
Tamara Funiciello und Samira Marti von der SP freuen sich über das BVG-Nein.Bild: keystone
Liveticker
22.09.2024, 08:0922.09.2024, 17:12
Das Wichtigste in Kürze:
- Am Sonntag, 22. September 2024, stand der dritte nationale Abstimmungstermin des Jahres auf dem Programm.
- Die Schweizer Stimmbevölkerung befand über zwei Vorlagen: die Biodiversitätsinitiative und die BVG-Reform.
- Beide Vorlagen wurden mit über 60 Prozent Nein-Anteil abgelehnt.
Umweltminister Albert Rösti plädiert nach dem Nein zur Biodiversitätsinitiative für Massnahmen mit Umsicht und Augenmass zugunsten einer vielfältigen und intakten Natur. Die Bevölkerung sei nicht gegen den Schutz von Natur, Landschaft und Ortsbildern.
Die Stimmenden seien aber gegen die Einführung strengerer Regeln, die das Abwägen zwischen Schutz und Nützen erschwerten, sagte Rösti am Sonntag in Bern vor den Medien. Die strengeren Vorgaben hätten die Landwirtschaft, die Siedlungsentwicklung, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Tourismus behindert.
Die Natur und die Biodiversität zu schützen, sei auch dem Bundesrat ein Anliegen. Die rund 600 Millionen Franken, die der Bund dafür im Jahr einsetze, würden trotz der Sparprogramme weiter eingesetzt, versicherte Rösti. «Wir haben aber nicht plötzlich mehr Geld», gab er zu bedenken.
Dass noch zusätzliche Flächen für die Biodiversität eingesetzt werden, schloss der Umweltminister zwar nicht aus. Grundsätzlich stehe aber die bessere Qualität auf bereits reservierten Flächen im Fokus, gerade nach dem Nein zur Initiative, betonte er.
Der zweiten Aktionsplan zur Biodiversität werde dem Bundesrat bis Ende Jahr vorgelegt, kündigte Rösti an, so dass im nächsten Jahr die Umsetzung beginnen könne. Der Fokus werde auf Lebensräumen und der Entwicklung von Insekten liegen. Diese seien zentral für die Nahrungskette und Naturflächen.
Zusammen mit den Kantonen schütze der Bund wertvolle Bioptope und bedrohte Arten, versicherte Rösti. Das habe den Rückgang von Tier- und Pflanzenarten gebremst. (sda)

Bild: keystone
Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider will nach dem wuchtigen Nein zur Pensionskassenreform nicht beim Status quo bleiben. Die berufliche Vorsorge müsse angepasst werden. Damit das gelingen könne, seien wohl kleinere Reformschritte notwendig.
«Wir müssen nun Prioritäten setzen», sagte Baume-Schneider am Abend des Abstimmungssonntags in Bern vor den Medien. Kleinere Reformschritte seien weniger komplex, transparenter und könnten eine Mehrheit überzeugen. «Wir sehen, dass grosse Reformen keinen Erfolg haben.»
Für den Bundesrat im Vordergrund stehe die Situation von Menschen mit tiefen Einkommen. Viele Frauen erhielten nun weiterhin nur eine kleine oder gar keine Rente aus der beruflichen Vorsorge. Die mit der BVG-Reform geplante Senkung der Eintrittsschwelle und die Anpassung beim Koordinationsabzug fielen dahin. Es gelte nun, diese Fragen bald zu lösen.
Baume-Schneider zählte verschiedene mögliche Gründe für das wuchtige Nein auf. Es seien verschiedene Massnahmen miteinander verknüpft worden. Die Befürworterseite sei nicht geeint für die Reform eingestanden. Schliesslich habe es eine grosse Unsicherheit darüber gegeben, welche Folgen die Reform für jede einzelne Person gehabt hätte.
