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Eklat mit Frankreich, drohende Kostenfalle: F-35 erneut im Zwielicht

ARCHIVBILD ZUR MELDUNG, DASS DER BUNDESRAT DEM PARLAMENT DEN KAUF VON 36 F-35A KAMPFLUGZEUGEN VORSCHLAEGT, AM MITTWOCH, 30. JUNI 2021 - Photographers take pictures of a Lockheed Martin F-35A fighter j ...
Ein F-35 bei einem Medientermin auf dem Militärflugplatz Payerne.Bild: keystone

Eklat mit Frankreich, drohende Kostenfalle: Neue Turbulenzen um den F-35

Der Bundesrat will 36 amerikanische F-35-Kampfjets kaufen. Der Entscheid vom letzten Sommer war von Anfang an umstritten. Nun sind weitere Ungereimtheiten aufgetaucht.
14.01.2022, 14:2714.01.2022, 15:35
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Die Schweizer Armee will ihre Kampfjet-Flotte erneuern. Einen Rahmenkredit von sechs Milliarden Franken hatte das Stimmvolk im September 2020 hauchdünn bewilligt. In die Endauswahl des Verteidigungsdepartements VBS kamen je zwei amerikanische und europäische Flugzeuge: F/A-18 Super Hornet und F-35 sowie Eurofighter und Rafale.

Ende Juni 2021 verkündete der Bundesrat seinen Entscheid: Das Rennen machte der F-35. Hersteller Lockheed-Martin habe mit Abstand das günstigste Angebot eingereicht, erklärte Verteidigungsministerin Viola Amherd. Die Überraschung war gross, denn der Hightech-Jet mit Tarnkappen-Technologie ist im Herstellerland USA nicht als Billigprodukt bekannt.

Die Begründung des VBS wurde von Anfang an kritisch hinterfragt. Im November musste es die Kosten nach der Bereinigung der Verträge bereits nach oben korrigieren. Nun hat das Onlinemagazin «Republik» eine dreiteilige Serie veröffentlicht. Sie zeigt neue Ungereimtheiten um den Entscheid für den F-35 auf, die den Jet in Turbulenzen bringen.

Frankreich

Kein Land hat sich so intensiv um den Deal bemüht wie Frankreich. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Verteidigungsministerin Florence Parly kamen letztes Jahr persönlich nach Bern und machten ziemlich offensiv Werbung für den Rafale von Hersteller Dassault. Staatspräsident Emmanuel Macron telefonierte dreimal mit Bundespräsident Guy Parmelin.

Ausserdem reisten mehrere Bundesratsmitglieder nach Paris. Bislang wurde kolportiert, die Franzosen hätten der Schweiz ein «unmoralisches» Angebot gemacht, damit der Rafale zum Zug käme. Laut der «Republik» war es eher umgekehrt: Es war die Schweiz, die Frankreich mit immer neuen Wünschen und Forderungen konfrontierte. Und Paris ging darauf ein.

So hätte die Schweiz einen höheren Anteil aus der Grenzgänger-Besteuerung erhalten. Das hätte der Bundeskasse rund 3,5 Milliarden Franken eingebracht. Offenbar war Frankreich auch bereit, sich während seiner EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2022 für eine Überwindung der Blockade nach der «Beerdigung» des Rahmenabkommens einzusetzen.

Swiss president Guy Parmelin, left, and federal councillor Ueli Maurer, right, welcome French economy and finance Minister Bruno Le Maire, center, for a bilateral meeting in Bern, Switzerland, Wednesd ...
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire beim Anstossen mit Guy Parmelin und Ueli Maurer im letzten März.Bild: keystone

Ende März 2021 lag der Evaluationsbericht der Rüstungsbehörde Armasuisse vor, der den Vorsprung des F-35 aufzeigte. Dennoch verhandelten Aussenminister Ignazio Cassis und Finanzminister Ueli Maurer weiter mit den Franzosen. Der Bundesrat liess Paris «bis zuletzt im Glauben, Frankreich erhalte den definitiven Zuschlag», schreibt die «Republik».

«Das Resultat ist ein diplomatisches Desaster», kommentieren die Tamedia-Zeitungen. Denn statt Tauwetter herrscht Eiszeit. Macron liess im September ein persönliches Treffen mit Parmelin platzen. Und während der EU-Ratspräsidentschaft ist die Schweiz kein Thema, wie der französische Botschafter Frédéric Journès der NZZ sagte.

Kosten I

Kann es sein, dass der F-35 das billigste Produkt ist? Die vorhandenen Zweifel werden durch die «Republik»-Recherchen verstärkt. Armasuisse habe den Tarnkappen-Jet in mehreren Punkten «billig gerechnet», lautet der Vorwurf. So habe man den Anbietern 180 Flugstunden pro Jahr und Jet vorgegeben, beim F-35 aber nur mit 140 Stunden kalkuliert.

