Normalerweise wird den Linken vorgeworfen, Geld auszugeben, das sie nicht haben. Doch sobald es um die Armeeausgaben geht, ist es genau umgekehrt.
In der SRF-«Arena» zur Aufrüstung der Armee waren die Finanzen das Hauptthema. Darüber debattiert haben:
Bereits zwei Jahre dauert der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Er hat weitreichende Auswirkungen auf Europa.
NATO-Länder investieren neu zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung. Und auch in der Schweiz steigen die Armeeausgaben, jedoch moderater. Bis 2035 soll ein Prozent des BIPs in die Armee fliessen.
Die Armee braucht Geld: Kürzlich sorgte der Armeechef Thomas Süssli für Verwirrung, in dem er sagte, die Armee habe einen «Liquiditätsengpass». Dies sagte er als Reaktion auf einen Beitrag vom Schweizer Fernsehen. Es hatte aufgedeckt, dass der Armee bis Ende 2025 insgesamt 1,4 Milliarden Franken fehlen – für die Zahlung bereits gemachter Rüstungskäufe. Dann kam die Entwarnung: Nach einer Anhörung mit VBS-Chefin Viola Amherd stellte die Finanzkommission des Nationalrates fest, dass die Armee kein Finanzierungs-, sondern ein Kommunikationsproblem habe.
Über diese Nachricht nicht wirklich beruhigt ist SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, welche die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates präsidiert. Sie fragt sich, wie sinnvoll es sei, diese «Bugwelle an Investitionen» – welche die Armee vor sich herschiebe – noch zu vergrössern. Wenn man noch mehr aufrüste, werde das «ein Tsunami, der die Armee vor sich herschieben» müsse. «Ist das bezahlbar?», so Seiler Graf.
Eine vermeintlich einfache Lösung, wie man «diese Bugwelle kleiner machen» könne, hat die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür: «indem wir der Armee mehr Mittel zur Verfügung stellen». Sie betont, welche Anschaffungen es braucht: «Die Armee hat zu wenig Munition, zu wenig taugliche Waffen und die Systeme kommen an ihr Lebensende. Ich will meine Kinder in so einer Situation nicht in den Krieg schicken.»
Die Wunschliste der Armee ist lang. Das VBS spricht von «Fähigkeitslücken, weil Systeme fehlen oder ihr Lebensende erreichen». Konkret geht es dabei um Lücken in der Cyberabwehr, wofür der Bund ein Rechenzentrum plant. In der Luftverteidigung werden die Lücken teilweise geschlossen durch das neue Flugabwehrsystem Patriot und neue F-35-Kampfjets.
Ein Problem ist für das VBS aber, dass das Parlament beschlossen hat, die Armeeausgaben anstatt bis 2030 auf ein Prozent des BIPs zu erhöhen, das erst bis 2035 umzusetzen. Dadurch komme es zu neuen «Fähigkeitslücken» – etwa bei den Bodentruppen.
Für Priska Seiler Graf zählt dieses Argument nicht. Sie sagt: «Diese Lücken wurden bewusst gemacht. Wir geben acht Milliarden Franken aus für den Kauf der Kampfjets und des Flugabwehrsystems. Man wusste, dass danach in anderen Bereichen nicht mehr viel übrig ist.» Jetzt wolle man auch noch Geld in die Bodentruppen investieren, aber zuerst müsse man sich fragen, wie viel das koste und woher man dieses Geld nehme.
Mitte-Ständerätin und Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates, Andrea Gmür, sieht das anders. Sie weist darauf hin, dass sich das Parlament einfach für die ursprüngliche Lösung hätte entscheiden sollen, die Armeeausgaben bis 2030 auf ein Prozent des BIPs zu erhöhen. Auf den Einwand der SRF-Moderatorin Nathalie Christen, dass gerade viele Mitte-Parlamentarier für die Verzögerung bis 2035 gestimmt hätten, sagt Gmür: «Für mich war das ein Fehler». In der Mitte seien sich in dieser Frage die Finanz- und Sicherheitspolitiker nicht einig geworden.
SVP-Ständerat Werner Salzmann regt sich derweil darüber auf, dass man von einem Einkaufszettel für die Armee spricht. Er sagt: «Unser Land muss verteidigungsfähig sein. Wir müssen alle Bedrohungen analysieren und was für Fähigkeiten es dafür braucht». Danach müsse man sich ausrichten, was für Aufrüstungen es benötige.
«Das, was du willst, ist ein Rundum-sorglos-Paket. Das können wir nicht, das ist zu teuer», kommt es aus SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf geschossen. Für sie sei klar: Man müsse Prioritäten setzen – nach dem wahrscheinlichsten Szenario. «Sogar Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die alles andere als links ist, sagt, die Ausgaben müssen erträglich sein».
Auf den Vorwurf des Rundum-sorglos-Pakets sagt FDP-Ständerat Josef Dittli, dass dies nicht der Plan sei. «Wir müssen das Minimum des Verfassungsauftrags erfüllen.»
In der Armee-«Arena» wurden auch die neuesten Entwicklungen rund um den bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag besprochen. Konkret ging es um den Fall der 96 in Italien eingemotteten Panzer und viele damit verbundene Unregelmässigkeiten. Die Kritik richtete sich an VBS-Chefin Viola Amherd, welche über das Geschäft seit Januar 2023 informiert gewesen sein soll – und untätig blieb.
SRF-Dompteurin Christen fragte deshalb Mitte-Ständerätin Gmür, ob Amherd ihren Laden nicht im Griff hätte. Diese verteidigt «ihre» Bundesrätin und schiebt die Schuld auf die VBS-Vorgänger aus der SVP, Ueli Maurer und Guy Parmelin. «Amherd hat im VBS aufgeräumt», sagt Gmür.
Etwas anders sieht das ihr Ständeratskollege Josef Dittli. Er sagt: «Viola Amherd ist nicht überall unschuldig. Sie muss die Ruag enger führen. Ich befürchte, dass sie als Bundespräsidentin für grosse Armeeaufgaben keine Zeit mehr hat.» Auch Priska Seiler Graf pflichtet ihm bei und betont, Amherd müsse bei der Ruag «durchgreifen».
Direkte Bundessteuern für juristische Personen um 5% erhöhen (ca. 8Mia) und wir finanzieren damit euren Wunschtraum von 2% BIP für die Armee?