Industrielle Massenproduktion ist in der Schweiz nur sehr bedingt ein Erfolgsmodell. Die Exporteure gehorchen seit Jahrzehnten dem Gebot der Spezialisierung, nach dem Motto: Ausländer kaufen nur Schweizer Ware, wenn ihre qualitativen Vorzüge den höheren Preis wert sind.
Für das Asset Management, das Geschäft mit der Verwaltung grosser Vermögen für Pensionskassen und anderer institutionelle Kunden, zu dem auch die Betreuung kollektiver Vermögensanlagen (Anlagefonds) gehört, gelten andere wirtschaftliche Gesetze. In diesem Markt sind Masse, Skalenerträge und tiefe Preise die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Auf den Ranglisten der weltweit mächtigsten Anbieter stehen lauter amerikanische Adressen wie Blackrock, Vanguard, Fidelity und State Street zuvorderst.
Trotzdem ist die Schweizer Asset-Management-Industrie auch in diesem Massengeschäft erfolgreich. Die jüngste Bestandesaufnahme der Asset Management Association zeigt eine Branche mit fast 11’000 Festangestellten, die in der Schweiz ein Gesamtvermögen von nahezu 3500 Milliarden Franken betreut. Seit 2017 ist dieses Vermögen um durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr gewachsen.
Zwar verdankt die Branche ihr starkes Wachstum zu 90 Prozent dem marktbedingten Preisanstieg der investierten Vermögenswerte. Dennoch war die Expansion der Schweizer Asset-Management-Industrie stark genug, dass sie gemäss europäischer Branchenstatistik in den Jahren 2019 bis 2023 mit einem Marktanteil von 11,2 Prozent zur drittstärksten Kraft auf dem alten Kontinent hinter Grossbritannien, Frankreich und vor Deutschland aufsteigen konnte.
Kritische Geister mögen einwenden, dass hier ein simpler Wechselkurseffekt mitspielt. Tatsächlich hat sich der Franken in der Beobachtungsperiode gegenüber dem Euro um 12 Prozent und gegenüber dem Dollar um 6 Prozent aufgewertet, was die Statistik zugunsten der Schweiz verzerrt.
Doch dieser Effekt allein wird dem Phänomen der Schweizer Asset-Management-Industrie nicht gerecht. Interessanter ist der Umstand, dass es den in der Schweiz tätigen Asset Managern im globalen und überaus preissensitiven Markt seit Jahren gelingt, ihren Heimvorteil zu bewahren.
Nicht weniger als zwei Drittel der verwalteten Vermögen gehören inländischen Kunden, allen voran den Pensionskassen, in denen Schweizer Vorsorgevermögen von aktuell rund 1300 Milliarden Franken liegen.
Warum konnten sich die Giganten aus Übersee bislang keinen grösseren Anteil an dem Schweizer Honigtopf ergattern? Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten, aber eine ist von besonderem Gewicht: Schweizer legen ihr Geld bevorzugt im Inland an. Das hat wenig mit Heimatliebe, dafür viel mit dem Franken zu tun. Die starke Heimwährung begrenzt oder überwiegt in vielen Fällen die Vorteile einer internationalen Anlagendiversifikation.
Schweizer Pensionskassen legen fast 20 Prozent ihrer Investitionen in Anleihen in Frankenpapieren an. Bei Aktien, in denen das Wechselkursrisiko etwas weniger ins Gewicht fällt, beträgt der Inlandanteil gut 13 Prozent. Rechnet man die inländischen Immobilienanlagen (23 Prozent) und andere Kategorien dazu, erreicht der Inlandanteil weit über 60 Prozent.
Doch auch im Schweizer Markt wachsen die Bäume der Asset Manager nicht in den Himmel. Sie möchten mehr Geschäfte mit ausländischen Kunden akquirieren, um mehr Masse und Grössenvorteile zu erlangen, sagen die Mitglieder der Branchenorganisation in einer aktuellen Umfrage. Das allerdings erweist sich als ein schwieriges Unterfangen. Jenseits der heimatlichen Grenzen muss sich selbst eine UBS dem Diktat der globalen Riesen unterordnen.
Die Politik hat bisher wenig getan: Die Linke setzt den Fokus auf die AHV. Und viele Bürgerliche vertreten die Interessen der PK-Anbieter – oder sind selber in diesem lukrativen Geschäft involviert.
Da passt bereichern besser.