Nichts zu tun, sei für den Bundesrat aber keine Option. «Die Herausforderungen in der zweiten Säule bleiben bestehen.» Insbesondere der Umwandlungssatz sei ein Problem für viele Pensionskassen. Die Bevölkerung wünsche aber mehr Transparenz über die Auswirkungen von Reformen.
Baume-Schneider kündigte an, dass sie Kontakt aufnehmen werde mit den wichtigsten Akteuren. Der Bundesrat, das Parlament und die Sozialpartner müssten ihre Verantwortung übernehmen. «Wir müssen das System anpassen an neue Gegebenheiten.» (sda)

Bild: keystone
Die Pensionskassenreform und die Biodiversitätsinitiative haben die Stimmenden in durchschnittlichem Ausmass mobilisiert. Rund 45 Prozent der Berechtigten gaben ihre Stimme zu den beiden Vorlagen ab.
Es zeigt sich, dass Vorlagen zur Altersvorsorge unterschiedlich ankommen. Bei den vier eidgenössischen Vorlagen im vergangenen März, dabei war die Initiative für eine 13. AHV-Rente, lag die Beteiligung bei rund 58 Prozent.
Als es vor zwei Jahren um die Erhöhung des AHV-Frauenrentenalters auf 65 Jahre ging, gingen rund 51 Prozent an die Urne. Bei der Reform der zweiten Säule der beruflichen Vorsorge waren es nun noch rund 45 Prozent.
Bis 1950 betrug die Stimmbeteiligung in der Schweiz im Schnitt um die 60 Prozent. In den folgenden 20-Jahr-Zyklen sank sie zunächst auf 48 und danach auf 41 Prozent. In etlichen Jahren bemühten sich nicht einmal 40 Prozent des Stimmvolks an die Urne.
Seit der Jahrtausendwende steigt die Partizipation wieder, zuletzt auf 46 Prozent. Dies ist der Durchschnitt 2011-2020 gemäss Bundesamt für Statistik (BFS). (sda)
Alle Kantone sind ausgezählt. Das Endresultat lautet: 67,1 Prozent Nein bei der BVG-Reform, 63 Prozent Nein bei der Biodiversitätsinitiative.
Hans Jörg Rüegsegger von der SVP, der selber Bauer ist, sagt: «Biodiversität geht für uns nicht von Montag bis Freitag. Wir leben sie – auch am Sonntag!»
Die Präsidentin der Grünen sagt, dass die Gegner der Biodiversitätsinitiative mit vielen «Unwahrheiten» gekämpft hätten.
«Wenn man Banken retten kann, kann man auch sichere Renten für die Menschen finanzieren», sagt Cédric Wermuth von der SP.
Der Kanton Basel-Stadt steht schräg in der Landschaft. Als bisher einziger Kanton sagt er Ja zur Biodiversitätsinitiative. Und zwar deutlich: 57,7 Prozent der Stimmenden waren hier dafür. Aktuell fehlen noch die Kantone Zürich, Bern und Genf. Nur in Genf sieht es aktuell danach aus, als könnte es ein Ja zur Biodiversitätsinitiative geben. Hier ist die Lage aktuell aber noch äusserst knapp. (leo)
«Unser Leben hängt von der Biodiversität ab», sagt Beat Flach von der GLP, der sich enttäuscht über das Nein zur Vorlage zeigt.
«Die Deutlichkeit des Resultats überrascht», sagt Markus Ritter und freut sich über das Nein zur Biodiversitätsinitiative.
«Wir wollen nicht mehr über den Tisch gezogen werden», sagt Jacqueline Badran zum BVG-Nein. «Das ist der Kern von diesem Nein», so die SP-Nationalrätin.
«Das war eine Angstmacher-Kampagne», sagt Regine Sauter von der FDP zum wuchtigen BVG-Nein.
Jetzt ist es fix: Die Biodiversitätsinitiative scheitert am Ständemehr.
An den Zahlen hat sich nichts verändert im Vergleich zur ersten Hochrechnung. Es bleibt bei der deutlichen Ablehnung beider Vorlagen.
