Der Bundesrat hat am Mittwoch die Beschaffung eines Impfstoffes gegen die Affenpocken beschlossen. Insgesamt sollen 100'000 Impfdosen gekauft werden. Zudem soll ein Arzneimittel zur Behandlung beschafft werden. Die Kosten belaufen sich auf über 8 Millionen Franken.
Eine zentrale Beschaffung durch den Bund dränge sich auf, da die Firmen zurzeit nur Staaten beliefern, teilte der Bundesrat am Mittwoch mit. Der Bund will 40'000 Dosen gezielt für den Kampf gegen die Ausbreitung der Affenpocken beschaffen. Daneben will die Armee 60'000 Impfdosen als Reserve beschaffen, die auch bei einem Ausbruch anderer Pockenviren eingesetzt werden kann. Der Bund geht von rund 20'000 impfwilligen Personen aus, räumt aber ein, dass Schätzungen schwierig seien.
Zudem sollen insgesamt 100 Einheiten für die Behandlung von Erkrankten beschafft werden. Gemäss Mitteilung belaufen sich die Kosten für den Impfstoff und das Medikament sowie für deren Verabreichung auf rund 8,6 Millionen Franken. Die Kosten werden vorerst vom Bund übernommen. Es müsse zuerst die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten übernehmen könne, schreibt der Bundesrat.
Die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) empfiehlt eine Impfung insbesondere Männern, die Sex mit Männern haben. Derzeit sind fast ausschliesslich Männer unter den Erkrankten. Der Bund kennt gemäss Mitteilung vom Mittwoch nur drei Fälle, in denen Frauen betroffen sind.
Entsprechend erfreut zeigte sich Pink Cross, der Schweizer Dachverband der schwulen und bisexuellen Männer, über den Entscheid des Bundesrats. Allerdings betont die Organisation, dass jetzt die Kantone gefordert seien, die Impfungen möglichst rasch zu verabreichen.
Die Organisation bezweifelt allerdings, dass die bestellte Menge ausreicht. Der Bundesrat schreibt, dass die am stärksten gefährdeten Personen prioritär behandelt werden müssten, sollte die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Kontingente übersteigen.
Der Bund empfiehlt auch medizinischem Personal, sich präventiv impfen zu lassen. Ausserdem sollen sich Kontaktpersonen von Erkrankten impfen lassen, damit die Infektionsketten unterbrochen werden. So würden Schwangere, Kinder und alle anderen Risikopersonen geschützt.
Wann der Impfstoff in die Schweiz geliefert wird, kann der Bund noch nicht sagen. Ausserdem gibt es noch keine Zulassung durch die Heilmittelbehörde Swissmedic - weil noch kein Antrag eines Herstellers eingereicht wurde, wie der Bundesrat schreibt. Impfstoffe und Arzneimittel können aber trotzdem angewandt werden, sofern die Betroffenen entsprechend informiert werden.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) will den Impfstoff in Zusammenarbeit mit der Armeeapotheke bei der Firma Bavarian Nordic sowie das antivirale Arzneimittel Tecovirimat des Herstellers SIGA kaufen. Das Arzneimittel soll schwere Verläufe und Komplikationen bei erkrankten Personen verhindern.
In der Schweiz und in Liechtenstein sind bis am Mittwoch 424 Fälle von Affenpocken gemeldet worden. Bei Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa vierzig Jahren ausgerotteten Pocken. Die Krankheit beginnt in der Regel mit hohem Fieber und entwickelt sich schnell zu einem Hautausschlag mit Krustenbildung.
Die Infektionserkrankung wird von Tieren, vermutlich von Nagetieren, auf den Menschen übertragen (Zoonose). Von Mensch zu Mensch erfolgt die Übertragung durch nahen Körperkontakt. Ansteckend sind Infizierte ab dem Auftreten erster Symptome bis zum Ende des Hautausschlags. Ist die Infektion überstanden, sind die Kranken gegen künftige Ansteckungen mit den Affenpocken immun.
(aeg/sda)