Im Juni 2016 entschied sich ein junger Mann, eine Bank zu überfallen. Bewaffnet mit einem Vorderlader fuhr er in einem gestohlenen Auto nach Wildegg. Maskiert mit Kapuze, Sonnenbrille und Halstuch stürmte er die Filiale der Aargauischen Kantonalbank. Auf dem Rückweg zu seiner Wohnung in der Region Brugg hielt er bei einem Dorfladen an, kaufte ein Redbull und Zigaretten und bezahlte mit einer Hunderternote aus der Beute. Insgesamt hatte er 10'000 Franken geraubt.
Weitere Investitionen konnte er mit dem Geld jedoch nicht tätigen. Als er das Fluchtauto auf einem Parkplatz abstellen wollte, wurde er von der Polizei festgenommen. Seit dem Überfall war etwas mehr als eine halbe Stunde vergangen.
Der Bankraub am Schalter erscheint wie ein Verbrechen aus einer Zeit, in der sich auch ein Postkutschenüberfall gelohnt hätte. Wie sieht ein Mann aus, der einen Banküberfall für eine gute Idee hält? Der einer Bankangestellten einen Sack hinstreckt und «Geld rein!» ruft – die andere Hand in einer Sporttasche an der Waffe?
Der 24-jährige Mann, der mit seinem Pflichtverteidiger vor dem Bezirksgericht Lenzburg erscheint, sieht aus wie ein adretter, aber ein bisschen nachlässig gekleideter Internatsschüler. Hochwasserhose, weisses Hemd, dunkelrotes Jackett und eine Ledermappe. Gross gewachsen mit einem freundlichen Gesicht. Genauere Angaben zum Motiv und zur Durchführung des Bankraubs gibt es vor Gericht keine, da es sich um ein abgekürztes Verfahren handelt. Er habe damals psychisch eine schwierige Zeit durchgemacht, sagt der junge Mann. Ohne Job und ohne Geld. Heute macht er eine Lehre als Gebäudetechnikplaner Lüftung. Und gesellschaftlich sei er integriert. Er will seine Freundin heiraten, die er schon vor dem Strafverfahren hatte. Sobald das Geld reiche, denn ungefähr 20'000 Franken Schulden habe er auch noch. «Um meine Ausgaben möglichst gering zu halten, wohne ich bei meinem Vater und zahle 300 Franken Miete», sagt er.
Der Banküberfall ist jedoch nicht das einzige Verbrechen in der Anklageschrift des Bürschchens. Er hat in Zürich ein Auto gestohlen und ist mit diesem tagelang herumgefahren. Die Nummernschilder stahl er im Aargau und auch an der Tankstelle zog er die illegale Variante vor und fuhr nach dem Tanken mehrmals davon, ohne zu bezahlen.
Der junge Mann mit norwegischer Staatsbürgerschaft, südosteuropäischem Namen und perfektem Schweizerdeutsch anerkannte sämtliche ihm zu Last gelegten Straftaten. Auch das Autofahren ohne gültigen Fahrausweis. «Nicht, dass es etwas ausmachen würde, aber ich habe wirklich nicht gemerkt, dass der Fahrausweis abgelaufen ist», beteuert er und lächelt das Gesamtgericht unter der Leitung von Gerichtspräsident Daniel Aeschbach an. Der Banküberfall sei die grösste Dummheit seines Lebens gewesen.
Das Gericht entschied, den Erledigungsvorschlag zu genehmigen. Der Bankräuber wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren sowie einer Busse von 2000 Franken verurteilt. Seine Waffe wird nach eigenem Wunsch eingezogen. «Das Strafmass ist an der unteren Grenze», sagte Aeschbach dem bisher nicht vorbestraften Mann. «Über Ihnen hängt ein Damoklesschwert.» Doch vorerst glaubt das Gericht an die Reue des Räubers.