«Der Bauernverband hat mit falschen Zahlen argumentiert», sagt Aline Trede von den Grünen zur Biodiversitätsinitiative. Die Kampagne des Verbands habe viele verunsichert.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister sieht in der Uneinigkeit innerhalb des bürgerlichen Lagers einen Grund für das Scheitern der BVG-Reform. Die bürgerliche Ja-Allianz sei von Teilen der SVP aufgekündigt worden.
Auch innerhalb der FDP habe es prominente Stimmen aus dem Ständerat gegeben, die sich gegen die Vorlage gewandt hätten, sagt Pfister, der auch Präsident des Ja-Komitees war, am Sonntag zum Schweizer Radio SRF. «Dann wird es schwierig.»
Gefragt danach, wie es weitergehen solle, legt sich der Zuger Nationalrat nicht fest: «Es ist nicht an uns, jetzt schon zu sagen, was wir übermorgen oder morgen tun werden.» Zunächst sei nun der Bundesrat am Zug. Es sei aber angezeigt, jetzt ein «Timeout» zu machen. Der Volksentscheid gelte es ernst zu nehmen. (sda)
Die Schweiz sagt am heutigen Sonntag zweimal Nein. Die erste Hochrechnung des Forschungsinstituts gfs.bern geht bei beiden Vorlagen von einem Nein-Anteil von über 60 Prozent aus.
GLP-Nationalrätin Melanie Mettler ist enttäuscht: «Es ist gelungen, sehr grosse Verwirrung zu stiften.»
Laut Politologe Urs Bieri vom Forschungsinstitut gfs.bern wird das Nein zur Pensionskassenreform «sehr deutlich». Der Ja-Stimmen-Anteil werde im Bereich zwischen 30 und 40 Prozent liegen, sicherlich nicht darüber.
Bieri spricht im Schweizer Radio SRF von einer «harten Niederlage für die Behörden». Es habe Kritik und Misstrauen gegeben, ob die Probleme bei der Finanzierung der zweiten Säule wirklich real seien. «Ein gemeinsames Problembewusstsein war nicht vorhanden.» Lukas Golder, ebenfalls Politologe von gfs.bern, spricht im Schweizer Fernsehen SRF von einer «Ohrfeige» und einer «Klatsche».
Die Vorlage zur Reform der zweiten Säule war im Abstimmungskampf hoch umstritten. Die Befürworter-Seite sprach von einem «guten Kompromiss», die Gegnerinnen und Gegner bezeichneten die Reform als «miserabel und grottenschlecht». Im Fokus stand unter anderem die Komplexität der Vorlage. Auch die vom Bund falsch publizierten Zahlen zur AHV waren offenbar Wasser auf die Mühlen der Gegnerschaft. (sda)
Das Ja-Lager bei der Biodiversitätsinitiative ist nach den ersten Trends enttäuscht. Es wird heute nicht reichen.

Gemäss den ersten Trends von gfs.bern gibt es sowohl bei der BVG-Reform als auch bei der Biodiversitätsinitiative ein Nein. Das Nein werde deutlich sein, sagt Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern am Sonntag im Schweizer Fernsehen SRF.
Nach einer grossen Party sieht das aktuell nicht aus beim Ja-Lager bei der BVG-Reform. Die jüngsten Umfragen deuten auf ein deutliches Nein hin. In rund zehn Minuten wissen wir mehr. Dann werden die ersten Trends veröffentlicht.

Die Aargauer Gemeinde Münchwilen hat ihre Resultate veröffentlicht. Die BVG-Reform wird mit 181 Nein-Stimmen zu 79 Ja-Stimmen abgelehnt. Auch die Biodiversitätsinitiative wird mit 191 Nein- zu 68 Ja-Stimmen abgelehnt.
Das gfs.bern wird um 12 Uhr die ersten Trends veröffentlichen. Die ersten Hochrechnungen werden 30 Minuten später verkündet.
