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Atommüll: So erklärt der Bund die Standortwahl für das Tiefenlager

epa10175521 A photograph taken with a drone shows the Haberstal in Windlach in the municipality of Stadel, Netherlands, 09 September 2022 (issued 10 September 2022). The decision has been made by the  ...
Das Haberstal in der Gemeinde Stadel.Bild: keystone
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So erklärt der Bund die brisante Standortwahl für das Atommüll-Tiefenlager

12.09.2022, 08:1412.09.2022, 17:57
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Die Nagra schlägt nach fast 50-jähriger Standortsuche die Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel für das Endlager von radioaktivem Abfall vor.

Details dazu werden ab 9 Uhr bekannt. Wir berichten live.

Hier kannst du die Medienkonferenz sehen:

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10:42
Schaffhausen reagiert kritisch auf Entscheid
nagra atommüll standortplanung nördlich lägern
Zwei Schaffhauser Gemeinden sind vom Standortentscheid Nördlich Lägern betroffen. Der Regierungsrat will den Entscheid kritisch prüfen und fordert Kompensationen.

Rüdlingen und Buchberg würden erheblich belastet, teilte der Schaffhauser Regierungsrat am Montag mit. Der Kanton werde sich für die Interessen der beiden Gemeinden einsetzen. Der Regierungsrat hätte es bevorzugt, wenn Ankündigung und vollständige Datengrundlage zusammen vorgelegt worden wären. Seine Experten hätten die Entscheidungsgrundlagen noch nicht prüfen können.

Der Kanton Schaffhausen erwartet, dass die betroffenen Gemeinden und die Standortregion mit umfassenden, rechtlich gesicherten Abgeltungen entschädigt werden. Die betroffene Region müsse über ausreichend Mittel für die Regionalentwicklung verfügen. Die sozioökonomischen Auswirkungen des Tiefenlagers auf die betroffenen Gemeinden seien schwer prognostizierbar. Negative Effekte seien zu kompensieren.

Die engagierte Mitarbeit der Bevölkerung und der Behörden in der regionalen Partizipation habe gezeigt, dass die Betroffenheit, die durch ein geologisches Tiefenlager ausgelöst wird, geographisch weite Kreise ziehen könne, unabhängig von Gemeinde- und Kantons- oder Landesgrenzen. Der Kanton Schaffhausen fordert darum, dass der Kreis der Betroffenen nicht eingeschränkt werden dürfe, da die Auswirkungen eines Tiefenlagers in einem weiten Umkreis spürbar seien. (sda)
10:34
Für Schweizerische Energiestiftung kommt Standortentscheid zu früh
Die Schweizerische Energiestiftung (SES) hat zusammen mit anderen regionalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) den Standortentscheid zum Atomendlager als verfrüht kritisiert. Zu viele ortsunabhängige Fragen sein noch offen, teilten die Organisationen am Montag mit.

So gebe es etwa keine verbindlichen Abbruchkriterien für das Tiefenlagerprojekt im zürcherischen Nördlich Lägern. Es gebe keine Strategie, sollte es zu «Überraschungen» im Untergrund kommen, heisst es in der Mitteilung. Dazu müsse erst nach dem Standortentscheid ein Konzept zur Rückholung der radioaktiven Abfälle vorgelegt werden.

Defizite sehen die NGOs auch bei der Lagerung und der Überwachung: So bestünden noch Wissenslücken beim Lager-, Barriere- und Behälterkonzept sowie ungeklärte potentielle Nutzungskonflikte im Untergrund - etwa beim Einfluss auf das Tiefengrundwasser. Die Organisationen fordern denn auch einen klaren Plan für die Langzeitüberwachung, der über die vorgesehenen 50 Jahre hinausgeht.

Beim weiteren Vorgehen nach dem erwarteten Bundesratsentscheid verorten die NGOs ein «Demokratiedefizit». Als einziges demokratiepolitisches Instrument bleibe ein schweizweites Referendum. Das Tiefenlager müsse damit nicht dort überzeugen, wo es gebaut werde, heisst es in der Mitteilung.

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat am Montag nach fast 50-jähriger Standortsuche die Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel für das Endlager von radioaktivem Abfall vorgeschlagen. (sda)
9:58
Kommt auch deutscher Atommüll in das Tiefenlager?
Nein, jedes Land muss seinen Atommüll selber entsorgen.

