Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic verhindere journalistische Informationen zu momentan sehr gefragten Abnehm-Medikamenten wie Ozempic. Das ist der Vorwurf, den die Medienhäuser Ringier, NZZ und TX Group an die Prüf- und Zulassungsbehörde richten. Sie seien unter Strafandrohung dazu aufgefordert worden, Onlineberichte über Abnehm-Medikamente zu löschen. Bei den Artikeln handelt es sich gemäss Swissmedic um Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Und für diese ist Werbung auf diese Weise verboten.
«Was hat Swissmedic genommen?» fragt ein Kommentator in der «Handelszeitung» und sieht die Informationsfreiheit gefährdet. Swissmedic mache Jagd auf Journalisten, die über das potenziell nächste Aspirin schrieben.
Die von Swissmedic attackierten Medienhäuser reagieren mit Erstaunen. Ringier erklärt, die Behörde lege die Werbebestimmungen im Arzneimittelbereich äusserst überzogen aus. Nach diesen strengen Vorgaben stelle «praktisch jegliche Berichterstattung» über ein rezeptpflichtiges Arzneimittel verbotene Werbung dar. Die NZZ geht juristisch gegen diese Aufforderungen zur Löschung von Artikeln vor.
Nun nimmt Swissmedic gegenüber CH Media Stellung: «Der Vorwurf von 20 Minuten, , ist überrissen und nicht nachvollziehbar.» Wer in diesem Zusammenhang von «Zensur» spreche, verkenne, was Pressezensur wirklich sei.
In der Schweizerischen Mediendatenbank finde man unter dem Stichwort «Abnehmspritzen» im Jahr 2024 rund 1350 Publikationen. Es werde also sehr wohl über dieses Thema informiert. Und Beanstandungen seien selten. Demnach wurden im Jahr 2023 im Rahmen der Werbekontrolle nur zwei redaktionelle Beiträge von insgesamt 28 Verfahren beanstandet. Im Jahr 2024 waren es 2 von 37 Verfahren. Nicht nur für Arzneimittel, auch bei anderen Produktkategorien wie Alkohol und Tabakwaren gebe es werberechtliche Vorgaben, sagt der Sprecher von Swissmedic.
Bei den Artikeln über Ozempic & Co. habe Swissmedic Verstösse gegen diese Vorgaben festgestellt. Tatsächlich gibt es ein Verbot der Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel wie auch das Gebot der Ausgewogenheit. Unter anderem sollen keine falschen oder übertriebenen Erwartungen geweckt und bei redaktionellen Inhalten nicht auf einzelne Produkte oder Marken fokussiert werden. «Arzneimittel sollen aufgrund medizinischer Bedürfnisse und nicht aus kommerziellen Interessen eingesetzt werden», sagt Swissmedic. Die Regulierung der Arzneimittelwerbung wolle verhindern, dass Arzneimittel unnötig verschrieben und konsumiert würden.
Das könne in redaktionellen Beiträgen zu einem Spannungsfeld zwischen sachgerechter Information und unzulässiger Anpreisung führen, die im Einzelfall zu beurteilen seien. «Faktenbasierte und neutrale Berichterstattung über Medikamente sind ohne weiteres möglich und im öffentlichen Interesse.»
Zur verlangten Ausgewogenheit gehöre schliesslich, dass weder einseitige Empfehlungen ausgesprochen noch Übertreibungen formuliert werden, so Swissmedic. Bei Expertenmeinungen oder Tests seien Aussagen, die wie Werbung wirken können, zu vermeiden, was die Texte der drei Verlage nun anscheinend nicht erfüllen.
Rechtsanwältin Ursina Wey, Geschäftsführerin des Schweizer Presserats, führt aus, dass grundsätzlich ein legitimes Informationsinteresse in Bezug auf die verschiedenen zugelassenen Abnehmspritzen und deren Preise bestehe. «In diesem Zusammenhang ist aus journalistischer Sicht auch ein Preisvergleich zulässig, jedenfalls so lange, als diese Produkte nicht unkritisch oder hochlobend präsentiert werden und die Produktemarken nicht häufiger als nötig genannt werden», erklärt Wey. Das Vorgehen von Swissmedic wirke aus journalistischer Sicht befremdlich.
«Allerdings kennen wird die Begründung für die Abmahnungen nicht, und es ist deshalb gut möglich, dass die Argumentation von Swissmedic plausibel ist.» Zumindest beim Artikel von 20 Minuten «Abnehmspritzen – Wegovy, Mounjaro, Saxenda: So wirken sie, so riskant sind sie» scheine es, dass nach einer ersten Durchsicht des beanstandeten Artikels die Richtlinien des Presserats eingehalten worden seien, sagt Wey.
In Basel fallen die Manager vor Lachen von den Stühlen.
Ich frage mich da schon eher wieso 1350 Publikationen über eine Abnehmspritze geschrieben werden. Ist das nicht etwas übertrieben viel?