In der Tessiner Gemeinde Corippo kennt tatsächlich jeder jeden. Zugegebenermassen: Bei 14 Einwohnern keine grosse Kunst. Das Dorf im Verzascatal, dessen Häuser wie an den Hang geklebt wirken, ist die kleinste Gemeinde der Schweiz. Und wohl bald eines der aussergewöhnlichsten Hotels im Land.
Um zu verhindern, dass Corippo endgültig zum Geisterdorf wird, will die Stiftung «Corippo 1975» das Dorf in eine verstreute Herberge verwandeln. Ein Konzept, das bisher vor allem in Italien bekannt ist.
In rund einem Dutzend verlassener Häuser im Dorfkern sollen Hotelzimmer realisiert werden. Die Rezeption und der gemeinsame Speisesaal sind in der örtlichen Osteria Del Paese geplant.
Um dem Dorf, das einst stolze 300 Einwohner zählte, zusätzliches Leben einzuhauchen, sollen weiter auch die alte Mühle, der öffentliche Backofen und die Trockenkammer für die Kastanien instand gesetzt werden, wie das Newsportal Swissinfo berichtet.
Das Konzept ist bereits vor der Eröffnung preisgekrönt. Gastrosuisse zeichnete das Gesamtprojekt diesen Sommer mit dem Hotel Innovation Award 2017 aus.
«Seit wir diesen Preis gewonnen haben, kontaktieren uns Leute, die ein Zimmer reservieren möchten. Nur gibt es dieses Hotel noch gar nicht», sagt Architekt Fabio Giacomazzi, Präsident der Stiftung Corippo 1975, zu Swissinfo. Stand heute werden die ersten Gäste ihre Zimmer im Frühling 2018 beziehen.
Eins kann man dem beinahe verlassenen Dorf nicht absprechen. Es hat Charme: «Die typischen Häuser mit ihren Steindächern sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts praktisch unverändert geblieben und von einer weitgehend intakten Landschaft umgeben», sagt Giacomazzi. Das Hotel will nicht nur klassische Feriengäste anziehen, sondern auch solche, die einmal für einen ganzen Monat in eine andere Welt eintauchen wollen.
Von Corippo aus lohnt sich ein Ausflug an die berühmte Staumauer im Verzascatal oder natürlich nach Lavertezzo mit seiner Bogenbrücke – «die Malediven von Mailand», wie sie ein Videoblogger kürzlich in einem Film betitelte und damit einen Run auf die Tessiner Badestelle auslöste.
Insgesamt wird das Dorfhotel rund sechs Millionen Franken kosten. Die Projektverantwortlichen sind noch auf der Suche nach weiteren Investoren. (fvo)