Aus Gelb mach Grün. So lautet das Motto der Post, die sich selbst gemäss eigenen Angaben ein «ambitioniertes Klimaziel» gesetzt hat: Ab 2030 will der Staatskonzern im eigenen Betrieb «klimaneutral» sein, ab 2040 über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, sprich: auch bei allen Tätigkeiten in den vor- und nachgelagerten Prozessen. Damit erfüllt die Post die Erwartungen der Politik und tut gleichzeitig etwas für das eigene Überleben, wie Konzernchef Roberto Cirillo jüngst bei einem Mediengespräch festhielt: «Ohne Netto-Null kann man am Markt nicht bestehen.»
So montiert die Post fleissig Solarpanels auf ihren Brief- und Paketzentren und ersetzt ihre Heizungen und in ihrer Flotte die fossil betriebenen Fahrzeuge mit Elektro-Autos und -Rollern. In den Städten Bern und Zürich hat die Post bei der Brief- und Paketzustellung bereits die gesamte Flotte umgestellt. Spätestens bis Ende 2024 folgen die Städte Basel und Genf. Ab 2030 soll dann die gesamte Zustellflotte der Post mit alternativen Antrieben unterwegs sein, das heisst zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
Doch das reicht nicht, um die selbst gesteckten Ziele zu erfüllen. Gemäss Cirillo lassen sich so nur 90 Prozent der CO2-Emissionen reduzieren. Die restlichen 10 Prozent müssten deshalb in anderer Form kompensiert werden - respektive woanders der Atmosphäre entzogen werden. Hierfür hat die Post nun unter dem Namen CDR - für «Carbon Dioxide Removal» - eine Aktiengesellschaft gründet. «Wir wollen das CO2 mit verschiedenen Massnahmen aktiv der Atmosphäre entziehen und langfristig binden», hält Cirillo fest.
Die Post-Tochterfirma CDR zählt bereits zwei Mitarbeitende. Bei Bedarf würden diese durch interne oder externe Experten unterstützt, heisst es beim Bundesbetrieb. Ihre Aufgabe ist es, ein sogenanntes «Neutralisationsportfolio» aufzubauen. Die Post konzentriert sich hier derzeit auf «natürliche Methoden», das heisst auf die Waldbewirtschaftung und die Holznutzung sowie das Speichern von CO2 mittels Pflanzenkohle.
Im besagten «Neutralisationsportfolio» befinden sich bis anhin zwei Projekte: Das erste ist eine Vereinbarung mit der Beratungsfirma First Climate, welche Unternehmen hilft, ihre Klimaziele umzusetzen. Konkret unterstützt die Post hier ein Projekt der Firma Inkoh in Maienfeld im Kanton Graubünden zur Herstellung von Pflanzenkohle, mit der CO2 in Böden gespeichert werden kann.
Das zweite Projekt ist im Ausland: So hat die Post soeben einen Vertrag unterschrieben für den Kauf von 2400 Hektaren Wald im deutschen Bundesland Thüringen. Die eigentliche Übernahme der Waldfläche ist für Herbst 2023 geplant. Über den Kaufpreis und die Konditionen haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.
Konkret handelt es sich um einen Mischwald - mit Kiefern, Lärchen, Fichten und Buchen. Diesen will die Post nun nachhaltig bewirtschaften. «Im Zentrum steht für uns das CO2-Speicher-Potenzial durch den Zuwachs im Wald und eine nachhaltige Holznutzung», ergänzt Cirillo. Damit die Strategie der Post aufgeht, muss sie freilich genügend grosse Wald- oder Landflächen finden. Deshalb schaut sich der Staatskonzern nicht nur in der Schweiz um, sondern auch in «jenen europäischen Ländern mit vergleichbarer politischer und rechtlicher Stabilität». Und dort offensichtlich mit mehr Erfolg als in der eigenen Heimat.
Gemäss ersten Post-Berechnungen sollen mit der Waldfläche in Thüringen «grobgeschätzt» 9000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre gezogen und langfristig gebunden werden.
Für die CO2-Rechnung der Post mag der Kauf des deutschen Waldes gut sein, für das Klima freilich ändert sich damit nicht viel. Der besagte deutsche Wald entzieht der Atmosphäre nicht grundlegend mehr CO2, nur weil er der Schweizer Post gehört. Ausser sie forstet ihn jetzt massiv auf, aber auch das könnte theoretisch auch ein anderer Besitzer tun.
Forstprojekte, einst stark propagiert, sind mittlerweile bei der Klimafrage äusserst umstritten, auch weil unklar ist, wie lange die Bäume das ungewollte CO2 speichern. Zudem raten Anbieter von Klimaschutzprojekten wie etwa Myclimate den Unternehmen mittlerweile davon ab, die Begriffe «klimaneutral» und «kompensieren» zu verwenden, weil sie verwirrlich sind. Vielmehr soll die Kundschaft über die Reduktionsbemühungen im eigenen Unternehmen informiert werden.
Vorerst geht aber auch die firmeninterne Rechnung für die Post nicht ganz auf: Denn trotz aller Bemühungen, die klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren, musste die Post beim CO2-Ausstoss im vergangenen Jahr ein Plus hinnehmen. Der Anstieg, erklärt Konzernchef Cirillo, sei die Folge des Wachstums. (aargauerzeitung.ch)
Wenn der Taler in der Kasse klingt die Seele in den Himmel springt.