Der höchste Schweizer, Andreas Aebi, teilte heute Nachmittag aus. Er rüffelte Parlamentarier an, die in Vorstössen persönliche Angriffe verbreiteten.
15.03.2021, 15:5018.03.2021, 02:11
Im Nationalrat gibt's jeden Sitzungsmontag eine Tradition, die sich Fragestunde nennt: Volksvertreterinnen und Volksvertreter können einige Tage vorher Frage an den Bundesrat, die Bundeskanzlei oder andere wichtige Stellen stellen.
Diese müssen Antworten liefern – zumindest in schriftlicher Form. Passt es zeitlich in die 60-Minuten-Sitzung, so wird die Antwort auch vorgelesen. Das kann manchmal ganz skurril aussehen, wenn etwa hypertechnische Fragen und noch trockenere Antworten vorgelesen werden müssen. Wir erinnern uns da etwa an den Bübübündnerfleisch-Lacher.
Die Fragestunde ist nicht nur dazu da, Informationen aus den Behördenstuben herauszuholen, sondern auch um politische Schlammschlachten austragen zu können. Etwa, indem spitzfindige oder kritische Fragen gestellt werden.
Dieses Mal übertrieben es aber die Mitglieder des Nationalrats. Oder besser gesagt: ein Mitglied des Nationalrats.
Aeschis Angriffe gegen BAG-Vize Kronig
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi nutzte die heutige Fragestunde für einen Frontalangriff gegen die Impfstoff-Beschafferin und BAG-Vizedirektorin Nora Kronig. Seine Fragen haben durchaus Relevanzgehalt. Aeschi sparte aber nicht mit persönlichen Angriffen. So konnte man folgende Fragen in seinen Vorstössen lesen:
- Weshalb hat Nora Kronig Romero dieses Angebot von Pfizer/BioNTech abgelehnt und damit den Lockdown zum Schaden der Schweiz verlängert?
- Weshalb diskriminiert Nora Kronig Romero die vektorbasierte Technologie von J&J?
- Wer hat Nora Kronig Romero, Leiterin der BAG-Abteilung «Internationales», als Covid-19 Impfstoffbeschaffungsverantwortliche ernannt?
- Trifft es zu, dass die Walliserin Nora Kronig Romero einseitig auf den im Wallis durch Lonza produzierten Impfstoff von Moderna setzte, statt breiter Impfstoff zu beschaffen, und damit innerhalb des BAG die Verantwortung für die langsame Impfrate und den verlängerten Lockdown der Schweiz trägt?
- Weshalb lässt der Bundesrat diese offensichtliche Falschaussage («Schweiz ist mit ihrer langsamen Impfrate auf Kurs») nach der vermasselten Covid-19-Impfstoffbeschaffung im Raum stehen, statt sie gegenüber der Öffentlichkeit richtigzustellen?
Die Antworten dazu
Die Fragen wurden allesamt an Bundesrat Alain Berset gestellt. Er durfte sich aus zeitlichen Gründen mit einer schriftlichen Antwort begnügen.
Einen stilistischen Rüffel gab's aber trotzdem. Und zwar vom Nationalratspräsidenten und SVP-Mitglied Andreas Aebi. Zu Beginn der Sitzung richtete er sich an alle Ratsmitglieder und mahnte zur Fairness.
Angesichts der Tatsache, dass «persönliche Angriffe auf namentlich erwähnte Mitarbeitende der Bundesverwaltung» nur in Aeschis Vorstössen zu lesen waren, galt der folgende Rüffel des Nationalratspräsidenten wohl nur einem:
«Bei der Lektüre der Fragen für die heutige Fragestunde ist mir aufgefallen, dass verschiedene Fragen mehr oder weniger persönliche Angriffe auf namentlich erwähnte Mitarbeitende der Bundesverwaltung beinhalten. Als Präsident und als Mitglied des Nationalrates bin ich mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden. Die Fragestunde dient dem politischen Austausch zwischen dem Bundesrat und den Ratsmitgliedern über Angelegenheiten des Bundes. Sie soll nicht benutzt werden, einzelne Bundesangestellte an den Pranger zu stellen. Ich bitte Sie, fair zu bleiben.»
(pit)
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