Das Vergleichsportal Comparis hat am Donnerstag seine Prognose für den Anstieg der Grundversicherungsprämien 2025 bekannt gegeben: Durchschnittlich könnten diese um sechs Prozent steigen, in einzelnen Kantonen und Prämienregionen könnten es gar über zehn Prozent werden.
Comparis stütze seine Prognose auf die wachsenden Gesundheitskosten in der Schweiz, hiess es beim Vergleichsportal. Nächstes Jahr werden diese um 3,2 Prozent steigen, wie aus dem Ausblick von Comparis und der Konjunkturforschungsstelle der ETH hervorging. Für das laufende Jahr wurde ein Wachstum von 3,6 Prozent prognostiziert. Im letzten Jahr waren es noch 4,1 Prozent.
Das Wachstum des für die Krankenkassenprämien relevanten Kostenanteils ist jeweils höher als das Wachstum der gesamten, oben angesprochenen Gesundheitskosten. Dies, «weil der Leistungskatalog der Grundversicherung stetig ausgebaut wird», sagt der Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly. Er sagt: «Die Spitäler verlangen höhere Tarife für ihre ambulanten und stationären Leistungen, weil immer mehr von ihnen nicht mehr kostendeckend wirtschaften. Auch die Umsetzung der Pflegeinitiative wird kosten.»
Dem seit Jahren anhaltenden Kostenwachstum liegt grundsätzlich die demografische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt zugrunde. Zumindest im letzten Jahr waren weitere Gründe: mehr Arztbesuche und ambulante Spitalleistungen sowie mehr und teurere Medikamente.
Nicht zuletzt gibt es eine Besonderheit in den letzten Jahren: Trotz des hohen Prämienanstiegs im letzten Jahr werden einige Kassen Ende Jahr über ein dünnes Reservepolster verfügen, gibt Comparis am Donnerstag zu Bedenken. Deshalb sei es möglich, dass die Prämien in der Grundversicherung teilweise um mehr als zehn Prozent steigen.
Was heisst das genau? Die Krankenkassen sind dazu verpflichtet, Reserven zu bilden. Sie helfen ihnen, unsichere Entwicklungen aufzufangen. Krankenkassen können damit aber auch Prämien vergünstigen. 2021, nachdem diese Reserven durch Investitionsgewinne stark gewachsen waren, hat der Bundesrat die Voraussetzungen für den freiwilligen Abbau von Reserven der Krankenkassen erleichtert – keine gute Idee, sagt der Krankenkassen-Experte von Comparis:
Zwei Initiativen, über die wir am 9. Juni abstimmen, haben die Absicht, den Prämienanstieg fortan zu bremsen. Ob sie ihr Ziel bei einer Annahme auch erreichen würden, darüber scheiden sich die Geister.
Fakt ist: Die Prognosen von Comparis bestätigen die Befürchtung einer weiter steigenden, happigen Prämienlast, mit der sich immer Menschen in der Schweiz herumschlagen müssen. Es wäre der dritte grosse Anstieg in Folge, nachdem die Krankenkassenprämien bereits 2024 durchschnittlich um 8,7 Prozent teurer wurden. 2023 waren es 6,6 Prozent. Es ist darum gut möglich, dass die Comparis-Prognosen den Prämien-Initiativen von SP und Mitte einen weiteren Schub geben könnten.
Egal, wie am 9. Juni über die Vorlagen befunden wird: Das Parlament müsse bei Reformen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung das Tempo künftig reduzieren statt steigern, so der Krankenkassen-Experte von Comparis. Es soll nach Ansicht von Schneuwly viel eher «sauber evaluieren», welche Gesetzesänderungen welche Wirkungen haben. Er sagt:
Gemäss Schneuwly haben diverse vom Bund entschiedene Regulierungen, wie die Beschränkung der Ärztezulassungen und die umfangreichen Qualitätsbestimmungen, bisher unter dem Strich zu keinen messbaren Kosteneinsparungen geführt. Dies, weil sie vor allem die Bürokratie aufblähen, den Fachkräftemangel und die Versorgungsengpässe bei Medikamenten und Medtech-Produkten verschärfen würden.
Bei all den Kostensteigerungen gibt es aber auch eine (relativ) gute Nachricht für viele Schweizerinnen und Schweizer: Die Prämien steigen insgesamt meist weniger stark als angekündigt. Das liegt unter anderem daran, dass viele Versicherten sich dazu entscheiden, zu einer günstigeren Krankenkasse zu wechseln.
Gemäss dem Axa Wechselreport sparen Versicherte, die ihre Krankenkasse ab 2024 gewechselt haben, dieses Jahr insgesamt 23 Millionen Franken an Prämien. Das Gute bei einem Wechsel: Die neue Kasse darf dich nicht ablehnen – so will es das Gesetz.
Die offiziellen Prämien werden vom Bundesrat voraussichtlich im September 2024 verkündet. Ab da kannst du bei Prämienrechnern wie diesem vom Bund oder diesem von Comparis ausrechnen, wo du am meisten Geld sparst. Deine per Einschreiben versandte Kündigung sollte dann spätestens am 30. November beim jetzigen Versicherer eintreffen.
Grundsätzlich gilt: Je stärker du deine freie Arztwahl einschränkst, desto mehr wirst du sparen. Mit sogenannten Managed-Care-Modellen lassen sich zum Beispiel unnötige Behandlungen vermeiden. Bei Telefonmodellen musst du im Krankheitsfall zuerst ein Callcenter anrufen, dann wirst du von medizinisch geschultem Personal weitergeleitet. Eine weitere Möglichkeit ist das Hausarzt-Modell. Fällt deine Entscheidung hingegen auf die freie Arztwahl, fällt deine Prämie deutlich höher aus.
Flexibel bist du auch bei der Wahl deiner Franchise, also dem Fixbetrag, der pro Jahr an die Behandlungskosten gezahlt werden musst. Die Franchise beträgt zwischen 300 und 2500 Franken. Wählst du eine tiefe Franchise, bezahlst du weniger an deine Behandlungskosten. Dafür fällt deine monatliche Prämie höher aus. Umgekehrt musst du bei einer hohen Franchise mehr an allfällige Behandlungskosten zahlen, hast dafür eine tiefere Prämie. Ob sich das erhöhte Risiko für dich auszahlt, erfährst du auf den Websites der Internetvergleichsdienste.
Um die Ausgaben durch hohe Prämien für gewisse Haushalte zu mindern, gibt es in der Schweiz das Instrument der Prämienverbilligungen. Ob du Anspruch auf eine solche Verbilligung hast, hängt von deinem Einkommen, deinem Vermögen sowie vom Kanton ab, in dem du wohnst.
Informationen darüber erhältst du bei den Sozialdiensten oder kantonalen Ausgleichskassen. Welche Ämter in deinem Kanton zuständig sind und an wen du dich wenden kannst, erfährst du hier. Wichtig: Je nach Kanton musst du einen entsprechenden Antrag auf Prämienverbilligung einreichen.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Aber wahrscheinlich ist das auch so ein generell typisches Schweiz-Problem: Dass Lobbyisten bei uns automatisch als Experten in der Sache gelten, während man unbefangene Fachexperten gar nicht erst zu Wort kommen lässt oder gar verunglimpft.