Es war lange still. Seltsam still seitens des Bundesrats. Erst diesen Freitag meldete sich Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter öffentlich zu Wort über die eskalierte Pressekonferenz zwischen Trump und Selenskyj vor einer Woche. Heraus kam nichts Konkretes.
Der Bundesrat verstehe die Unsicherheit, die in der Bevölkerung herrsche, sagte Keller-Sutter. «Die Aussenpolitik hat sich jedoch nicht verändert.» Die Schweiz würde sich weiterhin für einen gerechten Frieden einsetzen und verurteile den Angriff Russlands.
Hat der Bundesrat genug Haltung gegenüber Trump gezeigt? Oder kann man das überhaupt als «Haltung» bezeichnen? Darüber sinnierten in dieser «Arena»:
Klarere Worte als SP-Co-Präsident Cédric Wermuth hat in den letzten Tagen niemand in der Schweiz gefunden. In einem Post auf Bluesky kommentierte er den Eklat im Weissen Haus mit: «Honestly, fuck you Mr. Trump» (Ganz ehrlich, ficken Sie sich, Herr Trump!).
War dieses Statement wirklich angemessen? Wermuths Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti findet in der Sendung: «Ja.» Über Sprache und Stil könne man sich zwar streiten, aber:
Er baue sein Land Schritt für Schritt in ein autoritäres Regime um, stelle sich auf die Seite Putins, betrachte die Welt als sein Spielbrett, auf dem er die Menschen und Grenzen so herumschieben könne, wie es ihm gerade passe. Angesichts dieser Entwicklungen müsse man klare Haltung zeigen. Ganz besonders als Bundesrat, findet Marti.
Ganz anderer Meinung ist SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Er sei schockiert gewesen, als er Wermuths Post gesehen habe. «Demokratieverachtend sondergleichen» sei dieser gewesen. Und er findet:
Schliesslich sei Donald Trump ein demokratisch gewählter Präsident.
Dass Aeschi Sympathien zu Trump hegt, ist kein Geheimnis. Aeschi erzählt von seiner «wunderbaren» Erfahrung in seinem Auslandsjahr in den USA.
Bei einer Gastfamilie habe er gelebt, die dem US-amerikanischen Mittelstand angehörte. Hart gearbeitet hätte die Familie, aber dennoch hätte sie weder eine gute Krankenversicherung noch eine gute Pensionskasse gehabt. Obendrauf hätten US-Amerikaner nur zwei Wochen Ferien im Jahr. Darum verstehe er, wenn sich die Leute in den USA sagten:
Und zwar zu Recht, findet Aeschi. Darum hätten sie Trump gewählt, einen Präsidenten, der sich jetzt um die Bedürfnisse der Bevölkerung kümmern würde.
Es scheint, als habe Aeschi die letzten sechs Wochen unter einem Stein gelebt. Als hätte er nicht mitbekommen, dass ein grössenwahnsinniger, nicht demokratisch gewählter Milliardär von Trump das OK erhalten hat, zehntausende Staatsmitarbeitende zu entlassen. Als hätte er nicht mitbekommen, dass Millionen von Einwohnerinnen und Einwohnern der USA Angst haben, von Trump in ein Land ausgeschafft zu werden, das sie gar nicht kennen. Als hätte er nicht mitbekommen, dass es für Frauen und Mädchen wegen Trump noch schwieriger geworden ist, in den USA eine Schwangerschaft abzubrechen. Und als hätte er noch dazu nicht mitbekommen, welche fatalen Folgen Trumps Militärhilfe-Stopp für die Ukraine mit sich bringt.
Kein Wunder, sieht Samira Marti so aus, als würde ihr nächstens schlecht. Sie hält Aeschi entgegen: «In dieser Zeit hat Trump genau nichts für die Bevölkerung getan. Im Gegenteil.» Er schade seiner eigenen Bevölkerung, beispielsweise mit dem Handelskrieg, den er gestartet habe. An Aeschi richtet Marti zudem klare Worte:
Aeschi redet sich damit heraus, dass bereits sein Professor an der Harvard-Universität – an der er studiert habe – vor der «grossen Gefahr» Chinas gewarnt habe. «Darum will Trump den Krieg mit Russland beenden, damit er sich endlich China zuwenden kann, weil dort der ganz grosse Konflikt droht.» Unausgesprochen lässt er, welche Gefahr von Russland ausgeht. Es passt in die Rhetorik von Trump, der sich partout weigert, Putin als den Aggressor zu benennen und lieber der Ukraine die Schuld am Krieg gibt.
Damit hat Aeschi seine Rolle für diesen Abend gefunden: Er, der Trump-Versteher, der einfach mal gegen alles ist, was die anderen im Saal sagen. Doch genau mit dieser Rhetorik stellt sich Aeschi selbst ein Bein.
Für alle bis auf Cottier und Aeschi im Saal ist klar: Der Bundesrat darf sich nicht davor scheuen, Kritik an den USA zu üben. Bregy bringt es auf den Punkt:
Als Samira Marti ihm zustimmt, wird Aeschi wieder butzig und keift sie an: «Sie haben das Konzept der Neutralität nicht verstanden!» Die Neutralität sei dazu da, sicherzustellen, dass die Schweiz nicht angegriffen würde. Zudem müsse die Schweiz neutral bleiben, damit hierzulande noch ein Frieden verhandelt werden könne.
Ob dieser Argumentation bringt Samira Marti abermals den Mund nicht mehr zu. Auch diesmal ist diese Reaktion nachvollziehbar. Unvergessen ist Aeschis Bundeshaus-Schleglete mit Bundespolizisten im vergangenen Sommer, als der ukrainische Parlamentspräsident zu Besuch war.
Der Vorfall bleibt in der «Arena» der Elefant im Raum. Womöglich, weil die nationalrätliche Immunitätskommission beschlossen hat, Aeschis Immunität wegen des Verdachts der Hinderung einer Amtshandlung doch nicht aufzuheben. Nur folgenden Kommentar kann sich FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier nicht verkneifen:
Darauf weiss Aeschi nichts zu antworten. Es ist wahrscheinlich auch besser so. Der argumentative Hindernislauf, den Aeschi in dieser «Arena» zurücklegen muss, um Trump zu verteidigen, ist schon schwer genug. Entweder decken Aeschis Voten sich nicht mit der Haltung, die die SVP in der Vergangenheit vertreten hat oder er widerspricht sich nach wenigen Minuten selbst.
Das Fazit dieser Sendung: Es bleibt nicht nur spannend, wie sich die Weltlage weiterentwickelt. Es bleibt auch spannend, wie lange sich die SVP noch verbiegen kann, um Trump treu zu bleiben, bevor sie sich dabei den Rücken bricht.
Oh, da hilft sicherlich ein Präsident, der noch die letzten sozialen Errungenschaften an die Wand fährt.
Warum lädt man solche Leute überhaupt ins Fernsehstudio ein? Diese Auftritte haben keinen hilfreichen Einfluss auf die Gestaltung des Zusammenlebens.