Geiselnahme in Yverdon: «Da haben wir gemerkt, dass er uns heute Abend alle töten könnte»
Brad Smith kämpft seit dem 8. Februar mit Panikattacken. «Ich habe Mühe, zu schlafen. Der ganze Alltag ist durcheinander», erzählt er SRF. Vier Stunden lang wurde er in einem Regionalzug festgehalten.
Der 37-jährige Waadtländer reiste am Donnerstagabend letzter Woche von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains, als ein 32-jähriger Iraner mit Axt und Messer bewaffnet die 12 Passagiere und den Lokführer in seine Gewalt brachte.
Wie alles begann
Smith bekam zunächst gar nichts von der Geiselnahme mit. Da er Kopfhörer anhatte, überhörte er die ersten Aufforderungen des Geiselnehmers. Der Waadtländer erzählt weiter:
Der Geiselnehmer befahl ihm, sich in vordersten Waggon des Zuges zu den anderen Passagieren zu begeben. «Danach versperrte er uns den Weg.» Smith und eine andere Geisel versuchten immer wieder, mit dem Geiselnehmer zu reden. Sie versuchten, ihn zu beruhigen und Witze zu machen. Weil der Täter aber Farsi sprach, war die Verständigung schwierig. «Er konnte sich nicht gut ausdrücken.»
Die Polizei war da längst präsent und kommunizierte via Übersetzer mit dem Geiselnehmer. «Wenn der Geiselnehmer sprach, sprach niemand anderes. Die Angst war gar nicht so spürbar. Es war einfach still.»
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Als Panik ausbrach
Die Situation spitzte sich dann zu. Der Geiselnehmer wurde aggressiv, setzte eine Frist und zählte die Geiseln. Der Iraner begann, die Axt zu wetzen. Bei den Geiseln kam Panik auf. Smith:
Die Polizei sagte gemäss Smith immer wieder, dass sie komme, passiert sei gefühlt lange aber nichts. «Und es war dunkel, man sah nichts als den Perron.»
Dann entfernte sich der Geiselnehmer von der Gruppe und die Polizei griff ein, es gab eine Explosion. «Der Lärm, splitterndes Glas, Rauch, die Einsatzkräfte mit Waffen – es war wie im Kino. Ich habe mich nicht bewegt – ich habe mich befreit gefühlt.»
Wie es ihm jetzt geht
Eine Woche später sagt Smith: «Ich habe schnell versucht, wieder mit dem Zug zu fahren. Es war ein Zug mit ‹Halt auf Verlangen›. Zu sehen, wie der Zug am damaligen Tatort stoppt, ging nicht. Ich hatte eine Panikattacke. Ich habe hyperventiliert, ich musste raus.»
Smith will sich aber nicht vom Geschehenen beherrschen lassen. Er erzählt dem SRF, dass er jeden Tag zur gleichen Zeit an den Bahnhof gehe, um sich mit sich selbst zu konfrontieren. «Ich will nicht die Angst gewinnen lassen.»
(jaw)