Begründet wurde dies mit der angeblich einfachen Bedienung und den weit entwickelten Trainingssimulatoren. Weiter sei beim F-35 eine «fast wirkungslose Bewaffnung» mit einer einzigen Lenkwaffe für den Luftkampf eingeplant worden. Man habe die Infrastrukturkosten «viel zu tief» geschätzt, und die Offerte habe keine Software-Upgrades enthalten.

Nicht budgetiert sei auch der Lärmschutz, obwohl der F-35 «doppelt so laut» sei wie die heutigen F/A-18-Flugzeuge. Und schliesslich sei ein «extrem tiefer» Risikozuschlag für den Fall unerwarteter Probleme berechnet worden. Für die «Republik» ist deshalb absehbar, dass der F-35 «alle vom VBS kommunizierten Budgetberechnungen überschreiten wird».

Kosten II

Geschürt werden diese Befürchtungen durch die Erfahrungen in den USA und anderen Bestellerländern. So behauptete Viola Amherd im September, man habe «garantierte Verkaufspreise und garantierte Betriebskosten für die ersten zehn Jahre». Die USA aber könnten «kein Interesse an solchen Fixpreisen haben», schreibt die «Republik».

Der Grund seien die massiven Kostenüberschreitungen. Sie sorgen in den USA immer wieder für rote Köpfe. Denn das Hightech-Flugzeug kämpft mit technischen Problemen. Die US Airforce dürfte deshalb statt 1700 nur 900 F-35-Jets kaufen. Auch andere Länder wie Grossbritannien und Italien wollen weniger Exemplare beschaffen als ursprünglich geplant.

Als Scott Miller, der neue US-Botschafter in Bern, zum Hearing im Kongress erschien, fragte ihn der demokratische Senator Tim Kaine, warum die Schweiz sich beim Kampfjet-Kauf für eine «teurere amerikanische Technologie» entschieden habe. Der britische Militärjournalist Francis Tusa rechnet laut «Republik» mit Mehrkosten in Milliardenhöhe.

Fazit

Jonas Kampus, GSoA, zerstoert eine Attrappe eines Kampffliegers bei der Lancierung der Stop F-35 Initiative, am Dienstag, 31. August 2021, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Prügel für den F-35 bei der Lancierung der Volksinitiative am 31. August 2021.Bild: keystone

Die «Republik»-Serie ist höchst unangenehm für das VBS. Die Vorwürfe haben jedoch einen Beigeschmack. Sie stammen zumindest teilweise von den drei unterlegenen Anbietern. Diese seien naturgemäss «nicht glücklich über die Auswahl der Bundesrats», so die «Republik». Das ist eine Untertreibung, denn sie dürften auf einen Neustart hoffen.

Die Munition für einen nachträglichen «Abschuss» des F-35 liefert die Volksinitiative von GSoA, SP und Grünen, für die derzeit Unterschriften gesammelt werden. Sie galt bislang als nicht sehr chancenreiche Zwängerei, doch mit den Ungereimtheiten um die Kostenrechnung und die drohenden massiven Mehrausgaben könnte sie sogar das Ständemehr knacken.

Seit letztem November untersucht zudem die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats, ob die Kampfjet-Beschaffung «rechtmässig und zweckmässig» erfolgt sei. Und die Eidgenössische Finanzkontrolle klärt die finanziellen Risiken ab. Das letzte Wort zu diesem Geschäft ist nicht gesprochen. Auf Viola Amherd kommen unruhige Zeiten zu.

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So sieht der F-35A aus
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So sieht der F-35A aus
Der Entscheid ist gefallen: Der Bundesrat will den F-35A von Lockheed Martin.
quelle: keystone / peter klaunzer
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Kampfjet-Abstimmung: Ein Überblick im Video
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289 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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WhatZitTooya
14.01.2022 14:40registriert August 2017
Ich würde den letzten Rappen meiner Steuerrückerstattung darauf wetten, dass die Beschaffung des F35 in einem denkwürdigen Debakel endet.
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-C-
14.01.2022 15:02registriert Februar 2016
Vielleicht sollten wir den Gesamtbundesrat entlassen und Entscheidungen in Zukunft per Zufallsgenerator fällen - wirklich schlimmer kann es ja kaum noch werden?
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burneysan
14.01.2022 16:51registriert April 2021
Ich frage mich ernsthaft: vertritt unser Bundesrat wirklich noch unsere Interessen, sei beim F35-Kauf oder beim EU-Verhandlungsdebakel? Eher ist es so, dass der Bundesrat die Interessen einiger weniger vertritt, der Mehrheit gegenüber nur so tut, als vertrete er unsere Interessen. Es brauch dringend eine Blutauffrischung beim Bundesrat und dem Lobbyistenparlament.
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