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Coronavirus: Warum Grosseltern nun auf ihre Enkel hören sollten

Betagte Damen sitzen auf einer Bank, aufgenommen 1996. Immer mehr Betagte klopfen bei der Sozialberatung der Pro Senectute an. Erstmals wurde im letzten Jahr die Grenze von 30000 Beratungsfaellen uebe ...
Dein Omi darf ihre Freundinnen schon bald wieder treffen. Aber jetzt gerade nicht.Bild: KEYSTONE
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«Liebe Enkel, sagt euren Grosseltern, sie sollen zu Hause bleiben...»

Vor allem die Senioren verkennen die Dringlichkeit, die angezeigt ist. Ein Aufruf an die Jüngeren, mit den Älteren zu sprechen.
19.03.2020, 11:3619.03.2020, 20:59
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Liebe watson-User. Die meisten von euch gehören wohl nicht zur Risikogruppe des Coronavirus. Die meisten von euch haben aber Eltern oder Grosseltern, die über 65 Jahre alt sind und die jetzt zu den meistgefährdeten Personen in unserer Bevölkerung gehören. Nur scheinen sie das bisher noch zu wenig begriffen zu haben. Oder wie lässt sich erklären, dass draussen immer noch so viele Senioren unterwegs sind?

Liebe watson-User, liebe Kinder von Eltern, liebe Enkel von Grosseltern. Ich weiss nicht, woran es liegt. Vielleicht am Informationsgraben, der sich nun mitten durch die Generationen frisst? Vielleicht daran, dass nun die einen mit Livetickern, Pushnachrichten oder Facebook-Posts im Minutentakt über die aktuelle Situation informiert werden, während die anderen zur gewohnten Zeit in die Tagesschau reinzappen und dann über die verrückten Zeiten kopfschüttelnd zu Bett gehen?

Eigentlich ist es egal, woran es liegt. Wichtig ist nur eines: Wenn die Dringlichkeit der Situation nicht bis zu den Älteren durchdringt, liegt es jetzt an uns, ihnen den Ernst der Lage verständlich zu erklären. Darum, liebe Enkel, sagt bitte eurer Omi und eurem Opi, dass sie für die nächste Zeit zu Hause bleiben sollen.

Eveline Widmer-Schlumpf – «Es geht um den Schutz der Gesellschaft»

Video: srf/SDA SRF

Macht ihnen klar, dass unsere Epidemiologen, Virologinnen, Krankenpfleger oder Politikerinnen keineswegs hohle Phrasen dreschen. Das sieht man, wenn man dieser Tage in unser Nachbarland schaut. Am Dienstag starben in Italien 345 Menschen, am Montag 349. Insgesamt sind es bisher 2503 Tote. Bei den über 70-Jährigen sind es über zehn Prozent, die nach einer Ansteckung sterben.

Macht ihnen klar, dass sie nicht nur diejenigen sind, die am meisten Gefahr laufen, am Coronavirus zu sterben, sondern dass sie ebenso dazu beitragen können, die Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Weil ansonsten zu viele Menschen gleichzeitig krank und die Spitäler überrannt werden. Weil es dann nicht mehr genug Betten geben wird und nicht mehr alle behandelt werden können. Weil dann Ärztinnen und Ärzte die grausame Entscheidung treffen müssen, wen sie mit den Beatmungsgeräten am Leben erhalten und wen nicht.

Macht euren Grosseltern klar, dass sie keine Last sind, im Gegenteil. Dass ihr für sie Einkaufen geht, mit ihnen telefoniert, ihnen von der Strasse aus zuwinkt.

Macht ihnen klar, dass ihr sie auch nicht besuchen dürft, wenn ihr euch gesund fühlt. Denn ihr könntet das Virus auch in euch tragen, ohne dass ihr es bemerkt. Und dass sie ein noch so gutes Immunsystem haben und sich trotzdem infizieren oder das Virus weitergeben könnten.

Macht ihnen klar, dass ihr wisst, wie schwierig das jetzt ist. Dass es nicht toll ist, isoliert zu sein. Dass es auf die Psyche schlägt und traurig macht. Dass ihr aber für sie da seid. Und dass ihr es gerne macht. Dass sie keine Last sind, im Gegenteil. Dass ihr für sie Einkaufen geht, mit ihnen telefoniert, ihnen von der Strasse aus zuwinkt. Dass ihr euch kreative Ideen einfallen lasst, um der Isolation entgegenzuwirken.

Damit ihr bald wieder bei ihnen zu Besuch gehen könnt. Und sie euch noch lange erhalten bleiben.

Wir erklären dir, warum du jetzt wirklich zuhause bleiben musst

Video: watson/Emily Engkent
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62 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pitefli
19.03.2020 11:55registriert April 2019
Egal was und wie ich es meinem Grossvater sag, es interessiert ihn genau null. Für ihn ist alles übertrieben und auch in unserem Quartier gehen noch immer die älteren Nachbarn täglich in die Migros. So schlimm es sich auch anhört, erst wenn ein Bekannter stirbt, werden sie wahrscheinlich den Ernst der Lage erkennen.
Noch schlimmer finde ich fast die Mütter die sich weiterhin in einer riesigen Gruppe auf dem Spielplatz treffen.
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Lion:ess
19.03.2020 12:23registriert Dezember 2015
Meine 10 jährige brachte ihren Grossvater endlich dazu seine Kinder für ihn einkaufen zu lassen. Sie schrieb sie liebe ihn und wolle ihn deswegen nicht verlieren. Er solle bitte ihr zu Liebe aufs Einkaufen verzichten. Es kann klappen. Von den eigenen Kindern fühlen sie sich eher entmündigt. Von den Grosskindern akzeptieren sies.
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achsoooooo
19.03.2020 12:26registriert Januar 2015
Ich habe es versucht. Selbst mein modern eingestelltes, internet-affines Grosselternpaar "will noch ein bisschen einkaufen gehen". Immerhin verzichten sie auf soziale Kontakte.
Die anderen Grosseltern haben immer noch das Gefühl, es wäre eine Grippe.
Ich ruf sie jeden Tag an und versuch sie zu überzeugen. Erfolglos. Keine Ahnung, was ich noch sagen soll.
Als Medizinstudentin helfe ich gerade "an der Front" aus, und ich habe schon etwas Angst vor dem, was noch kommen wird. So trifft es mich gleich doppelt, dass sie die Lage noch nicht erfasst haben (wollen?)...😕
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