Die Pressekonferenz ist beendet.
9:56
Bekommen Privatpersonen Abgeltungen?
Monika Stauffer: Privatpersonen bekämen Entschädigungen.
9:55
Werden auch Gemeinden auf deutscher Seite Abgeltungen bekommen?
Martin Neukom: Auch Gemeinden auf deutscher Seite werden in die Abgeltungs-Thematik involviert sein.
9:53
Wird es Entschädigungen geben?
Martin Neukom: Entschädigungen gebe es da, wo direkt etwas zerstört werde. Dann gebe es noch Abgeltungen. Diese seien nicht gebunden an konkrete Schäden, sondern würden an Gemeinden bezahlt, dafür, dass sie die Verantwortung tragen. Dies sei nicht gesetzlich geregelt.
9:48
Aus dem Kanton Zürich
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Martin Neukom spricht: Neukom war 2005 den Jungen Grünen beigetreten und ab 2008 Präsident der Partei. Damals habe er sich stark mit Atomenergie beschäftigt.

Wenn man sich mit Atomenergie beschäftige, dann beschäftige man sich mit unglaublichen Zeitdimensionen, sagt er. Entsprechend sei das Tiefenlager-Projekt das längste politische Projekt überhaupt.

Neukom betont, dass er weiterhin ein Kritiker der Kernkraft sei. Dies spiele aber bei der Lagerung der Abfälle keine Rolle. Denn man habe entschieden diese Technologie zu nutzen und heute sei es zentral den Abfall sicher zu lagern. Man könne darum nicht gegen die Lagerung sein – denn irgendwo müsse der Abfall gelagert werden. Die Frage sei nur: «Was ist die beste Option und was ist der sicherste Standort?» Um diese Fragen zu beantworten, brauche es Wissenschaft und eine offene Diskussion.

Die Nagra arbeite wissenschaftlich, sagt Neukom. Und sie sei mittlerweile bereit, den Fachgremien der Kantone zuzuhören. Mittlerweile habe man den Fachstreit auf eine konstruktive Ebene bringen können, was dazu führe, dass das Projekt der Nagra besser werde.

Der Entscheid für den Standort des Endlagers sei kein politischer Entscheid aus Sicht der Kantone – sondern ein geologischer. Auch das Bauen des Lagers im Untergrund sei sinnvoll, da sich der Untergrund viel weniger verändere als die Oberfläche.

Neukom sagt, dass die Zürcher Regierung, sofern mit dem Standort einverstanden sei, als dass man akzeptiere, dass Sicherheit Vorrang habe. Und wenn die Sicherheit geologisch gesehen nördlich Lägern am sicherten ist, dann werde man das akzeptieren.

Die Fragerunde beginnt.
9:35
Die wissenschaftliche Arbeit des Ensi
Felix Altorfer spricht: Die Ensi werden nun die Berichte der Nagra wissenschaftlich prüfen, um die Standortwahl auf wissenschaftlich-technische Grundlage zu bauen. Denn man müsse sicherstellen, dass radioaktive Stoffe niemals Mensch und Umwelt schädigten.

Die Sicherheitsanalyse werde zudem noch einmal systematisch geprüft. Im Weiteren werden 9 Fragen wissenschaftlich geprüft:
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9:27
Arbeit der Regionalkonferenzen
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Monika Stauffer spricht: Es sei wichtig, dass die von dem Tiefenlager und den Oberflächenstrukturen Betroffenenu sich einbringen könnten. Dies habe das BFE in den letzten Jahren ermöglicht durch drei Regionalkonferenzen. Dies sei eine wichtige und anspruchsvolle Aufgabe gewesen und sei es immer noch.

Zentral hätten sich die Regionalkonferenzen mit den Oberflächenstrukturen befasst, denn diese seien nicht primär durch die Geologie bestimmt.

«Was geschieht nun mit den Regionalkonferenzen?», fragt Stauffer. Die Zusammenarbeit mit der Regionalkonferenz der ausgewählten Region werde weitergeführt, damit die Betroffenen informiert werden können. Die beiden anderen Regionalkonferenzen würden heruntergefahren.
9:20
Strukturen an der Oberfläche
Neben dem Tiefenlager brauche es auch Gebäude an der Oberfläche – zum Beispiel den Eingang in das Tiefenlager. Dieser soll in der Gemeinde Stadel entstehen.
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Beim Zwischenlager in Würenlingen komme noch eine Verpackungsanlage dazu. Diese Anlage bestehe bereits uns müsse lediglich erweitert werden.

