Es galt als bahnbrechend, als 2015 an der UN-Klimakonferenz 197 Staaten und die EU einen völkerrechtlich bindenden Vertrag unterschrieben, mit dem sie sich dazu verpflichteten, den Klimawandel zu bremsen und seine Auswirkungen abzufedern. Inzwischen sind fast zehn Jahre seit dem Abschluss des Pariser Klimaabkommen vergangen.
Frauke Röser hat dieses Jubiläum zum Anlass genommen, in einem Bericht fünf positive Entwicklungen auszuweisen. Im Interview erklärt die deutsche Expertin für Klimapolitik und Mitgründerin des New Climate Instituts, wie gross deren Einfluss auf die Klimakrise ist.
Warum haben Sie einen «optimistischen» Klimabericht geschrieben?
Frauke Röser: Ich arbeite seit über 20 Jahren in der Klimapolitik. Und früher oder später kommen vermutlich die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter in diesem Bereich an den Punkt, an dem sie sich fragen: «Was mache ich hier eigentlich? Lohnt sich meine Arbeit? Kommt unsere Gesellschaft bei der Bekämpfung des Klimawandels überhaupt voran?» Darum beschreibe ich die Motivation für diesen Bericht gerne als «therapeutisch».
Dann schrieben Sie ihn hauptsächlich für sich selbst?
Natürlich nicht nur für mich selbst. Aber ja, ich konnte ein bisschen Optimismus gut brauchen, so wie viele Menschen. Denjenigen, die sich in allerlei Bereichen für Klimaschutz einsetzen, wollten wir mit diesen fünf herausgearbeiteten Punkten aber auch zeigen: Eure Anstrengungen waren nicht umsonst. Wir wollten ein Gegengewicht zu all den negativen Schlagzeilen zum Klimawandel, mit denen wir jeden Tag bombardiert werden, schaffen.
Wir sehen das bei unseren Klickzahlen auch: Artikel über den Klimawandel interessieren immer weniger Menschen. Viele haben genug von negativen Schlagzeilen, von Klimawandelpanik.
Das glaube ich. Ich hoffe darum, dass unser Bericht den Menschen wieder ein bisschen Mut macht und ihnen zeigt: Aufgeben ist keine Option. Denn ich glaube, das Gefährlichste ist, wenn die Menschen resignieren. Wenn sie glauben, dass sie nichts mehr gegen den Klimawandel tun können. Denn das stimmt nicht.
Haben Ihre Ergebnisse Sie auch selbst überrascht?
Obwohl viele Sachen theoretisch bekannt sind, haben mich zwei Punkte doch noch überraschen können, ja. Da wären als Erstes die Prognosen bezüglich des globalen Emissionsausstosses. Zum ersten Mal prognostizieren wir nämlich nicht mehr einen steten Anstieg der globalen Emissionen, sondern eine Abflachung der Kurve. Und in den G20-Staaten zeigt die Kurve gar erstmals nach unten. Das ist schon ein guter Anfang, aber natürlich passiert diese Entwicklung noch immer nicht schnell genug.
Und was ist der zweite Punkt?
Der betrifft die Prognosen zum Temperaturanstieg. Unter anderem aufgrund der von uns ausgewiesenen positiven fünf Entwicklungen berechneten wir bis zum Jahr 2100 einen globalen Temperaturanstieg von 2,7 Grad. Das ist natürlich noch immer alles andere als gut. Aber eine deutliche Verbesserung zu den 3,7 Grad, die die Wissenschaft noch vor zehn Jahren prognostiziert hat. Wir sind ein ganzes Grad runtergegangen! Das ist bemerkenswert, denn jedes gesunkene Zehntelgrad ist wichtig.
Im Bericht steht auch, dass das Klimaziel von 1,5 Grad Temperaturanstieg bis 2100 noch erreichbar ist. Ist das nicht Augenwischerei?
Augenwischerei ist es nicht. Theoretisch ist dieses Ziel noch erreichbar. Aber es ist dennoch eine sehr, sehr optimistische Prognose, ja. Trotzdem dürfen wir uns nicht von diesem Ziel abwenden. Denn wenn wir die 1,5 Grad überschreiten, bedeutet das, dass Millionen von Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren.
Was ist Ihr Fazit nach dieser Arbeit?
