Es waren einmal ein Katholik, ein Imam und ein Rabbi. Die machten sich am 1. Juni 2016 auf zu den Feierlichkeiten der Basistunnel-Eröffnung am Gotthard. Dort wollten sie dem Jahrhundertbauwerk ihren göttlichen Segen erteilen. Nur der Reformierte musste zuhause bleiben und verfolgte die Zeremonie mit viel Groll im Bauch zuhause vor dem Fernseher.
Was beginnt, wie ein schlechter Witz, könnte sich in rund zwei Wochen tatsächlich so zutragen. Neun Millionen Franken hat der Bund budgetiert, um die Eröffnung des neuen Gotthard-Basistunnels zu feiern. Neben einem Volksfest und Reden von Bundesräten steht auch die Segnung der Röhre durch einen Rabbi, einen Imam und einen Vertreter der Christen auf dem Programm.
Seit sechs Monaten sei dieser Teil der Zeremonie in Planung, sagt Pater Martin Werlen gegenüber der «Luzerner Zeitung». Der Katholik soll an den Feierlichkeiten sowohl die Reformierte als auch die Katholische Kirche vertreten.
Doch nun sind die Planungen auf einmal ins Stocken geraten. Denn seitens der Reformierten Kirche regt sich Widerstand gegenüber der geplanten Segnung. «An die Eröffnung des Gotthards gehört eine Vertretung der evangelisch-reformierten Kirche», fordert Anne Durrer, Sprecherin des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), gegenüber der «Luzerner Zeitung». Entsprechende Gespräche mit dem UVEK seien bereits im Gange.
Dies wiederum stösst dem früheren Abt von Einsiedeln Martin Werlen sauer auf. Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, in der auch die Reformierten vertreten sind, hat nämlich vorgängig beschlossen, dass Werlen beide christlichen Religionen vertreten soll. «Wenn der SEK nun eine zweite Person schicken möchte, passt das nicht in das Konzept», so Werlen.
Für den Katholiken geht es vor allem darum ein Zeichen zu setzen: «Es ist das erste Mal, dass alle Getauften einen gemeinsamen Vertreter schicken, was ich sehr progressiv finde.» Würde nun kurz vor Abschluss der Planungen doch noch ein Vertreter der Reformierten Kirche hinzustossen, würde Werlen das gar nicht begrüssen. «Das widerspricht dem, was wir zum Ausdruck bringen wollen.» (cma)