Matthias Braun betont, dass drei Werte bei diesem Projekt im Zentrum stünden:
- Sicherheit
- Lernfähigkeit in Bezug auf Fortschritte in Technologie und Wissenschaft, die rollend eingebaut werden.
- Zusammenarbeit mit den Regionen
9:16
Opalinuston nördlich Lägern am optimalsten
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Matthias Braun spricht: Die Region nördlich Lägern habe viel Opalinuston. Ein Gestein, das beste Voraussetzungen biete für ein Tiefenlager. Es sei:
- sehr dicht
- bindet radioaktive Materialien wie ein Magnet
- sollte es brechen, dann «heile es sich selber wieder»

Diese geologische Barriere sorge dafür, dass man deutlich unter den Grenzwerten bleiben werde, wie Braun sagt. Der Gesteinsaufbau mit dem Opalinuston sowie den umgebenden Schichten sei nördlich Lägern am besten: «Hier ist die Stabilität des Gesteins am besten.»
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9:07
Das kommt in den nächsten Jahren
Roman Mayer spricht: Es sei eine gesetzliche Pflicht, radioaktive Abfälle zu entsorgen.
1972 sei die Nagra darum entstanden, um den Prozess der Entsorgung zu organisieren.
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Ein Sachplan lege fest, welche Kriterien ein Endlager erfüllen müssen. Das Bundesamt für Energie überprüfe, ob die Kriterien eingehalten werden.
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Die Nagra gebe heute nur bekannt, welchen Standort sie als besten Standort bewerte. Danach folgen weitere Schritte:
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Mit dem Bau des Tiefenlagers sei erst am 2045 zu rechnen:
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9:03
Die Pressekonferenz beginnt
Einführung: Das BFE habe in den letzten Tagen die Bevölkerung und Grundeigentümer der betroffenen Gebiete vorinformiert. Heute wolle man über den Gesamtkontext informieren.
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8:47
Opalinuston laut Expertengruppe am besten geeignet
Nördlich Lägern ist laut dem Präsidenten der Expertengruppe Geologische Tiefenlagerung, Simon Löw, der sicherste Standort für ein Tiefenlager für radioaktiven Abfall. Das dort vorhandene Gestein im Untergrund, der Opalinuston, schliesse radioaktiven Abfall langfristig am besten ein.

Opalinuston sei ein dichtes Gestein, nicht ein Ton, erklärte Löw am Montagmorgen dem Schweizer Radio SRF. In dem sehr alten Gestein zirkuliere nur sehr wenig Wasser in geringen Mengen. Das Gestein halte Radionuklide zurück und binde sie. Und schliesslich sei der Opalinuston extrem homogen.

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) begründet am Montag in Bern ihren Standortentscheid für das Endlager von radioaktivem Abfall in der Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel. (sda)
Was ist die Nagra?
Die Nagra, die «Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle», wurde 1972 von den Verursachern gegründet. Also den Betreibern der Kernkraftwerke. Mit dabei ist auch der Bund. Er ist für die Entsorgung zuständig. Seit also 50 Jahren wird nach einer sicheren Entsorgung der Abfälle und zwar in der Schweiz gesucht.
Nördlich Lägern: Umstrittene Standortwahl
Übers Wochenende wurde bekannt und vom Bund bestätigt: Nördlich Lägern ist der Ort der Wahl. Ausgerechnet dieser Standort wurde vor einigen Jahren als ungeeignet eingestuft. Was hat bei der Nagra also zum Umdenken geführt? Das wird sie um 9 Uhr erklären (müssen).

