Heinrich Villiger ist am Freitag, 25. Juli, im Alter von 95 Jahren friedlich eingeschlafen, wie seine Familie am Montag bekannt gab. «In Dankbarkeit nehmen wir Abschied von unserem Vater Heinrich Villiger, der das Familienunternehmen seit 75 Jahren mit grossem Engagement strategisch und operativ geführt hat», hält die älteste Tochter Corina Villiger fest.
Heinrich Villiger war schon deswegen eine Ausnahmeerscheinung in der Schweizer Unternehmenswelt, weil er in einer immer mehr auf Gesundheit bedachten Gesellschaft auf Genuss setzte. «Er liebte Zigarren und Zigarillos», wie seine Tochter Corina anfügt. Und er habe damit die Tabakindustrie in der Schweiz und darüber hinaus nachhaltig geprägt.
Heinrich Villiger war bis zuletzt Verwaltungsratspräsident des Familienunternehmens. Dieses soll nun auch in Zukunft unabhängig weiterbestehen. Es sei ein Privileg, «die Tradition des Familienunternehmens in vierter und fünfter Generation fortsetzen zu dürfen», teilt Corina Villiger weiter mit, die seit Jahren schon im Verwaltungsrat der Villiger-Gruppe Einsitz nimmt und dort die vierte Generation vertritt.
Seit 2018 ist auch Enkel Lucien Villiger mit an Bord, als Vertreter der fünften Generation. Letzterer wurde auch schon als Nachfolger von Heinrich Villiger gehandelt. Doch vorerst übernimmt der amtierende Vizepräsident und Rechtsanwalt Jvo Grundler das Verwaltungsratspräsidium. Dies hatte Heinrich Villiger «im Rahmen der Nachfolgeplanung» so festgelegt. Grundler soll demnach «als unabhängiger Verwaltungsrat und vertrauter Wegbegleiter» dafür sorgen, dass die Interessen der vier Nachkommen und deren Familien ausgleichend berücksichtigt würden.
«Heinrich Villiger war ein Patron alter Schule, der Mitarbeitende, Kunden und Geschäftspartner mit seinem einmaligen Fachwissen, seinem Innovationsgeist und unternehmerischen Denken zu begeistern wusste», sagt Jvo Grundler und fügt an, dass er sich verpflichtet fühle, die langfristig ausgerichtete Strategie der Villiger-Gruppe im Sinne der Familie erfolgreich weiterzuentwickeln.
Heinrich Villigers Grossvater Jean Villiger hatte die Zigarrenfabrik in Pfeffikon LU als 28-jähriger Kaufmann im Jahr 1888 gegründet. Nach seinem frühen Tod im Jahre 1902 übernahm seine Frau Louise Villiger die Führung des Unternehmens und expandierte ins Ausland, zunächst nach Deutschland. 1918 übergab sie die Leitung an ihre Söhne Hans und Max Villiger.
1950 stieg Heinrich Villiger ins Familienunternehmen ein. Nach dem Tod seines Vaters Max Villiger 1966 erbte er mit seinem jüngeren Bruder Kaspar die Firma. 1989, als Kaspar Villiger in den Bundesrat gewählt wurde, übernahm Heinrich Villiger sämtliche Anteile.
Heute produziert die Villiger-Gruppe, die ihren Sitz noch immer in Pfeffikon hat, jährlich rund 1 Milliarde Zigarren und Zigarillos, beschäftigt über 1200 Mitarbeitende und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund 140 Millionen Schweizer Franken. Die Produktion konzentriert sich auf sechs Standorte: den genannten Firmenhauptsitz in der Schweiz, ein Werk mit Verwaltung in Deutschland (Waldshut-Tiengen und Bünde-Dünne) sowie Werke in Brasilien (Region Bahia), Indonesien (Jember/Ostjava) sowie seit 2021 in Nicaragua (Esteli).
Heinrich Villiger wurde 1930 in Menziken AG geboren, wo er im Zentrum der damaligen Zigarrenindustrie, dem Oberen Wynental, aufwuchs. Die Region, in der auch Hersteller wie Burger/Dannemann beheimatet sind, galt lange als das Schweizer «Stumpenland». Heinrich war der älteste Sohn der Villigers. Vater Max Villiger (1897–1966) war Fabrikant in zweiter Generation. Dory, Heinrichs Mutter (1909–1997), entstammte einem alteingesessenen Menziker Geschlecht. Heinrich Villiger lebte zuletzt in Full-Reuenthal, einem Aargauer Dorf an der Grenze zu Deutschland. (fv) (aargauerzeitung.ch)