Schweiz
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In der SRF-«Arena» zum VBS packt ein FDPler die Kettensäge aus

Arena
Moderator Sandro Brotz (Mitte) und seine Gäste (v. l. n. r.): Rüegger, Müller, Schneider-Schneiter und Arslan. Bild: screenshot srf
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FDP-Müller macht in der «Arena» den Musk

Neuer Bundesrat, alte Probleme. In einer weiteren SRF-«Arena» zur Sicherheitspolitik der Schweiz flirtete ein FDPler mit der Kettensäge.
15.03.2025, 03:1217.03.2025, 09:46
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Hattest du früher eine «Chäpsli»-Pistole? Die beim Abdrücken einen lauten Knall verursacht, mit der aber niemand zu Schaden kommt?

FDP-Ständerat Damian Müller hatte vermutlich eine. Er warf den Diskussionsteilnehmerinnen nämlich vor, dass sie mit der «Chäpsli»-Pistole um sich schiessen würden, anstatt Einigkeit zu zeigen.

Mit Spielzeugwaffen hatte die erste «Arena» nach der Bundesratswahl aber sichtlich wenig zu tun. Die versammelten Nationalrätinnen und der Ständerat arbeiteten sich einmal mehr an der Verteidigungsfähigkeit der Schweiz und der Frage, wie der frisch gewählte Bundesrat diese vorantreiben könnte, ab.

Energisch diskutierten an diesem Freitagabend bei Moderator Sandro Brotz:

  • Monika Rüegger, Nationalrätin SVP/OW
  • Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin Die Mitte/BL
  • Damian Müller, Ständerat FDP/LU
  • Sibel Arslan, Nationalrätin Grüne/BS Vizepräsidentin Grüne

Schneider-Schneiter zeigt klare Kante

Eigentlich ging es an diesem Abend ja um den neuen Mitte-Bundesrat Martin Pfister. Beim Rätselraten, wer ihn am Mittwoch gewählt hatte und wer nicht, äusserte sich die Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter überraschend deutlich.

«Es ist allen klar, wen ich favorisiert habe.»
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

Sie habe einen weltoffenen Bundesrat gewollt und machte keinen Hehl daraus, dass sie damit Pfister meinte.

Als das geklärt war, war der neu gewählte Bundesrat bald vergessen. Mehr Gesprächsstoff lieferte hingegen die Frage, wer die «Verwahrlosung» des VBS zu verantworten hatte. Und da begannen die Schuldzuweisungen, die FDP-Ständerat Damian Müller zu seiner «Chäpsli»-Pistolen-Aussage verleiteten. Natürlich nicht, ohne selbst auch kräftig auszuteilen.

Scharfe Töne gegen die ehemaligen und amtierenden Bundesräte und Bundesrätinnen der SVP und FDP kamen nicht nur von links, sondern vor allem von der Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter.

Sie verteidigte ihre Noch-Bundesrätin Viola Amherd bis aufs Äusserste und warf SVP und FDP vor, das Verteidigungsdepartement entweder vernachlässigt oder totgespart zu haben. Gänzlich wütend machte sie, dass weder SVP noch FDP Interesse an einer europäischen Zusammenarbeit bei der Sicherheit zeigten.

«Es ist jetzt einfach fertig Trittbrettfahren.»
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

«Die Zeiten sind vorbei, als wir unsere Grenzen mit den Hellebarden verteidigen konnten»

Video: srf

Doch bei den Angriffen gegen rechts blieb es nicht, auch für den Pazifismus ihrer Nachbarin linkerhand hatte Schneider-Schneiter wenig Verständnis:

«Mich erstaunt, dass die Linken und die SVP gleich pazifistisch unterwegs sind, wenn auch aus anderen Gründen.»
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

Müller macht den Musk

Der Luzerner Ständerat Müller gab zu bedenken, dass man das S in VBS nicht vergessen dürfe: Der Sport hatte es als Diskussionsthema neben der Verteidigung tatsächlich etwas schwer. Was der FDP-Mann unter «Sport» versteht, zeigte sich erst im Verlauf der Sendung.

«Unser Land braucht ein Fitness-Programm.»
Damian Müller, FDP

Damit meinte der Ständerat nicht etwa körperliche Betätigung, sondern eine «Entschlackung» des Staates. In Musk'scher Manier liebäugelte er damit, doch einfach einige Bundesangestellte wegzusparen.

Damian Müller: «Wir müssen den Bund fit trimmen»

Video: srf

Müllers Fitnesswahn war anscheinend ansteckend, denn auch Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter beteuerte, ein Fitness-Programm für den Staat zu befürworten, Rüegger von der SVP ebenso.

Spätestens an dieser Stelle wurde klar, was es bedeutet, wenn Müller sagt, man müsse nun Prioritäten setzen und die Verteidigungsfähigkeit ins Zentrum stellen.