So reagierten Betroffen und Parteien auf den Entscheid:
Um 9 Uhr startet die Medienkonferenz zum Standortentscheid für das Endlager
Es informieren:

  • Roman Mayer, Vizedirektor Bundesamt für Energie BFE
  • Matthias Braun, CEO Nagra
  • Monika Stauffer, Leiterin Sektion Radioaktive Abfälle, Bundesamt für Energie BFE
  • Felix Altorfer, Leiter Aufsichtsbereich Entsorgung ENSI
  • Martin Neukom, Regierungsrat Kanton Zürich, Vorsitzender Ausschuss der Kantone im SGT

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) informiert um 9 Uhr in Bern über den Entscheid, der am Samstag nach einer Informationsveranstaltung für die betroffene Bevölkerung durchgesickert war. Fest steht auch, wo die sogenannte «Heisse Zelle» gebaut wird: Die Brennelement-Verpackungsanlage soll beim Zentralen Zwischenlager in Würenlingen AG entstehen.

Die Region

Die Region Nördlich Lägern liegt im Zürcher Unterland. Sie umfasst zwölf Gemeinden im Kanton Zürich und drei im Kanton Aargau, in der zusammen rund 52'000 Personen wohnen und die eine Fläche von gut 123 Quadratkilometer ausmacht. Zur Standortregion gehören zudem über 30 weitere Gemeinden, die von einem möglichen Tiefenlager betroffen sind – auch aus den Nachbarkantonen und Deutschland.

Die wichtigsten natürlichen Barrieren bei einem geologischen Tiefenlager für radioaktive Abfälle sind stabile und dichte Gesteinsschichten, wie der Kanton Zürich auf seiner Internetseite schreibt. Sie sollen verhindern, dass Radioaktivität aus dem Tiefenlager austreten kann.

Erste Einlagerung etwa im Jahr 2050

Nach dem Standortentscheid vom Montag wird die Nagra gegen Ende 2024 ihr Gesuch bei den Bundesbehörden einreichen. Voraussichtlich erst 2029 wird der Bundesrat den definitiven Standortentscheid fällen. Danach muss das Bundesparlament das Lager genehmigen. Es ist absehbar, dass es danach eine Volksabstimmung geben wird.

Baustart ist für das Jahr 2045 vorgesehen. Gemäss Planung der Nagra könnten erste Abfälle dann um das Jahr 2050 eingelagert werden. Danach folgt eine «Beobachtungsphase», die 50 Jahre lang dauern soll. Im Jahr 2115 soll das Lager dann verschlossen werden.

Drei potenzielle Standorte diskutiert

Seit fast 50 Jahren wurde in der Schweiz nach einem geeigneten Standort für die Lagerung radioaktiver Abfälle gesucht. Dafür gab es zuletzt drei potenzielle Standortgebiete: Neben Nördlich Lägern waren dies Standorte in der Region Zürcher Weinland sowie in der Region Jura Ost im Aargau (Bözberg). Nördlich Lägern war vorübergehend aus dem Rennen gefallen, wurde aber dann wieder als möglicher Standort ins Auge gefasst.

In dem Lager sollen schwach-, mittel- und hochradioaktive atomare Abfälle für Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren tief im Boden versenkt werden, bis sie zur Unschädlichkeit zerfallen.

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45 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Perseus
12.09.2022 08:56registriert Januar 2016
Jaja die immer gleiche Diskussion. Strom JA aber den Abfall bitte nicht in meiner Nähe. Ist das gleiche wie mit Handymasten. Jeder will Empfang aber ja keine Masten in der Nähe... Geht halt nicht alles.
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Chill Dude
12.09.2022 09:09registriert März 2020
Wiso brisant?
Wenn es der beste Standort ist?
Das Zwilag ist auch nicht weit, was die Transportwege kurz macht.
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Nur halb so schlimm
12.09.2022 08:31registriert Februar 2019
Man braucht kein Lager überhaupt. Atommüll soll in kleinere mengen untertteilt werden uns jede Familie sollte ein bisschen davon bekommen, und sich kümmern das es sorgfältig und sicher gelagert wird . Dazu muss mann sicherstellen dass es auch reibungslos ubergeben wird für die nächesten 1'000'000 Jahre.
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45
    Ski-Fails, die dich auf die Skiferien einstimmen

    Wir stecken mitten in den Skiferien, je nach Kanton erholen wir uns noch vom (Muskel-) Kater vom Après-Ski, oder fluchen noch über die hohen Mietpreise fürs Snowboard, das wir nächste Woche mit in die Berge nehmen. Egal, in welcher Phase du dich gerade befindest, oder ob dir Schneesport gar nichts sagt: Für bestes Ups-die-Pannenshow-Material sorgen die kleinen und grossen Pistengänger immer.
    (hde)

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