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Aufstand der SP-Basis: Kantonalparteien gegen Sozialdetektive

Aufstand der SP-Basis: Kantonalparteien unterstützen Referendum gegen Sozialdetektive

Für viele Wähler und Delegierte der SP ist klar: Die neuen Befugnisse für Sozialdetektive gehen zu weit.
07.04.2018, 07:13
Anna Wanner / Schweiz am Wochenende
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Detektiv (Bild: Shutterstock)
Im Unterschied zur SP-Spitze unterstützen gewichtige Kantonalparteien das Referendum gegen Sozialdetektive

Es brodelt in der Basis der SP. Dass die Parteileitung das Referendum gegen die Versicherungsspione nicht unterstützen will, stösst auf grosses Unverständnis, gar auf Unmut. Für viele Wähler und Delegierte ist klar: Die neuen Befugnisse für Sozialdetektive gehen zu weit. Das Gesetz gibt ihnen mehr Kompetenzen als der Polizei in der Strafverfolgung. Und da es bei Bezügern von IV oder Unfallversicherung um die Schwachen der Gesellschaft geht, sei die SP in der Pflicht, diesen zu helfen.

Den verbreiteten Unmut nehmen nun die Kantonalparteien auf. Allen voran die SP Aargau, die sich bereits entschieden hat, das Referendum zu unterstützen, wie Co-Präsident Cédric Wermuth sagt. Den Entscheid der SP-Spitze taxiert er als «sehr unverständlich». Er könne zwar gut nachvollziehen, dass die Ressourcen knapp seien und nicht jeder stossende Entscheid bekämpft werden könne. Doch in diesem Fall sei die Unterstützung der SP zwingend. «Die emotionale Dimension der Vorlage wird unterschätzt.»

Wermuth will das Gesetz bodigen, weil es mehrere Fehlentwicklungen der aktuellen Politik vereine. Neben der sich ausbreitenden «sozialen Kälte» im Parlament nennt er die leichtfertige Aufgabe liberaler Freiheitsrechte, die Hexenjagd gegen die «Kleinen» sowie das massive Lobbying der Versicherer. Taktieren sei fehl am Platz. «Die zentrale Frage ist nicht: Lässt sich die Abstimmung gewinnen? Sondern: Wäre es nicht schlimm, nichts gegen diese Vorlage zu unternehmen?»

Referendum breit abgestützt

Diese Haltung scheint in der Basis weit verbreitet zu sein. In der SP sollen Grundprinzipien über taktischen Überlegungen stehen. So will auch Samira Marti, Vizepräsidentin der SP Baselland, Versicherungsspionen das Handwerk legen. Sie hat sich auf dem Nachrichtendienst Twitter bereits für das Referendum ausgesprochen – wie auch Kantonalpräsident Adil Koller. Die Haltung der Baselbieter Parteileitung ist also klar.

Folgt auch die Partei? «Wir werden am Donnerstag beantragen, das Referendum zu unterstützen», sagt Marti und ist zuversichtlich, dass der Antrag durchkommt. Am selben Tag wird auch die SP Basel-Stadt darüber entscheiden. Präsident Pascal Pfister hat zwar Verständnis für die SP-Spitze um Christian Levrat. «Es müssen Prioritäten gesetzt werden.» Nur: «Wenn von unten eine Dynamik entsteht, müssen wir mitmachen.»

Ein paar Tage später wird aller Voraussicht nach auch die SP Zürich der Referendums-Frage zustimmen. Co-Präsidentin Priska Seiler Graf sagt, die kantonale Geschäftsleitung empfehle die Unterstützung, die Delegierten entscheiden am Parteitag am 21. April darüber. Angesichts der Stimmung in der Basis spricht Seiler Graf von einer «reinen Formsache».

Auf Zürich folgt im Mai die SP Solothurn, welche am Parteitag die Referendums-Frage klärt. Im Moment klärt die Geschäftsleitung per Zirkularbeschluss ihre Position. Laut Parteisekretär Niklaus Wepfer unterstützt die Leitung das Referendum vorerst ohne Gegenstimme. Es hätten aber noch nicht alle geantwortet.

Auch in anderen Kantonen wie St. Gallen oder Graubünden wird über das Referendum noch diskutiert werden.

Parteileitung unter Zugzwang?

Während die Basis mobilisiert, lässt die nationale Parteispitze mitteilen, dass sich die Situation nun verändert habe. Die Parteileitung habe bisher lediglich die Frage diskutiert, ob die SP das Referendum ergreifen soll oder nicht – und sich dagegen entschieden. Da nun ein parteiunabhängiges Komitee das Referendum ergreift, müsse die Situation neu bewertet werden. Gut möglich also, dass sich die SP Schweiz doch noch aktiv gegen das Gesetz engagieren wird. 

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Breel Embolo ist kein Kind von Traurigkeit. Schon mehrfach geriet der Natistürmer mit dem Gesetz in Konflikt. Im vergangenen Jahr wurde er wegen «mehrfacher Drohungen» schuldig gesprochen und zu einer hohen bedingten Geldstrafe verurteilt. Wegen Vermögensdelikten muss er in Basel bald wieder vor Gericht. Und unvergessen ist die Story, als er in Deutschland – er spielte damals für Gladbach – während Corona an einer illegalen Party teilgenommen hatte, dann vor der Polizei geflüchtet ist und sich angeblich in einer Badewanne versteckt hat.

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