Im Gang zum Trakt mit den Leiterzimmern hing es, hoch an der Wand, fest verschraubt. Darunter stand ein Hocker, entweder fürs Hochklettern oder für Episches, an einem Nagel an der Wand baumelte ein zerfleddertes Telefonbuch. Und natürlich war die Holzwand voller Kritzeleien. Ja, so war das mit dem Telefon im Skilager-Haus. Damals, als man noch keine Handys hatte. Der Schmach, in aller Öffentlichkeit daheim anzurufen und damit als Mama-Söhnchen oder -Meitli zu gelten, wollte sich keiner hingeben. Das Telefon-Tabu galt auch für die Eltern. Ein Kontrollanruf im Skilager war verboten, das hatten wir ihnen eingeschärft.
Heute ist das anders. Wer nach dem Lichterlöschen nicht in echt schnattert, kann das mit einem Handy völlig lautlos tun. Von all den lustigen Internetseiten und Spielen abgesehen, die einen vom Schlafen abhalten. Und das bedingt Regeln. Insbesondere für die Lager der Oberstufenklassen, wie eine Umfrage unter verschiedenen Schulstandorten zeigt.
Im aargauischen Menziken müssen sich die Lagerteilnehmer respektive die Eltern vorgängig dazu verpflichten, dass die Lagerordnung eingehalten wird, wie Bruno Schaller, Schulleiter der Oberstufe sagt. Darin heisst es zum Thema Nachtruhe: «Handys, iPods etc. werden in den Zimmern eingesammelt und müssen eingeschaltet abgegeben werden (Kontrolle ob SIM drin). Es besteht die Möglichkeit zum Aufladen der Geräte.»
Diese Regel gilt für die Teilnehmer der beiden Oberstufenlager in Grächen und Adelboden. Im Primarschullager stelle sich das Handy-Problem nicht, so Schaller.
Eingezogen wird das Handy über Nacht auch bei den 43 Kindern im Schöftler Schneesportlager in Adelboden. «Die Schülerinnen und Schüler dürfen das Handy ins Lager mitnehmen und auf der Piste und während der Freizeit auch gebrauchen», sagt Schulleiter Heinz Leuenberger. Nicht erlaubt sind die Handys bei Tisch oder gemeinsamen Tätigkeiten. Ausserdem wird den Schülern das WLAN-Passwort nicht bekannt gegeben.
Ähnlich handhaben es die Leiter der Gränicher Skilager auf der Lenzerheide: «Beim Zusammensein und gemeinsamen Aktivitäten sind die Handys auf lautlos gestellt», sagt Marietta Müller, Schulleiterin Oberstufe. So, wie das auch in der Schule gelte. «Beim Lichterlöschen werden die Handys in einem Gemeinschaftsraum auf OFF gestellt aufbewahrt und können beim Frühstück wieder bezogen werden.»
Eine solche «Handygarage» gibt es auch in den Seenger Wintersportlagern auf der Bettmeralp und auf der Lenzerheide. «Während des Tages wird der Gebrauch ebenfalls eingeschränkt», so Gesamtschulleiter Urs Bögli.
Bereits vor dem Znacht müssen die 101 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe im Lenzburger Ski- und Snowboardlager in Crans-Montana ihre Handys abgeben. Tagsüber sind die Handys aber erlaubt. «Ich finde das sinnvoll, damit die Schüler auch mal auf der Piste ein Foto machen und das nach Hause schicken können», sagt Schulleiter Edgar Kohler. Die Lenzburger Schüler, welche das Lager in Samedan besuchen, müssen das Handy für die Nacht abgeben.
Nicht eingesammelt, aber mit einem Benutzungsverbot belegt werden die Handys in den Suhrer Skilagern. «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Einsammeln keinen Sinn macht», sagt Gesamtschulleiterin Denise Widmer. Inzwischen würden so viele Kinder über ein zweites Handy verfügen, dass man sich das Einsammeln sparen könne. «Die Zimmer kontrollieren müssen die Leiter also so oder so.»
Ausserdem sei es in der Vergangenheit ein beliebter Scherz gewesen, beim abgegebenen Handy den Wecker auf Mitternacht zu stellen. «Den Ärger, mitten in der Nacht ein klingelndes Handy und den dazugehörigen Schüler zu suchen, erspart sich jeder Leiter gern», sagt Widmer.
Was, wenn sich die Schülerinnen und Schüler nicht an die Regeln halten und ein zweites Handy dabeihaben, das sie heimlich gebrauchen? An der Kreisschule Entfelden beispielsweise werden Handys laut Gesamtschulleiter Darius Scheuzger eingezogen. Und für Menziken bedeutet ein Verstoss im schlimmsten Fall das Koffer-Packen: Wer sich nicht an die Lagerregeln hält, kann vom Lager ausgeschlossen werden.(aargauerzeitung.ch)