Um Tempobusse zu rechtfertigen: Glarner Polizist soll Beweisbilder manipuliert haben
Wegen einer Baustelle durften Autofahrerinnen und Autofahrer im Frühling 2021 über den Kerenzerberg GL nur Tempo 50 statt 80 fahren. Durch die kurzzeitige Geschwindigkeitsreduzierung hagelte es von der Glarner Polizei Bussen an Autofahrende, welche die Anpassung missachtet oder übersehen hatten. Weil sich ein Lenker gegen seine Busse wehrte, kam es nun zu einer unerwarteten Wendung.
Einer der Autofahrer, der die Geschwindigkeitsanpassung auf der Strecke gemäss eigener Angabe gar nicht mitbekommen hatte, war Markus Liver. Er akzeptierte die Strafe deshalb nicht und zog vor Gericht. Seine Begründung: Die 50er-Tafel sei schlecht sichtbar und daher nicht gültig gewesen. Laut dem SRF bekam er daraufhin vom Glarner Obergericht recht. So soll der Blitzer mit Bedacht so platziert worden sein, dass überdurchschnittlich viele Lenker in die Falle tappen würden.
Polizei schickt manipuliertes Bild ein
Später landete der Fall vor dem Bundesgericht, wo anders entschieden wurde. Schlussendlich kam der Fall damit erneut vor das Obergericht und abermals wurde Liver freigesprochen. Während der erneuten Untersuchung des Falls wurden nämlich Beweisbilder der Glarner Kantonspolizei eingefordert und genauer unter die Lupe genommen.
Solche Fotos, die den genauen Standort der Beschilderung zeigen sollen, sind laut dem Bundesamt für Strassen Astra Pflicht. Diese Fotos wurden aber bei der ersten Untersuchung von der Kantonspolizei gar nicht eingereicht, wie SRF berichtet.
Als diese dann für die erneute Begutachtung eingefordert wurden, stellte sich heraus, dass das eingeschickte Bild unmöglich aus dem Zeitraum vom Frühling 2021 stammen konnte. Liver dokumentierte nämlich, nachdem er geblitzt wurde, den Standort. Darauf ist klar ersichtlich, dass die Bäume, als er gebüsst wurde, noch kahl waren. Die Bäume auf dem eingereichten Bild der Polizei trugen hingegen bereits Blätter.
Nun wird dem zuständigen Polizisten vorgeworfen, die Bilder manipuliert zu haben. Das Glarner Obergericht geht davon aus, dass die Situation von der Polizei nachgestellt und dann fotografiert wurde – ohne dies offenzulegen.
Bis zu 600 ungültige Bussen
Laut SRF war für die Geschwindigkeitskontrollen in allen Fällen der gleiche Kantonspolizist verantwortlich. Dieser habe laut des Medienunternehmens «krass unterschiedliche Angaben» zum genauen Standort des Tempo-50-Schilds gemacht. Im Urteil des Obergerichts wird darum von Manipulation gesprochen. Die Glarner Polizei hat daraufhin bekanntgegeben, dass der Fall intern untersucht wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Neben Markus Liver sind noch vier weitere Gebüsste vor Gericht gegangen. Sollte das Urteil des Glarner Obergerichts rechtskräftig werden, dürften sie und 600 weitere ihre Bussen nicht bezahlen müssen.
(sav)
