um 14'000 verschiedene Stoffe handelt, die unterschiedlich toxisch sind und sich in der Umwelt unterschiedlich verhalten. «Um ihre Wirkung zu analysieren, müssen wir uns auf jede dieser Substanzen speziell konzentrieren.»
Die Folgen von PFAS sind noch nicht vollständig bekannt. Noch weniger bekannt sind jedoch die Technologien zu ihrer Extraktion aus der Natur. «Viele Unternehmen und Start-ups beginnen jetzt, nach Lösungen zu suchen, aber wir stehen noch am Anfang», sagt Nathalie Chèvre.
Eines ist sicher: Die Rechnung wird hoch sein. Das SRF hat ausgerechnet, dass die Sanierung von PFAS die Schweiz in den nächsten zwanzig Jahren bis zu 26 Milliarden Franken kosten könnte. Auf europäischer Ebene könnten die Kosten laut Le Monde auf 100 Milliarden pro Jahr ansteigen. Für die französische Tageszeitung stellt diese Verschmutzung «eine perfekte Katastrophe dar, dystopisch in all ihren Dimensionen.»
«Das Wichtigste wäre, ihre Produktion und Verwendung zu stoppen – ausser in absolut notwendigen Fällen», empfiehlt Nathalie Chèvre und nennt als Beispiel die Schutzkleidung von Chirurgen. In vielen Fällen, so glaubt sie, «handelt es sich um zusätzlichen Komfort, auf den wir verzichten könnten.»
Das Problem besteht darin, dass es sehr schwierig ist, auf individueller Ebene zu handeln. «Wer sich pestizidfrei ernähren möchte, kann auf Bio-, Saison- oder regionales Gemüse zurückgreifen», erklärt die Toxikologin. «Die Vermeidung von PFAS ist viel komplizierter: Meistens gibt es keine Möglichkeit herauszufinden, ob ein bestimmtes Produkt es enthält oder nicht.»
Es gibt Produkte, die als PFAS-frei gekennzeichnet sind. Allerdings, betont Nathalie Chèvre abschliessend, «müssen wir noch herausfinden, durch welche Stoffe sie ersetzt wurden.»
Schaffen wir mit unserer in Sachen Umwelt abwartenden und beobachtenden Regierung niemals aber vielleicht helfen uns ja die fremden EU Richter, dass wir uns nicht zu Tode vergiften.
Ich glaube auch, dass Fingerpointing fehl am Platz ist. Wir alle haben davon profitiert und die meisten Anwender haben den Stoff in der Meinung etwas gutes zu tun, verwendet.
PFAS wird verwendet um den Verbrauch anderer Ressourcen zu reduzieren. Im guten glauben wurden substituiert. Im nachhinein falsch. Aber bei der Substitution von PFAS sollten wir den Fehler nicht wiederholen.
Die Lösung der Problems muss daher gut gemacht, nicht nur gut gemeint sein!