Im Prozess um den Tod eines Kleinkindes vor dem Kreisgericht Rorschach haben die beiden Beschuldigten am Mittwoch Freisprüche gefordert. Ihnen wird unter anderem vorsätzliche Tötung vorgeworfen.
Im August 2015 hatte die Polizei im Keller eines Hauses in Staad SG ein totes Mädchen entdeckt. In der auf mehrere Tage angesetzten Verhandlung des Kreisgerichts Rorschach werden die Eltern von der Staatsanwaltschaft für den Tod des knapp zweijährigen Kindes verantwortlich gemacht. Sie hätten die Betreuung wegen ihrer Drogensucht so sehr vernachlässigt, dass es starb.
Am Dienstag warf die Anklage der 35-jährigen Mutter unter anderem vorsätzliche Tötung, Verletzung der Fürsorge-und Sorgfaltspflichten sowie Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz vor und verlangte eine Freiheitsstrafe von 10,5 Jahren. Der 55-jährige Vater sollte wegen der gleichen Straftatbestände eine Freiheitsstrafe von acht Jahren erhalten.
Als Alternativantrag verlangte die Staatsanwaltschat tiefere Freiheitsstrafen, falls eine Verurteilung wegen fahrlässiger und nicht wegen vorsätzlicher Tötung erfolgen sollte.
Am Mittwoch wurde der Prozess mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt. Der Anwalt des Vaters des Mädchens forderte einen Freispruch. Er schilderte, wie sein Mandant nach der Festnahme «einen gewaltigen Schock» erlitten habe, als er vom Tod des Kindes erfuhr. «Er hatte danach Suizidgedanken.»
Der 55-Jährige habe zwar Kokain konsumiert, aber nicht in den Mengen, wie sie die Staatsanwaltschaft hochgerechnet habe. Sein Mandant sei in ein chaotisches und konfliktbeladenes Umfeld hineingezogen worden. Er habe psychische Probleme und sei unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden. Bei der Betreuung der Tochter habe er sich auf die Mutter verlassen, sagte der Verteidiger. «Sie hatte ja bereits drei Kinder.»
Der Rechtsvertreter kritisierte das «unheimlich umfangreiche Verfahren». Obwohl alle verfügbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien, gebe es keine Beweise für die Schuld seines Mandanten. Es stelle sich eine grundsätzliche Frage: «Wie kann jemand für ein Tötungsdelikt verurteilt werden, wenn die Todesursache nicht feststeht?»
Die Verteidigerin der Mutter erinnerte in ihren Ausführung an die Bedeutung des Grundsatzes «In dubio pro reo»: Das Gericht müsse berechtigte Zweifel an den vorgeworfenen Tathandlungen zu Gunsten der Angeklagten auslegen. Sie verlangte Freisprüche in den wesentlichen Anklagepunkten. Ihr Plädoyer wird am Nachmittag fortgesetzt. (aeg/sda)