Um zu verstehen, worum es in dieser Angelegenheit geht, erst einmal eine kurze Zusammenfassung des Problems: Die schlimmste Plage unserer Bienen sind die Varroa-Milben. Sie sind in den 1980er Jahren zum ersten Mal in der Schweiz nachgewiesen worden.
Nach einem Befall zeigt die Bienen-Brut Entwicklungsstörungen und stirbt meist nach dem Schlüpfen. Erwachsene Bienen haben ein geschwächtes Immunsystem, eingeschränkte Flugfähigkeit, eine verkürzte Lebensdauer und kommen nicht durch den Winter.
Zur Bekämpfung der Varroa-Milbe wird heute mit allerlei Chemikalien hantiert: Ameisen-, Milch- und Oxalsäure kommen zum Einsatz. «Noflo», einst des Bauern Allzweckwaffe, die bei allem half, was Hund, Katzen, Hühner, Vieh, Knechte und Mägde, Bäuerin und Bauer, Garnhändler und Pfarrer plagte, ist leider nicht mehr erhältlich. Es gibt sogar die Methode, den Varroa-Milben mit einer Art Bienensauna zu Leibe zu rücken. In einer Einrichtung, die gut 5000 Franken kostet, werden die Bienenstöcke auf 37 Grad erwärmt. Die Milben sind hitzeempfindlich. Aber diese Methode ist mit mühseliger Arbeit verbunden und tut den Bienen nicht gut.
Eine Patentlösung gibt es offenbar nach wie vor nicht. Obwohl schon viele kluge Köpfe, sicherlich auch solche mit Doktortiteln, über dieses Problem nachgedacht haben und immer noch nachdenken. Oder gibt es doch eine Lösung?
Über diese Milben-Sache habe ich mich kürzlich mit einem erfahrenen, rüstigen Imker aus dem wilden Süden des Oberaargaus unterhalten. Bienen, Imker und Honig gehören zur DNA dieses Kerngebietes der Gotthelf-Kultur. Diese Geschichte ist so interessant und lehrreich, dass ich sie hier erzählen will.
Es geht also um die bösen Milben. Der Imker, den ich im Wirtshaus getroffen habe, ist die Milben bei seinen Völkern schon seit längerer Zeit los. Seine Bienen sind glücklich und bescheren ihm volle Honiggläser. Er sagt, mit Chemikalien und Säuren hantiere er nicht. Es sei viel zu schwierig, die richtige Dosierung zu finden. Bei zu starker Dosierung geraten die Bienen in Panik und beim Versuch, die Königin zu schützen, ersticken sie ihre Chefin. Bei zu geringer Dosis nützt alles nichts.
Also: keine Chemie. Und da liegt er doch durchaus im Zeitgeist. Er setzt schon lange auf eine hundertprozentig biologische Methode, die er mir so erklärt. Er lege ein feuchtes Tüchlein über die Waben, streue darüber zerkleinerte Hanfblüten und dichte das Ganze mit Schaumgummi ab. Die Wirkung sei durchschlagend: die Milben fallen von seinen Bienen ab wie die Blätter von den Bäumen. Sie ertragen den starken Hanfgeruch nicht. Die Bienen hingegen stört der Hanf überhaupt nicht.
Ich will natürlich wissen, ob es nach einer solchen Hanf-Kur bei ihm echten Hanf-Honig gebe. So ein Ankenbrot mit Hanfhonig zum Frühstück könnte einen richtig inspirieren. Er wehrt ab: Nein, nein, natürlich nicht. Die Milben dürfe man nur dann bekämpfen, wenn die Bienen nicht mit der Honigproduktion beschäftigt seien. Dieser Behandlung unterzieht er seine Völker gerade in diesen dunklen Novembertagen. Schade, kein «Hasch-Honig» für den Chronisten.