Wenn die Schuldenbremse sakrosankt und Steuern tabu sind, ist die Rechnung recht einfach: Dann muss irgendwo gekürzt werden. Wo das passieren sollte, deutete Müllers Lob für das kürzlich verabschiedete Sparpaket von FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter an. Gespart werden sollte demnach im Bildungs-, Sozial- und Umweltbereich.

Arslan, Vize-Präsidentin der Grünen, reagierte prompt:

«Wenn ich Ihre soziale Kälte spüre, dann wird mir wirklich kalt.»
Sibel Arslan, Grüne

Welche Sicherheit auf wessen Kosten?

Die Grünen-Nationalrätin versuchte während der Sendung mehrfach, einen anderen Standpunkt beliebt zu machen: dass nämlich Sicherheitspolitik nicht nur mit Waffen, sondern auch mit sozialer Sicherheit und dem Schutz vor der Klimakrise zu tun habe. Diese Sicht der Dinge fand in der Runde jedoch wenig Gehör.

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit SVP und FDP positionierte sich Schneider-Schneiter hierzu klar auf bürgerlicher Seite:

«Ich bin auch für Kinderkrippen, aber jetzt haben wir andere Probleme.»
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

Kurz vor Schluss der Sendung kam es dann zum Showdown zwischen Arslan und Müller. Der Stein des Anstosses: wieder die Schuldenbremse.

Müller argumentierte, er wolle den nachfolgenden Generationen keine Schulden hinterlassen. Dieses Szenario drohe, wenn man die Schuldenbremse nun lösen würde, um Mehrausgaben bei der Armee zu decken.

Das Stichwort der jüngeren Generationen nahm Arslan dankend auf:

«Mir kommen die Tränen, wenn Sie jetzt an die nächsten Generationen denken.»
Sibel Arslan, Grüne

Sibel Arslan zur Schuldenbremse:

Video: srf

Sie würde sich allerdings wünschen, diesen Enthusiasmus für die jüngeren Generationen auch in Klimafragen zu spüren.

Der FDPler warf Arslan daraufhin vor, überhaupt nicht über Sicherheitspolitik zu reden. Um dann wieder auf sein Fitness-Programm für den Bund zurückzukommen. «Das können Sie doch nicht gegeneinander ausspielen», wandte Arslan ein. Als auch noch Rüegger mit dem Sparhammer drohte, platzte Arslan der Kragen. Bei den F-35-Kampfjets habe man investiert und sehe trotzdem keine befriedigenden Resultate.

«Wenn Sie schon Geld sparen, dann müssen Sie nicht in so einen Mist investieren.»
Sibel Arslan, Grüne

«Jetzt könnten wir eigentlich nochmals von vorn anfangen», beendete Brotz das Wortgefecht. Und tatsächlich: Hinter dieser Diskussion verbarg sich eine andere, nämlich darüber, um welche Sicherheit es eigentlich geht. Und wer den Preis bezahlt.

Die «Arena» vom Freitagabend war emotional, ernst und brachte einige kaum überwindbare Differenzen zutage. Aber es war auch eine «Arena», in der noch etwas anderes aufflammte. So huschte den Gästen selbst im Eifer des Gefechts immer wieder ein Lächeln übers Gesicht, wenn sie verbal zur Attacke schritten oder heftige Vorwürfe einstecken mussten. Nicht (nur) aus Häme, sondern auch aus Freude an der Auseinandersetzung, so schien es. Die Metapher mit den «Chäpsli»-Pistolen, sie war vielleicht doch nicht so weit hergeholt.

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251 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Currywurstbrunnen
15.03.2025 07:11registriert Juni 2024
Diese Schuldenbremsen Diskussion ist ermüdend, zeigt sie doch, dass es hier oft eher um Ideologie als um sinnvolle Politik geht. Wenn ich der nächsten Generation keine Schulden hinterlassen will, gleichzeitig aber z.B. bei der Bildung spare, hinterlasse ich ihr trotzdem eine schlechtere Ausgangssituation.
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Xicotencatl Axayacatl
15.03.2025 07:13registriert August 2024
„nachfolgenden Generationen keine Schulden hinterlassen“
Wieder dieses pseudovernünftige Argument. Verschwiegen wird immer, dass auch künftige Generationen von Investitionen profitieren. Deswegen ist es nicht zu viel verlangt, dass sie sich daran beteiligen. Wir leben in einer Solidargemeinschaft - aber klar, die FDP hält von Solidarität nicht viel.
Ausserdem ist ein Staat keine Immobilie, die man getilgt an seine Kinder übergibt. Und selbst Unternehmen machen Schulden, um investieren zu können. Das müsste ein FDPler doch wissen…
20123
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Chris_A
15.03.2025 07:06registriert Mai 2021
Um Sicherheit zu produzieren reicht es eben nicht Panzer oder Flugzeuge zu kaufen oder die Armee hochzurüsten. Dazu gehört eben auch glaubwürdige Antworten auf hybride Kriegsführung zu haben. Viola Amherd hat das erkannt aber die Leute von FDP und vor allem Leute vor der SVP nicht.
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