Unser Resultat macht zumindest vorsichtige Hoffnung: Wir konnten gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen aufzeigen, die man so vor zehn Jahren noch nicht für möglich gehalten hätte. Reichen diese Entwicklungen aus? Nein, natürlich nicht. Passiert es schnell genug? Nein, natürlich auch nicht. Es war darum auch schwierig, eine Balance zu finden zwischen Optimismus und Naivität. Wir wollten keinen Bericht schreiben, der komplett an der Realität vorbeigeht oder im schlimmsten Fall sogar noch als kontraproduktiv wahrgenommen werden könnte.
Haben Sie ein Beispiel für Entwicklungen, die vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wären?
In der Schwerindustrie, im Stahlsektor, wird jetzt etwa über Null-Emissionsstahl diskutiert. Vor zehn Jahren gab es diesen Diskurs gar nicht.
Befindet sich die Menschheit also zumindest auf dem richtigen Weg, um die Klimakrise zu …
Nein!
Diese Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Ja, aber es ist leider nun mal so: Wir befinden uns nicht auf dem richtigen Weg. Wir befinden uns nicht einmal auf dem richtigen Pfad. Wir stecken mitten in einer Klimakrise, die politisch auf keiner Ebene ernst genug genommen wird. Und das grösste Problem ist nach wie vor, dass wir keine systemische Transformation vorantreiben.
Was meinen Sie mit «systemische Transformation»?
Vielleicht ist das anhand des Beispiels Elektroautos verständlich. Wir investieren nun in klimafreundlichere Fortbewegungsmittel. Das ist ja schön und gut. Aber mit dieser Strategie ersetzen wir langfristig einfach alle Verbrennerautos mit Elektroautos. Dabei bräuchten wir ja nicht nur andere, sondern vor allem weniger Autos und breitere Mobilitätskonzepte. Wir regeln die Klimakrise nach wie vor mit Überkonsum. Doch eigentlich bräuchten wir grundlegend weniger Konsum. Eben, eine grundlegende systemische Transformation.
Welche Erkenntnis aus Ihrer Arbeit gibt Ihnen derzeit noch am meisten Hoffnung?
Die Tatsache, dass wir die Zukunft nach wie vor nicht voraussagen können. Trotz aller Forschung und Berechnungen. Das sehen wir ja jetzt bei der Solarindustrie. Experten haben ihre Entwicklung immer unterschätzt. Doch in den letzten paar Jahren ging es mit der Solarindustrie steil nach oben. Darum kann ich mir vorstellen, dass sich erneuerbare Energien viel schneller durchsetzen werden und es sich schon bald nicht mehr lohnen wird, in fossile Brennstoffe und damit zusammenhängende Technologien zu investieren.
Was wäre denn Ihr Wunsch für die Zukunft?
Dass wir die 1,5-Grad-Schwelle nicht überschreiten und dass fossile Brennstoffe verschwinden. Gesellschaftlich und politisch wünsche ich mir, dass die Klimakrise überparteilich ernst genommen wird und die Politik etwas dagegen unternimmt.
Und was wäre Ihr Wunsch für das neue Jahr?
Eben dieser Konsens in der Politik. Ich wünsche mir, dass man es endlich schafft, die Klimakrise nicht ideologisch zu besetzen oder gar noch immer Zeit damit zu verschwenden, darüber zu diskutieren, ob es den Klimawandel wirklich gibt. Dass man es hinbekommt, überparteilich zusammenzuarbeiten. Gegen die Klimakrise. Wenigstens Demokratien sollten das hinbekommen.
Und das wäre möglich in einem Jahr?
Ja, theoretisch ist alles möglich. Die Politikerinnen und Politiker könnten sich das ja mal für das neue Jahr vornehmen.
Jedes Wochenende liegt der Abfall nur so herum, Abfall, welcher auch in die Umwelt getragen wird. In jedem Bach, liegen Alu-Dosen und sonstiger Plastik Abfall, wie kommt der dort hinein!?
Ich Persönlich finde es super, was Ocean Clean, etc. auf der Welt leisten, sie Fischen alles aus den Meeren und Flüssen, aber täglich kommt dort noch mehr rein.
Weil einfach die Menschheit, es nicht lernen oder begreifen möchte bzw. Bildung nicht vorhanden.