In der Sache gibt es allerdings ein kleines Problem. Hanfanbau – und damit die Gewinnung von Hanfblüten für kluge Imker – ist eigentlich illegal. Für die Milbenbekämpfung ist echter, chüschtiger Hanf erforderlich. Der legal angebaute ist so schwach und wirkungslos, dass sich die bösen Milben nicht einmal schnäuzen müssen und von den Bienen nicht ablassen.
Ich will hier nicht eine Debatte über Sinn und Unsinn anzetteln, den Anbau des wunderbaren Heilmittels zu verbieten. Aber für die Politikerinnen und Politiker wäre diese wahrlich gute Sache zum Wohle unserer Bienen endlich einmal eine Gelegenheit für eine heilige statt einer unheiligen Allianz zwischen rechts und links-grün. Mit zahlreichen Slogans könnten die SVP, die SP und die Grünen gemeinsam Hand in Hand für die Legalisierung des Hanf-Anbaus für Imker weibeln und sogar die Mitte könnte für einmal klar Stellung beziehen. Ein paar Ideen habe ich: «Helft unseren Bienen rasch – legalisiert Hasch rasch» – «Zu der Bienen Wohl – legalisiert Hanf, jawohl» – «Die Bienen sind uns nicht egal, darum macht den Hanf legal» – „Legales Gras füllt uns allen das Honig-Glas“ oder „Für legalen Hanf – weil ihn die Bienen brauchen, aber nicht zum Rauchen“.
Zum Dank wären sicherlich ein paar Imker bereit, die Etiketten ihrer Honiggläser mit dem Portrait verdienter Politikerinnen und Politiker zu zieren («Vaterländischer Köppel-Honig», «Sommaruga-Honig, garantiert solargeschleudert», «Uelis Original-Treichlerhonig»).
Das «Hanf-Verbot» ist ja gerade für die verschwiegene ländliche Gegend, aus der ich gelegentlich zu berichten pflege, ganz besonders ärgerlich. Nach übereinstimmenden Kenner-Meinungen wächst nämlich in den Krächen und Gräben, auf den Kämmen und Chnubeln, an den stotzigen Borten und Hängen im wilden Süden des Oberaargaus und im angrenzenden Emmental ein ganz vorzüglicher Hanf.
Ich kann das zwar nicht aus eigener Erfahrung beurteilen, aber da muss wohl schon was dran sein: In den aufregenden, längst vergangenen und schon fast vergessenen Zeiten schworen nämlich die Rock’n’Roller beim HC Davos in den Bergen oben auf Hanf aus hiesiger Produktion.
Das darf ich hier und heute erzählen. Schliesslich stand vor Jahren ein berühmter HCD-Spieler im Amtshaus zu Langnau ganz offiziell vor Gericht, weil er Hanf mit der Post vom Unterland nach Davos hinauf spedieren wollte. Ich war als Chronist im Gerichtssaal und kreierte die Schlagzeile «Hasch-CD», die noch heute Arno Del Curtos Zorn erregt. Ebenso hochoffiziell ist seinerzeit ein HCD-Star nach Hanfgenuss in der Dopingkontrolle hängengeblieben und gesperrt worden.
Wie gesagt: Das war früher, in einer ganz anderen Zeit. Aber wenden wir uns noch einmal unserem alten, weisen Imker zu: Natürlich wollte ich von ihm wissen, wo er denn seinen echten Hanf bezieht. Ich habe nämlich irgendwo gelesen, dass bei Hanfgenuss nicht nur Milben von den Bienen, sondern auch Sorgen vom Menschen abfallen.
Verständlicherweise hat mir der kluge Mann nicht verraten, wer sein Hanfbauer ist. Aber ich habe eine Vermutung. Die behalte ich selbstverständlich für mich. Der Chronist ist kein Schnurri.
Aus dem Oberaargauer Monatsmagazin WURZEL
Was den Bienchen helfen tut,
ist auch für den Menschen gut:-)