Bis 12 Uhr sind die Urnen noch geöffnet. Wenn du also noch nicht abgestimmt hast, kannst du das noch auf den letzten Drücker tun.
Die ersten Resultate werden um die Mittagszeit erwartet. Erfahrungsgemäss werden erste kleinere Gemeinden aus dem Aargau bereits Resultate kurz nach elf Uhr veröffentlichen. Bei uns im Ticker bist du live dabei.
Falls du eine Resultate-Übersicht willst, findest du diese in folgender Story:
Die Schweiz stimmt heute über die BVG-Reform und die Biodiversitätsinitiative ab. Zudem stehen in zahlreichen Kantonen lokale Vorlagen zur Annahme oder Ablehnung. In unserem Ticker halten wir dich über alle wichtigen Entwicklungen wie Hochrechnungen auf dem Laufenden.
Die Ausgangslage auf nationaler Ebene ist spannend. Beide Vorlagen stehen auf der Kippe.
Gemäss den jüngsten Abstimmungsumfragen im Auftrag der SRG und von Tamedia/«20 Minuten» lehnt eine Mehrheit der Teilnehmenden die BVG-Reform ab. Es gab Nein-Anteile von 51 Prozent in der SRG-Umfrage und 59 Prozent bei Tamedia/«20 Minuten». Ebenfalls Nein-Mehrheiten gab es bei der Biodiversitätsinitiative.
Ein Überblick zu den Prognosen:
(sda/con)
Darum geht es am Sonntag
Die Biodiversitätsinitiative fordert, dass sich die Schweiz stärker für die Artenvielfalt einsetzt. So soll in der Verfassung festgehalten werden, dass sich der Bund und die Kantone aktiv für das Fortbestehen der 56'000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten einsetzen müssen. Dafür sind SP, Grüne, GLP und Umweltverbände, dagegen SVP, FDP, Mitte und zahlreiche Wirtschaftsverbände.
Die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) hingegen betrifft unsere 2. Säule der Altersvorsorge. Im Kern möchten Bundesrat und Parlament die berufliche Vorsorge der steigenden Lebenserwartung und den tieferen Renditeerwartungen der Pensionskassen anpassen.
Zudem gelangen auf kantonaler Ebene weitere Vorlagen an die Urne. Die Kantone Bern und Jura beispielsweise befinden über den Kantonswechsel der Gemeinde Moutier. In Zürich steht zur Debatte, wer von Stipendien für eine Ausbildung profitieren darf und wer nicht.
Mehr zur Abstimmung im September:
Das waren die bisher knappsten Abstimmungen in der Schweiz
1 / 17
Das waren die bisher knappsten Abstimmungen in der Schweiz
Bundesbeschluss über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
Abgestimmt am: 06.12.1992
Ergebnis: abgelehnt
Stimmenunterschied: 23'836
quelle: keystone
Die BVG-Reform einfach erklärt
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy hat in einem Interview seine Kandidatur für das Mitte-Präsidium angekündigt. Der Walliser Nationalrat will die Nachfolge des abtretenden Parteipräsidenten Gerhard Pfister antreten, wie «Blick» schrieb.
Wenn ich zudem sehe, wie unser bürgerliches Parlament uns Arbeiter in der Altersvorsorge ‚Abschröpfen‘ will, Kapitalbezüge 2. und 3. Säule steuerlich mehr belasten, frage ich mich langsam ob wir alle in Altersarmut enden sollen.
Mieten werden teurer, KK- Prämie teurer, Lebensmittel teurer, MwSt. rauf, die Löhne aber bleiben seit Jahren gleich und zus. versuchen unsere Volksvertreter uns auch noch die Renten an allen Ecken zu verringern.
So nicht! Arbeit soll sich lohnen!
Was aber auffällt, wieder wenige die abstimmen wie's weiter gehen soll und viele die dann wieder aufschreien wie ungerecht es ist....