Schweiz
Justiz

Grundsatzurteil: Verlässt ein Eritreer sein Land illegal, ist das kein Grund für Asyl

Grundsatzurteil: Verlässt ein Eritreer sein Land illegal, ist das kein Grund für Asyl

02.02.2017, 17:2102.02.2017, 18:13
Mehr «Schweiz»
epa04190221 Eritrean refugees live homelessly in a street as they wait for help from UNHCR in Sana’a, Yemen, 03 May 2014. Reports state over 210 Eritrean refugees, including women and children, called ...
Ein eritreischer Flüchtling (Symbolbild).Bild: YAHYA ARHAB/EPA/KEYSTONE
Migration
AbonnierenAbonnieren

Eritreische Flüchtlinge erhalten in der Schweiz kein Asyl mehr, nur weil sie ihr Heimatland illegal verlassen haben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen in einem Grundsatzurteil entschieden.

Bis Mitte letzten Jahres wurde eine illegale Ausreise aus dem Land am Horn von Afrika in der Schweiz als Fluchtgrund angesehen. Denn wer illegal aus Eritrea ausreist, riskiert dort eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) änderte diese Praxis jedoch am 23. Juni 2016.

Informationen vor Ort gesammelt

Basis dafür bildet ein Facts-Finding-Bericht über Eritrea, den das SEM Ende Juni veröffentlichte. Das SEM hatte im Februar und März in Eritrea Informationen gesammelt und überprüft, unter welchen Bedingungen Rückschaffungen möglich seien. Anschliessend beschloss es eine Anpassung der Asylpraxis.

Denn gemäss SEM ist die Bestrafung der illegalen Ausreise in Eritrea nicht mehr so schwerwiegend, dass sie die Flüchtlingseigenschaft begründen würde. Betroffen von dem Entscheid sind Eritreer, die keine «offene Rechnung» mit dem Militärdienst haben, also noch nie für den eritreischen Nationaldienst aufgeboten worden sind, vom Nationaldienst befreit oder aus dem Nationaldienst entlassen wurden.

Gericht bestätigt Praxis

Die Praxis wurde nun vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Es sei nicht davon auszugehen, dass einer Person einzig auf Grund ihrer illegalen Ausreise aus Eritrea eine Verfolgung oder genügend schlimme Sanktionen drohe, die ein Asyl in der Schweiz rechtfertigen würde, hiess es in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil.

So könnten illegal ausgereiste Personen problemlos zurückkehren und würden nicht generell als Verräter betrachtet oder hart bestraft. Dies sei nur der Fall, «wenn weitere Faktoren dazu kommen, welche die asylsuchende Person in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erschienen lassen», hiess es weiter.

Wegweisung nicht geklärt

Die Frage, ob Deserteure Asyl erhalten sollen, wurde nicht behandelt. Das Gericht äusserte sich auch nicht dazu, ob eine Wegweisung von vorläufig Aufgenommenen wegen einer drohenden Einziehung in den Nationaldienst oder aus anderen Gründe nicht zumutbar oder unzulässig wäre.

Zwangsausschaffungen bleiben ausgeschlossen, weil Eritrea sich weigert, Zwangsausgeschaffte zurückzunehmen. Das Urteil ist endgültig und kann nicht angefochten werden.

Nach neuesten Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) sind bei 634 abgewiesenen eritreischen Asylbewerbern entweder die Beschwerde noch vor Bundesverwaltungsgericht hängig oder die Beschwerdefrist läuft noch. Insgesamt stellten 2016 5178 Eritreer in der Schweiz ein Asylgesuch. 42,4 Prozent wurde Asyl gewährt, zusammen mit den vorläufig aufgenommen betrug die Quote 76,6 Prozent. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
53 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
gnp286
02.02.2017 18:04registriert Oktober 2016
"Zwangsausschaffungen bleiben ausgeschlossen, weil das Land sich weigert, Zwangsausgeschaffte zurückzunehmen."

Und die Schweiz zahlt noch Entwicklungshilfe. Na bravo.
20711
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pitsch Matter
02.02.2017 18:39registriert September 2016
Praktisch jeder Eritreer nimmt einem wirklichen Flüchtling z.B. aus Syrien einen Platz weg.
19228
Melden
Zum Kommentar
avatar
atomschlaf
02.02.2017 17:43registriert Juli 2015
Bravo! Ein Schritt in die richtige Richtung.
Langsam kehrt Vernunft ein.

Jetzt soll Sommaruga endlich eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea abschliessen.
15415
Melden
Zum Kommentar
53
Deutsche Finanzämter dürfen Schweizer Bankkonten abfragen

Schweizer Banken können Informationen zu Konten und Depots deutscher Kunden an die deutschen Finanzämter übermitteln. Das verletze kein Grundrecht und sei zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung gerechtfertigt, entschied der deutsche Bundesfinanzhof in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil.

Zur Story