Chinese in Bern wegen Menschenhandel und Prostitution vor Gericht
Vor dem Regionalgericht in Bern steht seit Dienstag ein 39-jähriger Chinese, der sich unter anderem wegen Menschenhandels und Förderung der Prostitution verantworten muss.
Er soll teilweise zusammen mit einem anderen Mann chinesische Wanderarbeiterinnen in die Schweiz gelockt und sie dann zur Prostitution gezwungen haben. Angeklagt sind zehn Taten, aber auch über 60 Versuche.
Laut Anklageschrift soll der Mann im Internet «Massagemädchen für die Schweiz» mit teilweise hohen Verdienstmöglichkeiten gesucht haben. Die Frauen hielten sich illegal und ohne Arbeitsbewilligung in der Schweiz auf.
Kaum da, schon Freier bedient
Am Dienstag räumte der Mann ein, dass die Frauen keine legalen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen hatten und sich illegal in der Schweiz aufhielten. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass er jeweils für die Frauen Wohnungen, etwa über die Plattform Airbnb, für mehrere Tage oder Wochen anmietete, wo sie dann ihre Dienste anbieten mussten. Zum Teil mussten die Frauen die Wohnungen und ihre Essen selber bezahlen.
Einige Tage vor der Ankunft der Frauen schaltete der Mann Annoncen auf einschlägigen Internet-Plattformen. Der Angeklagte holte die Frauen am Bahnhof ab, brachte sie zur Wohnung und dort mussten sie dann sogleich die ersten Kunden bedienen. Bis zu zehn Freier am Tag sollen es gewesen sein.
Angeklagter sieht sich nicht als Bordellbetreiber
Der Angeklagte betonte vor Gericht, er habe die Freier jeweils nur zur Wohnung der Frauen begleitet, dann sei seine Arbeit erledigt gewesen. Anders als in einem Bordell hätten die Frauen dann frei entscheiden können, zu welchem Preis sie arbeiteten. Er räumte ein, mit Stammkunden mitunter selber verhandelt zu haben. Am Ende sei der Entscheid aber bei den Frauen gelegen. Er habe die Frauen als Geschäftspartnerinnen respektiert.
Frauen, die über gute Sprachkenntnisse oder über eine legale Aufenthaltsbewilligung verfügten, oder solche, die andere Bedingungen aushandeln wollten, habe der Mann abgewiesen, heisst es hingegen in der Anklage.
Er habe gezielt Frauen gesucht, von denen er annehmen konnte, dass sie sich in der Schweiz nicht allein zurechtfinden würden. Der Angeklagte habe mit den Freiern verhandelt, ohne Rücksprache mit den Frauen zu nehmen.
Die Sexarbeiterinnen hätten die Freier nicht ablehnen können. Vielmehr hätten sie dem Angeklagten rapportieren müssen, wann Freier kamen und gingen und ob sie den vereinbarten Preis bezahlt hätten.
Mitunter wohnte der Angeklagte auch in den angemieteten Wohnungen - laut Anklage, um die Frauen direkt unter Kontrolle zu haben. Der Angeklagte selber sprach von einem Fall, in dem eine der Frauen Angst gehabt habe, allein in der Wohnung zu bleiben. Er habe sie dann beschützt.
Die Coronapandemie verschärfte laut Anklage die Situation für die Sexarbeiterinnen zusätzlich, da eine Heimkehr nach China nicht mehr möglich war. Manche der Frauen waren bereits illegal in der Schweiz oder reisten aus einem anderen europäischen Land in die Schweiz ein.
Das von den Frauen einkassierte Geld brauchte der Angeklagte für seinen Lebensunterhalt und zur Befriedigung seiner Spielsucht. Um eine Spielsperre im Casino zu umgehen, legte er in China gefälschte Dokumente vor, wie er vor Gericht einräumte. (sda)
