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Overtourismus in der Schweiz: Das sind die fünf Hauptprobleme

Zahlreiche Tagestouristen geniessen den sonnigen, aber noch kuehlen Fruehlingstag an der Reuss in der Altstadt von Luzern am Ostermontag, 10. April 2023. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Sehr beliebt bei Ausländern wie Schweizern: Luzern.Bild: keystone

Das ärgert die Schweizer bei Touristen im eigenen Land am meisten

Overtourism wird zunehmend zum Problem. Auch in der Schweiz wird da und dort von Übertourismus oder Massentourismus gesprochen. Doch haben wir das wirklich? Schweiz Tourismus hat es untersucht. Das sind die Erkenntnisse.
04.07.2024, 13:3204.07.2024, 16:45
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Wir kennen es alle: Ein schöner Tag, ein traumhaftes Ziel für einen Ausflug und dann – massenhaft Mitmenschen, die genau die gleiche Idee hatten und das Erlebnis darum trüben oder gar «zerstören». Massentourismus wird dann geschrien und die Lust auf einen nächsten Ausflug schwindet.

«Overtourism» (Übertourismus) wird das Problem in Fachkreisen genannt. Die Öffentlichkeit und die betroffenen Gemeinden beschäftigen sich in regelmässigen Abständen mit dem Phänomen. Auch Schweiz Tourismus (ST) ist sich dieses Themas bewusst.

Um besser zu verstehen, was die Schweizerinnen und Schweizer vom Tourismus halten, hat die Organisation zusammen mit der Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren (RDK) beim Zürcher Marktforschungsunternehmen Insight Institute AG im April/Mai 2024 landesweit eine repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben.

Touristen der 4'000 Personen grossen chinesischen Reisegruppe der Kosmetikfirma "Jeunesse Global" ziehen durch die Stadt Luzern, am Montag, 13. Mai 2019. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Nein, das ist nicht der Normalfall: Hier besuchten 4000 Personen einer grossen chinesischen Reisegruppe im Mai 2019 Luzern.Bild: KEYSTONE

So sehen Schweizer den Tourismus

Die Resultate wurden heute an einer Medienkonferenz präsentiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schweizer Bevölkerung dem Tourismus grundsätzlich positiv gegenübersteht und die Bedeutung hoch einschätzt. Nur fünf Prozent der Befragten fühlen sich wegen des Tourismus besorgt.

Die Studienleiter schreiben:

«Der Stolz über die Attraktivität der Destination Schweiz für Gäste aus aller Welt ist bei 78 Prozent der Befragten sehr ausgeprägt. Zudem messen Personen mit engem beruflichem Bezug zum Tourismus sowie die Bevölkerung in Tourismuszentren und den Städten der Branche eine grosse Bedeutung zu. Ebenso ältere Befragte sowie Befragte in der Westschweiz und im Tessin. Diese Wichtigkeit sehen die Teilnehmenden der Studie in den positiven Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt, aber auch im Infrastruktur-, Kultur- oder Freizeitangebot, das dank des Tourismus im Land vielfältig und attraktiv ist.»

Das sind die 5 Hauptprobleme

Es gibt aber natürlich auch Probleme. Gemäss den Befragten sind das die Hauptsorgen:

Diese Themen sind insbesondere in den befragten Tourismuszentren präsent. Zu den weiteren Sorgen gehört eine gewisse Respektlosigkeit von Touristinnen und Touristen – sei es gegenüber den Befragten, deren Familien oder auch dem eigenen Land und der Umwelt gegenüber.

Touristen spazierendurch das Dorf Lauterbrunnen im Berner Oberland mit dem Staubbachfall im Hintergrund, am Sonntag, 19. Mai 2024. Der Ferienort Lauterbrunnen moechte eine Eintrittsgebuehr fuer Tagest ...
Lauterbrunnen im April 2024: Man überlegt sich eine Eintrittsgebühr.Bild: keystone

Hier gibt es Overtourism in der Schweiz

Die Studienleiter schreiben: «Es gibt in der Schweiz keinen flächendeckenden Übertourismus. Zu beobachten sind allerdings punktuell lokale und zeitliche Engpässe.»

