Deutschpflicht im Cockpit: Swiss-Chef äussert sich kritisch
Die Swiss ist nach wie vor die profitabelste Airline im Lufthansa-Konzern. Doch der Schweizer Airline droht eine etwas weniger komfortable Landung als in früheren Geschäftsjahren, die von Rekordergebnissen geprägt waren. 2025 ist anders: «Wir sind mit den Ergebnissen hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben», sagte Swiss-Chef Jens Fehlinger kürzlich im Interview mit CH Media.
Mit ein Grund dafür, dass es keinen Rekordumsatz und keinen Top-Gewinn geben wird, ist die Situation im Cockpit. Denn der Lufthansa-Tochter mangelt es an Pilotinnen und Piloten. So sehr, dass sie sich im Frühling gezwungen sah, 1400 Flüge im darauffolgenden Sommer zu streichen.
Im März meldete sich ein Insider gegenüber CH Media zu Wort und machte auf die Ungleichbehandlung von Romands und Deutschschweizern bei der Swiss aufmerksam. Denn wer sich bei der Swiss und ihrer Schwesterairline Edelweiss bewerben will, muss Deutsch sprechen können. Damit habe ein grosser Teil der Schweizerinnen und Schweizer einen Nachteil, sich in einem mehrsprachigen Land bei den zwei grössten einheimischen Airlines zu bewerben, so der Insider. Denn ein Deutschschweizer oder ein Deutscher müsse zusätzlich nur eine Fremdsprache erlernen, nämlich Englisch. «Ein Romand oder Tessiner hingegen muss zwei Fremdsprachen können, Englisch und Deutsch.»
Grösserer Kandidatenkreis
Eine Swiss-Sprecherin sagte damals zu einer möglichen Lockerung: «Aktuell erachten wir die Deutschpflicht als zwingend.» Damit wolle man verhindern, dass es im Cockpit zu Missverständnissen oder Unklarheiten in der Kommunikation untereinander komme. Diese Regelung werde «regelmässig in grösseren Abständen» überprüft.
Fakt ist, dass sich der Kandidatenkreis für Piloten bei einer Lockerung der Regel vergrössern würde. Tatsächlich zeigt sich Swiss-Chef Fehlinger inzwischen dem Thema offener gegenüber. «Ich denke, dass wir die Deutschpflicht in den kommenden Jahren kritisch überprüfen sollten», sagt der 44-Jährige gegenüber CH Media.
Es gebe bereits erste europäische Airlines, die vorangehen und nur noch Englisch verlangen würden. Dies sei schliesslich die weltweit anerkannte Aviatik-Sprache. Gleichzeitig ist sich Fehlinger bewusst, dass er sich damit auf Glatteis bewegt. «Bei diesem Thema braucht es sehr viel Fingerspitzengefühl. Das würden wir natürlich vorab mit unseren Sozialpartnern erörtern.»
Keine Euphorie bei Cockpit-Crew
Der Pilotenverband Aeropers äusserte zuletzt eine eher ablehnende Haltung: «Wenn es darum geht, effizient und verständlich zu kommunizieren, speziell auch in Notfällen, ist es sehr hilfreich, wenn die Crew in der Muttersprache miteinander Probleme lösen kann», sagte Verbandssprecher Thomas Steffen. Im Hinblick auf die Personalsituation sehe die Aeropers die Sprachregel nicht als ersten Ansatzpunkt. Wichtiger seien konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen. Und diese wären nun mal bei einem grösseren Kandidatenkreis schwieriger verhandelbar.
Heute haben rund zwei Drittel aller Swiss-Pilotinnen und -Piloten den Schweizer Pass. Knapp 30 Prozent stammen aus Deutschland. Der Anteil deutscher Piloten ist in den vergangenen zwölf Jahren massiv gestiegen. 2013 kamen sie erst auf 11 Prozent. 2007 betrug ihr Anteil sogar nur 1 Prozent.
Lockerungen beim Kabinenpersonal
Ende Oktober sorgte Luxair im Heimatmarkt für Aufregung. Denn die Nationalairline des Grossherzogtums verlangt zumindest von ihren Kabinenangestellten nur noch Grundkenntnisse in Luxemburgisch, wie das Portal «Aerotelegraph» berichtete. Luxair nennt als Grund für die Massnahme die internationale Kundschaft und den Personalmangel. Und im Frühling hatte Peter Albers, Chef der Swiss-Schwester Lufthansa City Airlines, für Aufsehen gesorgt. Er sagte, er schliesse es künftig nicht aus, auch Kabinenpersonal einzustellen, das kein Deutsch spricht.
Bis eine allfällige Sprachregeländerung bei der Swiss Tatsache ist, könnte Fehlinger auch auf sich selbst zurückgreifen. Denn der Airline-Chef ist selbst Pilot, und machte bei seinem Stellenantritt Anfang Jahr keinen Hehl daraus, dass er auch für die Swiss ganz vorne sitzen will. Noch muss er sich aber gedulden: «Ich werde an anderer Stelle gebraucht und mit den Herausforderungen, die wir aktuell haben, wird sich das kurzfristig nicht ändern.» Stellt sich bloss noch die Frage, ob der Firmenchef entsprechend der internen Senioritätsregel als Co-Pilot Platz nehmen würde oder als Kapitän.
