Kurz nach 19.30 Uhr trat Finanzministerin Karin Keller-Sutter vor die Medien. Sie verteidigte die vom Staat begleitete Rettungsaktion der Credit Suisse. Die Übernahme durch die UBS sei eine «solide Lösung», sagte die Bundesrätin.
Rund zwei Stunden später wurde auf SRF eine «Arena»-Spezial-Sendung zum Kollaps der Credit Suisse ausgestrahlt – und darin wurde die Finanzministerin scharf kritisiert. Wenn es nach Balthasar Glättli geht, ist Keller-Sutter mitschuldig, dass es überhaupt zum Fiasko kam.
Der Präsident der Grünen ging gleich zu Beginn der Sendung auf Konfrontationskurs mit der FDP und deren Bundesrätin. Die Finanzministerin habe an der Pressekonferenz nicht erklärt, welche Risiken die neu geschaffene «Monsterbank» mit sich bringe. Dabei sei doch das die Frage, die alle am meisten interessieren müsse, so Glättli. «Wenn wir jetzt nicht harte regulatorische Massnahmen treffen, haben wir auf die Dauer ein noch grösseres Problem.»
«Wir dürfen nicht mehr auf die Finanzbranche hören. Jedes Mal, wenn wir regulatorische Massnahmen gefordert haben, hat diese gesagt, sie habe es selber im Griff. Sie hat es aber nicht im Griff», ärgerte sich Glättli. Der Grüne brachte deshalb das Trennbankensystem ins Spiel, bei dem das Hochrisikogeschäft der Bank vom Rest abgetrennt würde. Im Parlament hätten die Grünen zusammen mit der SP und der SVP dafür gestimmt. Gescheitert sei das Vorhaben jedoch am Ständerat.
«Wissen Sie, wer gesagt hat, man solle ‹Nein› stimmen», fragte Glättli und gab die Antwort gleich selber: «Die Frau, die wir vor kurzem am Bildschirm gesehen haben. Die jetzige Finanzministerin war damals Ständerätin. Sie meinte, dass die Gesetzgebung ausreiche. Und das stimmt nicht, das haben wir jetzt in der Realität gesehen.»
Glättli war mit seiner Kritik an der FDP nicht alleine. Auch die SVP gab ihr eine Mitschuld. «Die Credit-Suisse-Krise ist eine Folge von Misswirtschaft und FDP-Filz», liess die grösste Partei der Schweiz in einer Medienmitteilung verlauten. Thomas Matter von der SVP legte sich in der «Arena» jedoch nicht direkt mit FDP-Vertreter Thierry Burkart an. Er forderte stattdessen mehr Swissness in den Verwaltungsräten und bei den Aktionären.
Dennoch hatte Burkart einen schweren Stand an diesem Abend. Denn auch Mattea Meyer arbeitete sich an der Finanzministerin ab. Jene Leute, welche jetzt Milliarden für die Bankenrettung absegneten, seien die Leute, die sonst knausrig seien, so die SP-Co-Präsidentin. «Das sind die Leute, die dagegen sind, dass es einen AHV-Ausgleich gibt, und Karin Keller-Sutter, die die Witwenrente abschaffen will, weil das Geld nicht mehr reicht. Für die grossen Konzerne reicht das Geld aber offenbar schon. Das ist nicht in Ordnung und damit muss Schluss sein.»
In diesem Punkt bekam Meyer Zuspruch von Gerhard Pfister. «Wir retten wieder eine Bank mit Steuergeldern», sagte der Mitte-Präsident. «Auf der anderen Seite sagen wir, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht, dass wir das Geld nicht haben.» Wenn eine Bankenrettung anstehe, gingen aber plötzlich Milliarden raus. «Hier müssen wir aufpassen, wie glaubwürdig wir sind.»
Während die Vertreter von Links mit Vollgas durch die Debatte bretterten und scharfe Regulierungen forderten, trat Burkart auf die Bremse. Man habe seit 2008 und der Rettung der UBS sehr viel reguliert, meinte der FDP-Präsident. Bei der Credit Suisse sei nun jedoch Vertrauen verloren gegangen, da würden auch Regulierungen nichts mehr nützen.
Für den FDP-Mann sind neue Regulierungen deshalb keine Lösung – im Gegenteil. «Ich wüsste gar nicht, was man regulatorisch noch machen könnte», so Burkart. «Wir müssen uns eher die Frage stellen, ob wir nicht weniger regulieren sollen, dort dafür schlagkräftiger.»
Auch die Anfeindungen der SVP liess Burkart nicht auf sich sitzen. Es sei «Unsinn», die FDP verantwortlich für den Untergang der Credit Suisse zu machen, so der FDP-Präsident. Wer am heutigen Abend parteipolitisches Kapital schlagen wolle, «an einem traurigen Tag für unser Land», arbeite nicht zielführend, meinte Burkart und wusste wahrscheinlich haargenau, dass er bei den anderen Parteispitzen auf taube Ohren stossen würde.
Denn es liegt in der Natur der Politik, dass Parteien sich profilieren möchten, wenn der Knall und die Aufmerksamkeit am grössten sind. Balthasar Glättli und Mattea Meyer gelang dies am gestrigen Abend jedenfalls ziemlich gut. Sie präsentierten konkrete Vorschläge und setzten sich glaubhaft für Normalverdiener ein. Die linken Parteien dürften nicht unfroh sein, dass im Wahljahr plötzlich nicht mehr das Thema Migration dominiert, sondern Boni-Banker, welche eine Schweizer Institution an die Wand gefahren haben.