Auf Nachfrage schreibt Schweiz Tourismus: «Es gibt in der Schweiz fünf bis sieben touristische Zentren, wo es zu Spitzenzeiten (Hochsaison, schönes Wetter, Wochenende) zu Engpässen kommen kann. Das sind beispielsweise bekannte, beliebte Destinationen wie etwa Zermatt oder Luzern.»

ARCHIV -- ZUR HEUTIGEN MEDIENKONFERENZ DER NEUEN PAECHTER DES BERGGASTHAUS AESCHER AM DONNERSTAG, 9. MAI 2019, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- 
Wanderer geniessen das schoe ...
Der Aescher an einem schönen Tag im September 2019. Mittlerweile habe sich die Lage beruhigt.Bild: KEYSTONE

Zudem kommen auch immer wieder neue Orte auf den Radar von Touristen, an anderen wurden Engpässe mit geeigneten Massnahmen vor Ort behoben. Als Resultat des sich wandelnden Interesses der Reisenden kommt es dort deutlich weniger zu Massenansammlungen. Der Aescher im Alpstein wird hier genannt.

Und wie wird das Problem gelöst?

Die Touristiker sind sich der Sorgen der Bevölkerung bewusst und nehmen sie ernst, auch wenn sie nur eine kleine Minderheit effektiv beschäftigen. Als Massnahmen nennt Damian Constantin, Präsident der RDK:

«Information und Sensibilisierung zusammen mit den Anspruchsgruppen vor Ort, Aktionen und Angebote speziell für Einheimische, aber auch die Schaffung von diversifizierenden Tourismusangeboten wie etwa kürzlich die Glacier E-Bike Tour vom Wallis über die Zentralschweiz bis nach Graubünden.»

Auch ein Hebel ist die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern und Influencern durch Programme abseits der bekannten Pfade. So wurden beispielsweise chinesische Journalisten und Content Creators auf Wanderwege und E-Biketouren rund um Davos-Klosters geschickt.

Hat die Schweiz aus deiner Sicht ein Problem mit Overtourism?

Zusammenfassend schreibt Schweiz Tourismus: Kein «Overtourism» in der Schweiz, aber ernstzunehmende Engpässe. Massen- oder Übertourismus ist weltweit kein neues Phänomen, in der Schweiz gibt es ihn aber nicht flächendeckend.

Direktor Martin Nydegger sagt dazu: «Die Phänomene hierzulande sind zeitlich und lokal begrenzte Engpässe, der Branche und ST wohlbekannt. Wir nehmen diese Situationen vor Ort sehr ernst. Unseren Tourismus betreiben wir nicht neben, sondern mit der Bevölkerung.»

Man versuche, die richtigen Gäste zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Es soll eine Verteilung stattfinden und beispielsweise die Saison mit dem Herbst verlängert werden.

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132 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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John Henry Eden
04.07.2024 14:15registriert Januar 2014
Im Übermass nervt vieles. Grundsätzlich sind Touris aber Gäste und somit herzlich willkommen. Sie bereiten unserem Land keine wirklichen Probleme. Die machen andere Leute.
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El_Chorche
04.07.2024 14:26registriert März 2021
Ich finde es löblich, wenn man lieber in ein demokratisches Land wie die Schweiz reist, als seine Ferien in Autokratien wie Ägypten, der Türkei oder Dubai verbringt.
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Schwiizergoof
04.07.2024 15:55registriert Juni 2022
Ich lebe an einem Touri-Hotspot und es kann sehr mühsam sein. Die Mietautos mit überforderten Fahrern, die vollgestopften ÖV, die Reisecars, Respektlosigkeiten wie Lärm, Abfall und Rüpelhaftigkeit, Betreten von Privatgrund, etc. Und viele Wohnungen werden zu teuren Air-BNBs umfunktioniert, während Normalos keine zahlbare Wohnung finden. Ja, die Leute bringen Geld und Jobs im Tourismus, alles ok. Aber gewisse Regeln sollten sie schon einhalten können. Das tue ich zB auch im Ausland und informiere mich vorher. Wir sind hier nicht Disneyland, sondern ein Lebensraum und es ist unsere Heimat.
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