Herr Auf der Maur, Sie sind gerade auf dem Weg ins Muotathal.
Ja, ich fahre zum Hölloch und tausche
mich dort mit unseren Leuten aus, die vor Ort sind.
Ihre Leute von der Schweizer Höhlenrettung sind in Kontakt mit den
Eingeschlossenen. Wie geht es ihnen?
Es geht ihnen gut, sie haben gestern
Besuch bekommen von unseren vier Rettern. Die sieben Touristen und
ihr Guide sind jetzt im Biwak, und verlassen es vorerst auch nicht.
Es regnet noch immer im Muotathal, am Nachmittag nehmen wir eine
Lagebeurteilung vor, dann können wir mehr sagen.
Wie muss man sich das Biwak
vorstellen?
Es gehört dem Trekking-Team, das auch
diese Tour durchführt, die brauchen das Woche für Woche. Das
heisst, es ist gut ausgerüstet.
Ist die Kälte ein Problem?
Nein, die Temperatur beträgt ungefähr sechs Grad, die Leute haben Schlafsäcke dabei und sonst hat es auch im Biwak weitere Schlafsäcke. Ausserdem gibt es eine gute Kücheneinrichtung. Wenn der Küchenchef
in Laune ist, dann werden die Leute also warm verpflegt werden. Es
ist sicher das am besten eingerichtete Biwak im ganzen Höhlensystem.
Wie lange reichen Essen und Trinken?
Können die Leute versorgt werden?
Ja, es mangelt ihnen an nichts, und
falls sie wirklich lange ausharren müssten, hat es auch noch weitere
Biwaks mit Nahrungsmitteln im Hölloch. Man plant solche Ereignisse
ja auch mit ein. Und im schlimmsten Fall können unsere Leute die
Eingeschlossenen mit Lebensmittel versorgen. Auch ein Höhlenarzt
stünde bei einem medizinischen Notfall zur Verfügung.
Die erste Prognose war, dass es bis
Mittwoch dauern könnte, bis die Leute wieder raus können. Bekommt
man da nicht irgendwann den Koller?
Nein, es ist ja nicht eng, das Biwak
liegt im Domgang. Der Name sagt schon, dass die Platzverhältnisse da
eher grosszügig sind. Ausserdem gibt es genug Luft und Höhlenwind.
Und dann sind die ja in der Gruppe zusammen, nicht alleine. Alles in
allem ist die Gefahr sehr klein, vorausgesetzt, man leidet nicht
gerade an Klaustrophobie. Aber dann würde man ja auch keine
Höhlentour mitmachen.
Und wie vertreibt man sich während
drei Tagen eingeschlossen in einer Höhle die Zeit?
Ich kann Ihnen sagen, was wir gemacht
haben, als wir einmal eingeschlossen waren: Wir haben Tee getrunken
und wieder Tee getrunken und zwischendurch einen Jass geklopft. Man
kann es sich ein bisschen vorstellen wie in einer Berghütte, einfach
mit einem Felsen über dem Kopf, anstatt einem Holzdach.
Die Gruppe wurde überrascht, als
sich der Schneefall abrupt in eine Regenschauer verwandelte. Hat der
Gruppenführer einen Fehler gemacht?
Nein, Wetterumschläge können
passieren. Sagen wir's so, die Wetterlage war sicher nicht optimal,
aber ich habe die Situation auch als ungefährlich eingeschätzt.
Klar kann man immer sagen, ‹bleibt besser zuhause›, aber dann könnte
man die Höhlentouren gleich ganz seinlassen. Es war sicher nicht
fahrlässig, die Trekkingleiter schauen ja auch im eigenen Interesse.
Und eben: Es ist niemand in Lebensgefahr oder so.
Es gibt mehrere alternative
Ausgänge. Allerdings sind diese nur für Profis zugänglich. Wieso?
Diese Zugänge sind technisch einfach
viel anspruchsvoller. Man muss zuerst mit Schneeschuhen auf die
Oberfläche steigen und dann 250 bis 300 Meter Höhendifferenz
überwinden. Es gibt da keine fixen Eisenleitern, das heisst, man
muss sich mit der Einseiltechnik in den Schächten abseilen. Das ist
nichts für Amateure.
Um 14 Uhr werden Sie erneut
informieren. Können Sie jetzt schon eine Prognose wagen?
Nein, ich kann zu diesem Zeitpunkt
wirklich nichts sagen. Wir müssen schauen, was das Wetter macht.
(wst)