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Mann fühlt sich bei Leibesvisite von Polizistin erniedrigt.

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Bevor der junge Mann die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen musste, wurde er einer Leibesvisitation unterzogen. Und dabei offenbar erniedrigt.Bild: KEYSTONE

Erniedrigung bei der Leibesvisite: Junger Mann fühlt sich von Polizistin belästigt

Ein 23-jähriger Mann musste sich für eine Leibesvisitation auf dem Polizeiposten ausziehen. Hat ihn eine Beamtin dabei ausgelacht? Ein Fall für den Richter.
13.10.2018, 08:0813.10.2018, 08:42
Andreas Maurer / Schweiz am Wochenende
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Samstagnacht an der Langstrasse. Ein 23-jähriger Zürcher torkelt von einem Geburtstagsfest nach Hause. Die Streifenwagen «Limmat 4» und «Limmat 10» fahren vorbei. Gemäss Polizeirapport provoziert der Betrunkene die Patrouillen und streckt ihnen den Mittelfinger entgegen.

Eine Polizistin und drei Polizisten steigen aus, halten ihn an, durchsuchen ihn. Im Rapport notieren sie: «Verbal und körperlich renitentes Verhalten bei einer Personenkontrolle». Der Text dazu ist weniger bürokratisch formuliert.

Als «Schwuchteln», «Scheiss-Bullen» und «Wixxer» habe er die Polizisten beschimpft. «Er fasste sich an seine Genitalien und schrie, dass er uns seinen Penis zeigen werde», heisst es im Protokoll. Er wird abgeführt und in die Ausnüchterungszelle gebracht.

Er ist verunsichert und traut sich mehrere Monate nicht mehr, Frauen anzusprechen, wie er sagt. Erst mit der Hilfe einer Psychologin kriegt er die Kurve.

Auf dem Polizeiposten erhält der junge Mann tatsächlich die Gelegenheit, seine Hosen runterzulassen, wenn auch unfreiwillig. Für eine Leibesvisitation muss er sich nackt ausziehen. Der 23-Jährige wundert sich, dass auch die Polizistin dabei zusieht. Doch damit nicht genug. Er glaubt zu hören, wie sie zu ihren Kollegen sagt: «Schaut seinen Intimbereich an, schaut seinen Penis an. Damit kann er doch keine Frau befriedigen.» Der Mann fühlt sich erniedrigt. Die Frau habe ihre Machtposition ausgenützt, sagt er.

Der Spruch der Polizistin trifft einen wunden Punkt des jungen Mannes. Er ist verunsichert und traut sich mehrere Monate nicht mehr, Frauen anzusprechen, wie er sagt. Erst mit der Hilfe einer Psychologin kriegt er die Kurve. Doch damit ist die Sache noch nicht abgeschlossen. Von der Polizei erhält er Post. Die Polizistin und ein Polizist zeigen ihn wegen Beschimpfung an.

Er reagiert auf die gleiche Weise und zeigt die Polizistin wegen Beschimpfung an. Die Staatsanwaltschaft klagt darauf beide Parteien wegen desselben Delikts an. Beide seien zu einer bedingten Geldstrafe von rund 1000 Franken zu verurteilen. Die Staatsanwältin wirft der Polizistin vor, sie habe den 23-Jährigen in seiner Ehre als Mann verletzt. Ihm wirft sie vor, er habe die Ehre der Polizistin verletzt.

75 Prozent mehr Anzeigen

Anzeigen wie diese sind im Trend. Im Zeitraum von 2009 bis 2017 haben die Polizeikorps schweizweit einen Anstieg von 75 Prozent registriert. Anfangs gingen 4600 Anschuldigungen wegen Beschimpfung in einem Jahr ein. Mittlerweile sind es 8100. Meistens ist es ein Männerdelikt. Auf drei wegen Beschimpfung beschuldigte Männer kommt eine Frau.

Oft kommt es zu Freisprüchen, weil Aussage gegen Aussage steht. Auch im Fall der Polizistin und des Jünglings könnte die Geschichte so enden. In zwei Wochen entscheidet das Zürcher Bezirksgericht. Für die Justiz ist viel Arbeit entstanden. Mittlerweile ist der Mann 26 Jahre alt.

#RespectAriana – So fasst man keine Frau an!

Video: watson/Emily Engkent
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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Simsalabum
13.10.2018 08:21registriert September 2015
Srin Verhalten war anscheinened wirklich komplett daneben. Was sucht eine Polizistin bei der Leibesvisitation eines Mannes? Ich denke kaum, dass ein Polizist bei der Leibesvisitation einer Frau anwesend sein darf.
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Zanzibar
13.10.2018 08:37registriert Dezember 2015
Natürlich sollte die Polizistin nicht an der Leibesvisitation dabei sein. Das Verhalten des Mannes davor, wie auch jetzt finde ich allerdings sehr peinlich. Da sollte man(n) drüber stehen.
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Magenta
13.10.2018 09:32registriert März 2018
Mir kommen gleich die Tränen. Hat es sich so zugetragen, dann war das Verhalten der Polizei klar nicht korrekt. Aber der Rest ist typisch für solche Typen: Auf der Gasse den starken Max markieren, pöbeln und im Innern ein jammerndes Würstchen ohne echtes Selbstvertrauen. Mein Mitleid hält sich in engen Grenzen.
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