Den Schweizer Bauern weht derzeit ein rauer Wind entgegen. Geht es nach der Steuerverwaltung des Bundes, sollen die Landwirte ihre Wohnhäuser künftig nicht mehr zu vergünstigten Tarifen versteuern dürfen. Entsprechende Pläne machte der Tages-Anzeiger Anfang Woche publik.
Nun gerät bereits das nächste Bauern-Privileg unter Beschuss: Die Jungen Grünliberalen fordern, dass den Landwirten die Benzin-Vergünstigungen gestrichen werden. «Die Schweizer Bevölkerung zahlt derzeit Millionen an Subventionen für billigen Diesel in der Landwirtschaft», kritisiert Pascal Vuichard, Chef der Jungpartei. Aus finanz- und klimapolitischer Sicht sei das ein «fataler Fehlanreiz».
Der Liter Benzin oder Diesel kostet einen Bauern rund 60 Rappen weniger als einen gewöhnlichen Verkehrsteilnehmer. Zwar tanken die Landwirte zum vollen Preis – sie können aber den Mineralölsteuerzuschlag und einen Teil der Mineralölsteuer bei der Oberzolldirektion des Bundes zurückverlangen.
Je nach Grösse des Betriebes haben sie eine bestimmte Menge vergünstigten Treibstoffs zugute. Insgesamt erhielten die Bauern letztes Jahr 66 Millionen Franken auf diesem Weg zurück, wie es beim Eidgenössischen Finanzdepartement auf Anfrage von watson heisst.
Das Tank-Privileg sei nicht mehr zeitgemäss, argumentiert Vuichard. Solange die Bauern Treibstoffe vergünstigt beziehen könnten, hätten sie keine Motivation, auf umweltfreundliche Elektro-Traktoren umzusteigen. «Dabei produzieren bereits heute viele Bauern auf ihrem Hof Solarstrom, den sie direkt vor Ort nutzen können.»
Die Junge GLP schlägt deshalb vor, die Benzin-Verbilligungen durch eine Art Prämie für E-Traktore zu ersetzen. «Die frei werdenden 66 Millionen könnten eingesetzt werden, um umweltfreundliche Technologien zu fördern.»
Die Idee kommt auch bei der Mutterpartei gut an. Nationalrätin Kathrin Bertschy prüft, einen entsprechenden Vorstoss im Parlament einzureichen, wie sie zu watson sagt. Sie war es auch, die die Debatte über die Steuerprivilegien der Bauern bei den Wohnhäusern ins Rollen gebracht hatte.
Für Sandra Helfenstein, Sprecherin des Schweizerischen Bauernverbands, ist es unverständlich, «warum man im Moment so auf die Landwirtschaft schiesst». Sie betont, dass «das heute bereits unterdurchschnittliche Einkommen der Bauernfamilien weiter sinken» würde, setzte sich die Idee aus der GLP-Küche durch.
Helfenberger will die Vergünstigung der Treibstoffe nicht als «Privileg» verstanden wissen. Schliesslich werde der Mineralölsteuerzuschlag erhoben, um damit den Bau von Nationalstrassen zu finanzieren. «Die Bauern nehmen diese Strassen jedoch nicht in Anspruch, wenn sie auf den Feldern herumfahren.»
Und wenn Landwirte privat mit ihrem Auto unterwegs seien, zahlten sie den vollen Benzinpreis – zumal sie nur so viel vergünstigte Treibstoffe zugute haben, wie ein Bauernhof der entsprechenden Grösse im Normalfall verbraucht. Die Verbandssprecherin verweist weiter darauf, dass es hierzulande aktuell noch gar keine Elektro-Traktoren zu kaufen gebe. «So kann man den Kauf auch nicht fördern.»
Tatsächlich präsentierte der Traktor-Hersteller John Deere erst Anfang Jahr seinen ersten E-Traktor, der deutsche Konzern Fendt will im kommenden Jahr ein erstes Modell auf den Markt bringen. Die Hersteller versprechen eine Reduktion des CO2-Ausstosses, auch die Betriebskosten sollen dank der Technologie sinken. Zudem sollen keine Abgase und Ölrückstände mehr in die Ackerböden gelangen, wie die Zeitung «Schweizer Bauer» berichtete.
Zumindest in der Leserschaft der Agrarzeitung scheint die Technologie auf Interesse zu stossen. In einer nicht-repräsentativen Online-Umfrage gaben zwei Drittel der Teilnehmer an, dass sie sich einen E-Traktor auf ihrem Betrieb vorstellen können.